Seit 100 Jahren wird in Bochum Theatergeschichte geschrieben. In einer Serie blicken wir auf turbulente Zeiten zurück. Heute: die Intendanten.

Saladin Schmitt (1919-1949)Der Mann der ersten Stunde war Saladin Schmitt: 1883 in Bingen am Rhein geboren, kam Schmitt 1919 aus Köln ins Ruhrgebiet, wo er erster Intendant des Schauspielhauses wurde – und dies stolze 30 Jahre lang bleiben sollte. Erst 1949 stolperte Schmitt über einen Skandal, als er seinen umstrittenen früheren Chefdramaturgen, dem eine Nähe zum Nazi-Regime nachgesagt wurde, wieder einstellen wollten, was zu erheblichen Protesten führte. Bis heute erinnert eine Straße im Ehrenfeld an den legendären Theatermacher, der vielen das Feld bereitete. Schmitt starb 1951 mit 68 Jahren in Bochum.
Saladin Schmitt (1919-1949)Der Mann der ersten Stunde war Saladin Schmitt: 1883 in Bingen am Rhein geboren, kam Schmitt 1919 aus Köln ins Ruhrgebiet, wo er erster Intendant des Schauspielhauses wurde – und dies stolze 30 Jahre lang bleiben sollte. Erst 1949 stolperte Schmitt über einen Skandal, als er seinen umstrittenen früheren Chefdramaturgen, dem eine Nähe zum Nazi-Regime nachgesagt wurde, wieder einstellen wollten, was zu erheblichen Protesten führte. Bis heute erinnert eine Straße im Ehrenfeld an den legendären Theatermacher, der vielen das Feld bereitete. Schmitt starb 1951 mit 68 Jahren in Bochum.
Hans Schalla (1949-1972)Schmitts Nachfolge übernahm 1949 der Hamburger Schauspieler und Regisseur Hans Schalla, dem zu Ehren der Theatervorplatz gewidmet ist. Schalla verhalf dem Theater zu internationalem Renomee. Aufführungen großer Klassiker gab Schalla einen modernen, zeitlosen Anstrich. Zu seinen vielbeachteten Aktualisierungen zählen Büchners „Woyzek“ und Wedekinds „Frühlings Erwachen“, die oft in kahlen, weiten Räumen seines kongenialen Ausstattungsschefs Max Fritzsche entstanden. Hans Schalla prägte bis 1972 den neuen „Bochumer Stil“. Er starb 1983 in Hamburg.
Hans Schalla (1949-1972)Schmitts Nachfolge übernahm 1949 der Hamburger Schauspieler und Regisseur Hans Schalla, dem zu Ehren der Theatervorplatz gewidmet ist. Schalla verhalf dem Theater zu internationalem Renomee. Aufführungen großer Klassiker gab Schalla einen modernen, zeitlosen Anstrich. Zu seinen vielbeachteten Aktualisierungen zählen Büchners „Woyzek“ und Wedekinds „Frühlings Erwachen“, die oft in kahlen, weiten Räumen seines kongenialen Ausstattungsschefs Max Fritzsche entstanden. Hans Schalla prägte bis 1972 den neuen „Bochumer Stil“. Er starb 1983 in Hamburg.
Peter Zadek (1972-1979)Mit Peter Zadek (1926-2009) meldete sich ein vergleichsweise junger Intendant zu Wort: Zadek war Mitte 40, als er 1972 die Theaterleitung übernahm. Ein Neustart nach 23 Jahren Schalla-Ära schien nötig. Mit Witz, Poesie, aber auch mit Wut und sattem Hang zu Radikalität krempelte Zadek das Theater um und konnte sich dabei auf ein Ensemble von womöglich nie wieder erreichter Qualität verlassen: von Eva Mattes bis Ulrich Wildgruber, von Hermann Lause bis Rosel Zech. Für viele unvergessen: sein „König Lear“ im Union-Kino und sein „Hamlet“ in einer Fabrikhalle.
Peter Zadek (1972-1979)Mit Peter Zadek (1926-2009) meldete sich ein vergleichsweise junger Intendant zu Wort: Zadek war Mitte 40, als er 1972 die Theaterleitung übernahm. Ein Neustart nach 23 Jahren Schalla-Ära schien nötig. Mit Witz, Poesie, aber auch mit Wut und sattem Hang zu Radikalität krempelte Zadek das Theater um und konnte sich dabei auf ein Ensemble von womöglich nie wieder erreichter Qualität verlassen: von Eva Mattes bis Ulrich Wildgruber, von Hermann Lause bis Rosel Zech. Für viele unvergessen: sein „König Lear“ im Union-Kino und sein „Hamlet“ in einer Fabrikhalle.
Claus Peymann (1979-1986)Die Erinnerungen an die „goldenen Jahre“ unter der Leitung von Claus Peymann sind bei vielen Theatergängern bis heute lebendig. Peymann kam aus Stuttgart an die Ruhr, wo er 1979 mit 42 Jahren die Nachfolge von Peter Zadek antrat. In seine Zeit fielen Uraufführungen gewaltiger Stoffe: von Thomas Bernhard bis Peter Handke. Wie er Lars Noréns „Dämonen“ in Edel-Besetzung mit Kirsten Dene, Urs Hefti und Gert Voss zum Boulevard-Theater direkt aus der Hölle drehte und Traugott Buhre in dem Wahnsinns-Monolog „Der Theatermacher“ in Szene setzte, das bleiben Großtaten.
Claus Peymann (1979-1986)Die Erinnerungen an die „goldenen Jahre“ unter der Leitung von Claus Peymann sind bei vielen Theatergängern bis heute lebendig. Peymann kam aus Stuttgart an die Ruhr, wo er 1979 mit 42 Jahren die Nachfolge von Peter Zadek antrat. In seine Zeit fielen Uraufführungen gewaltiger Stoffe: von Thomas Bernhard bis Peter Handke. Wie er Lars Noréns „Dämonen“ in Edel-Besetzung mit Kirsten Dene, Urs Hefti und Gert Voss zum Boulevard-Theater direkt aus der Hölle drehte und Traugott Buhre in dem Wahnsinns-Monolog „Der Theatermacher“ in Szene setzte, das bleiben Großtaten.
Frank-Patrick Steckel (1986-1995)Hinter einem „Grauschleier“ soll seine Intendanz gestanden haben, aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit: Frank-Patrick Steckel führte das Schauspielhaus von 1986 bis 1995 und hinterließ deutliche Spuren. Sein „Timon aus Athen“ wurde 1991 zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen. Die Stahlskulptur „Der Mensch“ des Bühnenbildners Dieter Hacker ziert bis heute den Theatervorplatz. Peter Roggisch und Hedi Kriegeskotte waren nur einige Stars seines erlesen besetzen Ensembles. Und: Unter Reinhild Hoffmann blühte das Tanztheater. Unvergessen: Steckels Abschied mit sechs Stunden „Hamlet“.
Frank-Patrick Steckel (1986-1995)Hinter einem „Grauschleier“ soll seine Intendanz gestanden haben, aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit: Frank-Patrick Steckel führte das Schauspielhaus von 1986 bis 1995 und hinterließ deutliche Spuren. Sein „Timon aus Athen“ wurde 1991 zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen. Die Stahlskulptur „Der Mensch“ des Bühnenbildners Dieter Hacker ziert bis heute den Theatervorplatz. Peter Roggisch und Hedi Kriegeskotte waren nur einige Stars seines erlesen besetzen Ensembles. Und: Unter Reinhild Hoffmann blühte das Tanztheater. Unvergessen: Steckels Abschied mit sechs Stunden „Hamlet“.
Leander Haußmanns (1995-2000)Ein leuchtendes Herz und die vielzitierte „Spaß-Guerilla“ prägten Leander Haußmanns fünfjährige Sturm- und Drang-Zeit. Haußmann wurde 1995 mit nur 36 Jahren Deutschlands jüngster Intendant, der ein legendäres Regie-Team um sich scharte. Solch verquere Abenteuer, wie sie Dimiter Gotscheff und Jürgen Kruse auf die Bühne wuchteten, hat man danach nie wieder gesehen. Haußmann selber schien irgendwann die Lust an seinem Job zu verlieren und sah seine Zukunft eher im Film. Mit „Sonnenallee“ gelang ihm 2000 ein erster Erfolg im Kino. Unvergessen: Haußmanns „John Gabriel Borkman“, die bislang letzte Bochumer Einladung zum Berliner Theatertreffen.
Leander Haußmanns (1995-2000)Ein leuchtendes Herz und die vielzitierte „Spaß-Guerilla“ prägten Leander Haußmanns fünfjährige Sturm- und Drang-Zeit. Haußmann wurde 1995 mit nur 36 Jahren Deutschlands jüngster Intendant, der ein legendäres Regie-Team um sich scharte. Solch verquere Abenteuer, wie sie Dimiter Gotscheff und Jürgen Kruse auf die Bühne wuchteten, hat man danach nie wieder gesehen. Haußmann selber schien irgendwann die Lust an seinem Job zu verlieren und sah seine Zukunft eher im Film. Mit „Sonnenallee“ gelang ihm 2000 ein erster Erfolg im Kino. Unvergessen: Haußmanns „John Gabriel Borkman“, die bislang letzte Bochumer Einladung zum Berliner Theatertreffen.
Matthias Hartmann (2000-2005)Er kam, sah und machte eigentlich alles richtig: Matthias Hartmann leitete das Schauspielhaus von 2000 bis 2005 mit Feuereifer. Er bediente die Abonnenten ebenso wie die selbsterklärten Experten, er brachte Stücke von Botho Strauß und Peter Turrini zur Uraufführung und holte medienwirksam Harald Schmidt als Lucky in „Warten auf Godot“ nach Bochum. Mit diesem populären und doch niemals niveaulosen Mix knackte Hartmann den einst von Peymann aufgestellten Rekord an verkauften Abos. Der begnadete Michael Maertens stieg unter seiner Leitung zum absoluten Publikumsliebling auf. Unvergessen bleibt Hartmanns wahnwitzige Einrichtung des Romans „1979“ von Christian Kracht in der Zeche Eins.
Matthias Hartmann (2000-2005)Er kam, sah und machte eigentlich alles richtig: Matthias Hartmann leitete das Schauspielhaus von 2000 bis 2005 mit Feuereifer. Er bediente die Abonnenten ebenso wie die selbsterklärten Experten, er brachte Stücke von Botho Strauß und Peter Turrini zur Uraufführung und holte medienwirksam Harald Schmidt als Lucky in „Warten auf Godot“ nach Bochum. Mit diesem populären und doch niemals niveaulosen Mix knackte Hartmann den einst von Peymann aufgestellten Rekord an verkauften Abos. Der begnadete Michael Maertens stieg unter seiner Leitung zum absoluten Publikumsliebling auf. Unvergessen bleibt Hartmanns wahnwitzige Einrichtung des Romans „1979“ von Christian Kracht in der Zeche Eins.
Elmar Goerden (2005-2010)In Hartmanns große Fußstapfen trat 2005 der Viersener Regisseur Elmar Goerden, der als Oberspielleiter aus München kam und viele Ideen und Enthusiasmus mitbrachte. Doch die Doppel-Aufgabe des regieführenden Intendanten wuchs Goerden zusehends über den Kopf. Seine eigenen Regie-Arbeiten wie „Maria Stuart“ und „Der Kaufmann von Venedig“ wollten ihm nicht recht gelingen. Dafür ebnete Goerden jungen Regie-Talenten wie Jorinde Dröse und Lisa Nielebock den Weg. Goerden etablierte seinen „Boten“-Abend und ein feines Autorenfestival unter dem Titel „Ohne alles“.
Elmar Goerden (2005-2010)In Hartmanns große Fußstapfen trat 2005 der Viersener Regisseur Elmar Goerden, der als Oberspielleiter aus München kam und viele Ideen und Enthusiasmus mitbrachte. Doch die Doppel-Aufgabe des regieführenden Intendanten wuchs Goerden zusehends über den Kopf. Seine eigenen Regie-Arbeiten wie „Maria Stuart“ und „Der Kaufmann von Venedig“ wollten ihm nicht recht gelingen. Dafür ebnete Goerden jungen Regie-Talenten wie Jorinde Dröse und Lisa Nielebock den Weg. Goerden etablierte seinen „Boten“-Abend und ein feines Autorenfestival unter dem Titel „Ohne alles“.
Anselm Weber (2010-2017)Der Neue kommt aus der Nachbarstadt? Als Anselm Weber 2010 seinen Dienst an der Königsallee antrat, wunderten sich manche. Denn Weber war zuvor Intendant am wenig renommierten Schauspiel Essen. Doch mit Mut und nüchtern wirkendem Sachverstand lenkte Weber das Schauspielhaus durch sieben nicht einfache Jahre, die geprägt waren von großen finanziellen Sorgen. Unter Weber hielt Europa Einzug im Haus, sein „Detroit“-Projekt zum Opel-Aus stieß auf große Resonanz. Als Regisseur blieb er seinem konventionellen Stil treu. „Kabale und Liebe“ mit Nils Kreutinger und Friederike Becht gehört zu seinen besten Arbeiten. Feines Schauspieler-Theater!
Anselm Weber (2010-2017)Der Neue kommt aus der Nachbarstadt? Als Anselm Weber 2010 seinen Dienst an der Königsallee antrat, wunderten sich manche. Denn Weber war zuvor Intendant am wenig renommierten Schauspiel Essen. Doch mit Mut und nüchtern wirkendem Sachverstand lenkte Weber das Schauspielhaus durch sieben nicht einfache Jahre, die geprägt waren von großen finanziellen Sorgen. Unter Weber hielt Europa Einzug im Haus, sein „Detroit“-Projekt zum Opel-Aus stieß auf große Resonanz. Als Regisseur blieb er seinem konventionellen Stil treu. „Kabale und Liebe“ mit Nils Kreutinger und Friederike Becht gehört zu seinen besten Arbeiten. Feines Schauspieler-Theater!
Johan Simons (seit 2018)Mit dem Einzug von Johan Simons und seinem bunten Ensemble wurde im vergangenen Herbst das jüngste Kapitel in der 100-jährigen Geschichte des Schauspielhauses aufgeschlagen. Unter seiner Leitung wirkt das soeben restaurierte Theater frisch und selbstbewusst – auch wenn nicht jeder Zuschauer Simons Ideen von einem experimentellen, herausfordernden Stadttheater folgen mag. Als Regisseur setzte Simons gleich zu Beginn Akzente. Freuen darf man sich auf seinen „Hamlet“ mit Sandra Hüller und auf „Woyzeck“ in der kommenden Spielzeit. Es bleibt spannend!
Johan Simons (seit 2018)Mit dem Einzug von Johan Simons und seinem bunten Ensemble wurde im vergangenen Herbst das jüngste Kapitel in der 100-jährigen Geschichte des Schauspielhauses aufgeschlagen. Unter seiner Leitung wirkt das soeben restaurierte Theater frisch und selbstbewusst – auch wenn nicht jeder Zuschauer Simons Ideen von einem experimentellen, herausfordernden Stadttheater folgen mag. Als Regisseur setzte Simons gleich zu Beginn Akzente. Freuen darf man sich auf seinen „Hamlet“ mit Sandra Hüller und auf „Woyzeck“ in der kommenden Spielzeit. Es bleibt spannend!