Bochum. . Bei der Bogestra sind E-Scooter verboten – aus Sicherheitsgründen. Für die Betroffenen ist das ein harter Schnitt, sie fühlen sich eingeschränkt.
Bis zum letzten Samstag war bei Carola Kraft alles gut. Mit ihren zahlreichen chronischen Krankheiten lernte die zu 100 Prozent Schwerbehinderte umzugehen. Genauso wie mit ihrem E-Scooter – und der Bogestra. Seit dem Nikolaustag ist alles anders. Als sie von der U 35 mitgenommen werden will, verweigert der Fahrer den Einstieg. „Ich dachte erst, es wäre ein Scherz. Aber er meinte es ernst.“
Kraft wurde damit erstes Bochumer Opfer einer kurzfristig von der Bogestra angeordneten Maßgabe an die Fahrer, ab sofort keine E-Scooter mehr zu befördern. Sprecherin Sandra Bruns bestätigt den Vorfall: „Damit ziehen wir Konsequenzen aus einem Gutachten des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen. Hier wird empfohlen, aus Sicherheitsgründen keine E-Scooter mehr mitzunehmen.“ Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Die Umsetzung musste aus Haftungsgründen sofort erfolgen.
E-Rollis sind nicht betroffen
Nicht betroffen sind Rollatoren, Rollstühle und E-Rollis. Bruns kann den Ärger der Scooter-Fahrerin verstehen. Sie nennt die neue Regelung „keine glückliche Lösung“, sieht die Bogestra in einem „Riesenzwiespalt“. Aber: „Sicherheit geht bei uns immer vor.“ Kraft half das am Samstag wenig. Sie verstand die Welt nicht mehr, versuchte mit Hilfe von verständnisvollen Fahrgästen in die U 35 zu gelangen. „Ein Alptraum, den Scooter bekam ich erst vor zwei Jahren von der AOK. Ohne ihn und die Fahrten mit der Bogestra bin ich aufgeschmissen. Das ist doch kein selbstbestimmtes Leben mehr.“
Ein weiteres Gutachten soll noch her
Ihre Empörung war riesig. „Was sollte ich denn tun, ich habe die Bahn gestoppt, weil ich nicht nach Hause kam.“ Natürlich rückte auch die Polizei an, versuchte eine Lösung zu finden, „doch die Bogestra stellte sich stur“. Nach über einer Stunde wurde Kraft von der „sehr netten Polizei“ nach Hause gebracht. „Der Scooter im Bulli, ich im Peterwagen.“ Wie es weitergehen soll, ist ihr schleierhaft. Sie fürchtet nicht mehr mobil zu sein. „So wird mein Leben noch mehr kaputt gemacht. Das ist Diskriminierung von Behinderten.“
Werner Hirschmann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Behinderter, versteht das Mitnahmeverbot. „Die Scooter sind unwahrscheinlich sperrig, nehmen viel Platz weg.“ Bei Plenumssitzungen hätten sogar Betroffene Kritik an Scootern geübt. Deshalb sei die Entscheidung im Sinne der Arbeitsgemeinschaft. „Wir finden es in Ordnung.“ Von einem „einseitigen Gutachten“, das nur die Gefährdung sieht und nicht den Gesamtprozess, spricht Norbert Killewal, Beauftragter der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderung. Am Runden Tisch sei man übereingekommen, dass das Verkehrsministerium ein weiteres Gutachten in Auftrag gibt.