Kettwig. .
„Hier schwebt man über allem.“ Architektin Claudia Krüger beendet den Streifzug durchs alte Gebälk mit einem Blick aus dem Fenster über dem Gaststätteneingang. Das Treiben vor dem Eiscafé, die Ruhrstraße bis fast hinauf zum „Serafino“ lässt sich von hier aus beobachten. Das exklusive Panorama soll ein Hauseigentümer genießen dürfen. Schon binnen Jahresfrist nach dem Verkauf, bei optimalem Verlauf von Genehmigungsverfahren und Sanierung.
Das Unternehmen Bau-Werkstatt, beheimatet im selbst wiederhergestellten Jahrhundertwendehaus schräg gegenüber, hat das Fachwerkhaus erworben. „In den nächsten Tagen beginnt die Vermarktung“, sagt Uwe Lehm, das fast fertige Exposé in der Hand. Nein, an der Ruhrstraße wird es kein weiteres Restaurant geben. „Für diese Art der Nutzung fehlen schlicht die Parkplätze“, erläutert Claudia Krüger.
Ihr Konzept: Die Immobilie wird in drei Stadthäuser mit Wohnflächen zwischen 130 und 240 Quadratmeter aufgeteilt. Zusätzlich kann ein Teil des Erdgeschosses im „Kopfhaus“ gewerblich genutzt werden. Die Garagen im linken Teil bleiben erhalten. Dieser Idee gegenüber zeigt sich die Untere Denkmalbehörde aufgeschlossen. An die Formulierung einer entsprechenden Bauvoranfrage legt man im Architekturbüro derzeit letzte Hand an. Sie beinhaltet die so genannte Realteilung als einen Kernpunkt. „Es entsteht also keine Eigentümergemeinschaft“, erläutert die Expertin für denkmalgeschützte Bauten. Neben dem eigenen Unternehmenssitz hat die Bau-Werkstatt u.a. die „Kettwiger Mühle“ saniert.
„Der Käufer erwirbt das Objekt im Ist-Zustand. Eine Architektenbindung existiert nicht“, sagt Uwe Lehm. Selbstverständlich aber hätten Claudia Krüger und Bruder Marc nichts gegen den Auftrag. Ihre Begeisterung für die alte Sub-stanz ist bei jedem Schritt unter und zwischen 250 Jahre alten Balken zu spüren. Das Duo weiß genau, wie man damals baute. Holz, Weidengeflecht, Lehm und Kalk waren und sind die Materialien der Wahl. Aber auch Schweineborsten kamen zum Einsatz. „Sie dienten zur Armierung, beugen also Rissen vor“, weiß Marc Krüger. „Man könnte sie auch heute verwenden, sie sind auf dem Markt zu haben.“ Zeitgemäße Alternativen tun es aber auch. Einen besonders spektakulären Anblick bietet der Saal mit Ausblick auf den Mühlengaben. Und dann das solide Holzskelett: Was könnten diese Balken nicht alles erzählen? Von durchtanzten Nächten und Wirtshausschlägereien. Und demnächst vielleicht von spielenden Kindern.