Der Bochumer Thomas Günther peppt alte Wassermühlen zur Stromerzeugung auf

Von Sabine Vogt

Die Zeiten idyllischen Klapperns am rauschenden Bach sind vorbei. Heute sind viele alte Mühlen baufällig. Eine Herausforderung für den Bochumer Thomas Günther (53), der sich vor zwölf Jahren auf- und selbstständig machte mit dem Ziel, maroden Wassermühlen zur Stromerzeugung neues Leben einzuhauchen.

Der Ingenieur für Versorgungstechnik arbeitete bis Mitte der 90er Jahre noch freiberuflich bei Verbraucherzentralen in Bochum und Umgebung, beriet die Menschen in Energiefragen. „In Solingen kam irgendwann mal ein Mann mit dem Wunsch, mit seiner Mühle Strom erzeugen zu wollen.” Günthers Neugierde war entfacht, er hatte „Blut geleckt”; fuhr raus, sah sich die Mühle an.

Es sollten noch etliche folgen. „Mit dem erneuerbare Energie-Gesetz, wonach die Versorger Strom zu garantierten Preisen aufkaufen müssen, begann ein Boom bei Windkraft, Solarenergie. Auch die Besitzer alter Mühlen horchten auf.” Doch vor gut 15 Jahren gab's noch kaum einen Markt. Für Thomas Günther die Chance, einzusteigen.

Er musste sich ins Metier einarbeiten, „das war schon eine lange Entwicklungsphase”. Damit hat er zwar nicht das Rad, so doch das Wasserrad neu erfunden. Als er sich sicher genug fühlte, inserierte er schlicht: „Berate Mühlenbesitzer”. In Solingen, der Stadt der Messerschleifer, sah er zuerst ein Betätigungsfeld, gibt es dort doch jede Menge so genannter Schleifkotten an den vielen noch vorhandenen Bächen.

Alte Wassermühlen gibt's im Ruhrgebiet so gut wie keine mehr; hier wurde zu viel umstrukturiert, Bäche wurden begradigt oder verschwanden ganz. „Alte Straßennamen zeugen noch von dieser Vergangenheit wie die Mühlenstraße, Mühlenweg und Mühlental in Bochum. Auch an der Brückstraße muss es einst einen Wasserlauf gegeben haben.” Seine Firma, ein „Ein-Mann-Unternehmen”, benannte Günther übrigens nach einem kleinen Fluß in Ostwestfalen, Bega. „Ich suchte etwas, das kurz und prägnant klingt und auch international nutzbar ist.”

Mit dem ersten Auftag, ein Wasserrad zu bauen, suchte er sich Partner, und fand ihn in dem Stahlbauer Adil Aldibas aus Castrop-Rauxel. Heute sitzt Günther in seinem unscheinbaren Büro über seiner Wohnung im Stadtparkviertel. Alles, was er braucht, ist sein Rechner, um die Räder zu entwickeln, sobald der Anspruch des Kunden, Örtlichkeit und technischen Voraussetzungen bekannt sind. Anschließend werden die Einzelteile aus Stahl per Laser geschnitten und zusammengefügt. Mit dem Laster geht es dann zum Kunden. Vor Ort übernimmt der Bochumer selbst den Einbau und die Verbindung zum Generator.

„Wassermasse und Fallhöhe bestimmen die gewonnene Strommenge. Generell gilt, dass ein Wasserrad vier bis fünf Haushalte versorgen kann.” Nach etwa zehn Jahren habe sich die Investition – im Schnitt kostet ein neues Rad 30 000 bis 40 000 Euro – nach zehn Jahren amortisiert.

Das größte Rad, das er je entwickelt hat, hat einen Durchmesser von sechs Metern, das kleinste gerade mal 1,80 m. Dabei muss berücksichtigt werden, ob das Wasser obendrauf fließt – bei großem Gefälle – oder unter dem Rad durchläuft. Bis heute hat er 70 Wasserräder komplett konstruiert. Einwände von Mühlenbesitzern, die stählernen Räder passten nicht zum altdörflichen Charme des Gebäudes, gebe es eigentlich kaum: „Die Räder verfärben sich durch Moss und Algen rasch deunkel; für den Laien nicht mehr von Holzrädern zu unterscheiden.” Hölzerne sind übrigens kaum gefragt: Ihrer Haltbarkeit ist begrenzt, zudem gelten sie als sehr pflegeintensiv.

Wenn ab 2009 die Einspeisevergütung enorm steigt, hofft Thomas Günther auf einen neuerlichen Nachfrageboom. „Zwar gibt es inzwischen einige Mitbewerber auf dem Markt, doch ich kann auf zwölf Jahre Erfahrung verweisen.” Überzeugender sei die Stromgewinnung aus Wasserkraft in bescheidenen Rahmen, seit der Ölpreis stetig steigt.

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