Borbeck. .

. Was gibt es zur Winterzeit Schöneres, als einen romantischen Abend vor dem Kamin? Das Holz knistert, und die rot und gelb züngelnden Flammen verbreiten wohlige Wärme daheim. Fehlt nur noch das nötige Feuerholz.

Damit beim Zurechtstutzen der Scheite die Sicherheit nicht zu kurz kommt, empfiehlt sich ein Motorsägenkurs. Wir waren dabei. Sebastian Höft liebt die Natur. In seiner Freizeit engagiert sich der 23-Jährige für die Umwelt, hilft ehrenamtlich bei der Naturschutzjugend im Borbecker Möllhoven. Normalerweise liebt Sebastian das Filigrane. Mit Leidenschaft züchtet er Bienen. Doch an diesem Wochenende zieht es ihn in den Wald. Im Hespertal will er mal so richtig kräftig anpacken – beim Baumfällen.

Doch bevor der erste grüne Riese fällt, hat Ausbilder Markus Rotzal die Theorie gesetzt. Rotzal ist, ähnlich wie Sebastian, Überzeugungstäter. „Ich bin mit Land- und Forstwirtschaft groß geworden“, sagt er. Eine Gärtnerlehre hat er absolviert; heute studiert er die Fächer Deutsch und Biologie auf Lehramt. Um seine akademische Ausbildung zu finanzieren, gibt er für das Bildungswerk des Naturschutzbundes Lehrgänge im Umgang mit der Motorsäge. Kein ganz ungefährliches Arbeitsgerät, wie er sagt. Doch passiert ist auf den Seminaren noch nie etwas, denn „Sicherheit steht für mich an erster Stelle“.

Akribische Theoriestunde

Dementsprechend akribisch verläuft der Unterricht, den an diesem Freitagabend neben Sebastian sechs weitere Wissbegierige in den Räumen des „Waldfreund“ an der Ruhrtalstraße besuchen. Einer davon heißt Tom Decken, 46-jähriger Polizeibeamter aus Haan. Eine Motorsäge hatte er bislang noch nie in der Hand. Ein Schicksal, das er mit Anja Someschan teilt – eine Nachbarin, wie sich herausstellt. So klein ist die Welt. In seiner Kluft sieht Tom aus wie ein zünftiger Waldarbeiter. Schuhe aus schnittfestem Material, signalfarbene Weste und Hose, dazu der unvermeidliche Helm mit Ohrenschützern – wegen des Lärms, nicht wegen der Kälte. Die Arbeitskleidung von Anja hat noch Bügelfalten. „Alles gerade erst gekauft. Hoffentlich hole ich mir in den Schuhen keine Blasen.“ Auch für die Maschinenbauingenieurin ist das alles Neuland, doch „ich will das jetzt mal richtig lernen, um die Weidenbäumen im eigenen Garten in Form zu bringen“, sagt sie.

Kurs an der Motorsäge

Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © Michael Heiße
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © Michael Heiße
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © Michael Heiße
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
Beim Motorsägenkurs im Hespertal.
Beim Motorsägenkurs im Hespertal. © WAZ
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Alles, was die Teilnehmer in der Praxis erwartet, wird vorher theoretisch durchgespielt. Markus Rotzal erklärt versiert den Aufbau der Säge, sagt, warum der Sicherheitsabstand Unbeteiligter eine doppelte Baumlänge beträgt und warum man den Stamm nicht in einem Rutsch durchsägen soll. Zudem ist längst nicht jeder Baum zum Fällen geeignet. „Pilzbefall, Schäden an der Borke oder totes Holz in der Krone sind Zeichen dafür, dass mit dem Baum etwas nicht stimmt“, doziert Rotzal. Gefällt werden jedoch auch völlig gesunde Bäume, um Platz für das Wachstum anderer, so genannter Zukunftsbäume, zu schaffen. Baumansprache nennt der Experte das.

Erbsensuppe und Schwedenfeuer

Vor Ort wundert sich Sebastian: „Anfangs dachte ich, wir bekommen hier ein paar Holzklötze zum Üben hingestellt. Doch dass es nun so richtig ernst wird...“ Es soll nicht seine einzige Überraschung bleiben an diesem Tag. Was so einfach aussieht, stellt sich im Detail betrachtet als knifflig heraus. Das kalte Wetter erschwert das Anwerfen der Motorsäge. Das Laub ist feucht und rutschig – und es ist lausig kalt. „Dafür gibt es heute hausgemachte Erbsensuppe am Schwedenfeuer“, tröstet Gastgeber Fabian Wolff. Nach besagter „Baumansprache“ ist schnell geklärt, welcher Baum wohin fallen soll. Die Fällkerbe, vorher am zurechtgestutzten Baumstumpf – dem „Marterpfahl“ geübt – gibt die Richtung an. Der „Fällschnitt“ auf der gegenüberliegenden Stammseite, in der richtigen Höhe gesetzt, sorgt für eine „Sollbruchstelle“ und dafür, dass der Baum wie an einem Scharnier kontrolliert umstürzt. Bei Sebastian klappt das nicht auf Anhieb. Erst müht er sich ab, das Fallen des Baumes mit einem Keil zu beschleunigen, dann bleibt die Krone im Geäst eines benachbarten Baumes hängen. „Jetzt hat er ein kleines Problem“, scherzt Fabian Wolff. „Den Stamm muss er nun drehen, bis die Krone frei ist.“ Zwanzig Schweiß treibende Minuten später hat es Sebastian mit dem „Wendehaken“ und dank des aufmunternden Zuspruchs der anderen „Waldarbeiter“ geschafft: „Achtung, Baum fällt“ – endlich.

Das Zerlegen der Bäume geht flott von der Hand, hat aber auch seine Tücken. „Immer mit der Säge dicht am Stamm arbeiten, sonst geht das schnell in die Arme“, rät Markus Rotzal. „Wenn man es richtig macht, ist das gar nicht so anstrengend.“ Am Abend sind alle dann doch ziemlich geschafft. Dennoch gilt es, einige Prüfungsfragen zu beantworten, damit man sein „Motorsägen-Diplom“ erhält. Spaß gemacht hat der Exkurs jedenfalls allen. Und einige melden sich gleich für eine Fortsetzung an. Die dauert dann bis zu fünf Tage. Auf Sebastian wartet schon die nächste Aufgabe. „Ich fahre zu Freunden nach Thüringen auf den Bauernhof. Die haben einen Garten und eine Menge Bäume, die weg sollen.“