Kettwig. .
Im Sommer 2008 ist es in Kraft getreten – das Kinderbildungsgesetz (KiBiz). Schwerpunkte sind mehr Bildung, eine bessere Betreuung und frühe Förderung.
Gerade die frühe Förderung, der Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige, ist auf der einen Seite eines der wichtigsten Anliegen der Landesregierung - auf der anderen Seite in der Realität kaum umsetzbar. Über dieses Thema sprechen wir mit Heike Kappert, gemeinsam mit Susan Buchner-Rak verantwortlich für das Kinder- und Familienzentrum Kettwig und Leiterin der Kitas St. Matthias und St. Joseph, und Pfarrerin Silke Althaus.
„Für mich ist KiBiz eine Mogelpackung“, sagt Heike Kappert. „Eltern werden flexiblere Öffnungs- und Betreuungszeiten versprochen, die aber ohne einen finanziellen Mehraufwand nicht zu leisten sind. Sie werden in die Irre geführt.“ „Und es werden Hoffnungen geweckt, die die Träger nicht erfüllen können“, ergänzt Silke Althaus.
Ab 2013 sollen die Eltern gar einen Rechtsanspruch auf einen U3-Platz haben, „eine Sache, die überhaupt nicht umzusetzen ist“, sagt Heike Kappert. Da für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren ein anderer Schlüssel gilt, „würden zum Beispiel für fünf U3-Plätze fünf Plätze wegfallen“. Im Klartext: Eine Gruppe hätte statt für 25 nur noch für 20 Kinder Platz. Doch derzeit gibt es noch genügend Drei- und selbst Vierjährige Kinder, die in keiner Einrichtung unterkommen konnten.
Die Evangelische Kirchengemeinde betreut in ihrer KiTa Arndtstraße 40 Kinder - fünf davon sind U3-Kinder. Silke Althaus: „Als bei den Gemeinden und den Kommunen der finanzielle Notstand absehbar war, haben wir den Antrag auf Einrichtung dieser Plätze in der KiTa Stadtmitte zurückgenommen. Und dort und in Auf der Höhe werden wir vorerst darauf verzichten.“ 47 Kinder haben in der KiTa an der Corneliusstraße einen Platz gefunden, 65 in Auf der Höhe.
„Wir haben im Herbst 2009 beschlossen, keine weitere U3-Betreuung anzubieten“, sagt Heike Kappert. In die KiTa St. Joseph gehen derzeit 50 Kinder, die KiTa St. Matthias hat 85 Mädchen und Jungen aufgenommen – zehn Zweijährige sind darunter.
Die Aufnahmeverfahren für das kommende Kindergartenjahr sind fast abgeschlossen – die Eltern wissen, ob sie einen Platz bekommen oder nicht. Und vor allem, in welchem Umfang. Ob der Nachwuchs 45, 35 oder 25 Stunden betreut wird, ist für die Planung der Eltern von großer Bedeutung. Und von den KiTa-Leiterinnen werden mittlerweile logistische Höchstleistungen verlangt. „Wir haben immer mehr Kinder in der Über-Mittagsbetreuung und müssen deshalb einen Küchendienst einrichten“, sagt Silke Althaus. Ihre Gemeinde wird eine Küchenkraft einstellen, damit die Erzieherinnen den Mittag nicht am Herd verbringen müssen. Die Zeche zahlen die Eltern, denn die Kosten werden umgelegt. „KiBiz sieht keine zusätzliche Finanzierung vor“, sagt die Pfarrerin.
Mit der Verteilung der KiTa-Plätze „waren wir noch nie so spät dran wie in diesem Jahr“, sagt Heike Kappert. Das sorge für Unruhe und Unsicherheit - und da sind auch noch die Ansprüche des Jugendamtes, denn dort soll natürlich die Liste der dreijährigen und älteren Kinder abgearbeitet werden, deren Eltern auf ihren Rechtsanspruch pochen.
„Wir haben 47,5 Stunden in der Woche geöffnet, kommen damit berufstätigen Eltern so weit wie möglich entgegen“, sagt Heike Kappert. Doch Wünsche nach Erweiterung der Betreuung bis 18 Uhr und einer Öffnung der KiTas am Samstag wurde laut. Derzeit nicht umsetzbar – da sind sich die beiden Fachfrauen einig. Es fehlt das Geld, und in absehbarer Zeit werden auch die nötigen Fachkräfte fehlen. „Wenn man Vertretungskräfte braucht und beim Arbeitsamt anruft, ist man chancenlos“, sagt Silke Althaus.