Bochum. Bei der Augenblick-Olympiade im Bochumer Wichern-Haus testen sich pflegebedürftige Menschen in fünf Disziplinen. Leiter der Tagespflege gibt guten Tipp für Angehörige

Jetzt geht es los. Die Teilnehmer dürfen sich in fünf Disziplinen austesten. Zu den Spitzensportlerinnen gehört hier gewiss Veronika Böllemann. Mit Schmackes pfeffert sie die Bälle durch die Hula-Hoop-Reifen gegen die Wand. "Ich war mein Leben lang Turnerin, jetzt mache ich die Übungen nicht mehr in der Halle, sondern nur noch zu Hause", lässt die 90-Jährige wissen.
Sie war einer der sechs Gäste aus der Tagespflege des Pflege- und Seniorenheimes Wichern-Haus, die gemeinsam mit 16 ständigen Bewohnern eine besondere Olympiade austrugen. Als sogenannte Augenblick-Olympiade hatte sie das Ziel, dass alte und kranke Menschen wieder Spaß an der Bewegung verspüren. Vor allem aber ging es an diesem sonnigen Dienstagvormittag um das Zusammensein, ein Tag gegen die Einsamkeit.
Für manchen ist es sogar der einzige Grund, an dem Ereignis teilzunehmen. Irene Kosiol sitzt etwas betrübt in der Runde. Mit ihren 47 Jahren ist sie noch jung für das Leben im Wichern-Haus. Sie bekommt wenig Besuch. Als sie davon berichtet, dass sie drei Enkeltöchter hat, muss sie leise schluchzen. Auf die Spiele hat sie wenig Lust. "Ich bin dabei und das ist schön!", sagt sie.

Gehtraining fiel für Senior im Rollstuhl aus

Doch die Disziplinen – Punkte werfen, Ringe werfen, Dosen werfen, ein Rollstuhl- und Rollator-Parcours und ein Ballweitwurf – wecken durchaus den Ehrgeiz bei den betagten Bewohnern. "Eine Medaille möchte ich schon ergattern", sagt Manfred Bohs. Der 84-Jährige sitzt derzeit im Rollstuhl, hat versehrte Beine. Normalerweise sei seine Therapeutin gekommen, um das Gehen zu trainieren. Doch das Training fällt aus, es ist Wettkampftag. Denn Medaillen gibt es wirklich – Gold, Silber, Bronze aus Gips geformt, schick lackiert und mit Olympia-Ringen geprägt. Im Parcours-Raum wartet auch eine attraktive Tombola mit einer Reihe Bilderbüchern, bunten Trinkgläsern, Grillzubehör, Frisör-Gutschein und vielem mehr.
Die Olympiade fand als Aktion des Spendenprojekts "Augenblick" des Evangelischen Johanneswerks statt. Es finanziert Angebote und Aktionen, die Menschen miteinander verbinden. So möchte der diakonische Träger Gemeinschaft schaffen, Vereinsamung entgegenwirken, Nähe ermöglichen. "Es kostet ja alles Geld. Mit der Tagespflege wollen wir einen Ausflug in den Tierpark unternehmen. Das Teuerste daran sind die Fahrtkosten mit Rollstuhl oder Rollator", sagte der Leiter der Tagespflege Levent Kartal.

Werner-von-Siemens-Schüler unterstützen das Team

Das Team des Wichern-Hauses bekam bei der Augenblick-Olympiade an den Spielstationen tatkräftige Unterstützung von Schülern der Werner-von-Siemens-Schule. Das Wahlpflichtfach unter dem Motto "Soziale Verantwortung" führt die Jugendlichen in verschiedene gesellschaftliche Bereiche. Nachdem sie im vergangenen Schuljahr viel in der Gartenpflege gearbeitet haben, kümmern sich die Schüler dieses Jahr um die Menschen im Wichern-Haus. "Ich habe hier schon ein Praktikum gemacht. Mir macht alles Spaß, ich helfe gerne Leuten", sagte Sophie (16). Neben Hilfe schenkten die Helfer und die Mitarbeiter des Alten- und Seniorenheims den Bewohnern und Gästen bei der Olympiade schöne Augenblicke. Ein Grill und Kuchenbuffet durfte dabei natürlich nicht fehlen.

Gut zu wissen: Tagespflege ab Pflegegrad zwei

Der Leiter Tagespflege Levent Kartal informierte auch darüber, dass viele Menschen nicht wüssten, dass die Leistungen in der Tagespflege bereits ab Pflegegrad 2 abgerufen werden könnten.

Bei der Tagespflege profitieren die Menschen auf der einen Seite von der professionellen Betreuung und Pflege eines Alten- und Pflegeheimes, aber können dennoch zu Hause wohnen bleiben.