Bochum. Der VfL Bochum hat den Anschluss an die Nicht-Abstiegsplätze geschafft. Welche Lehren man aus der Hinrunde ziehen kann und welche Rolle Ibrahima Sissoko spielt.

Manche Dinge bleiben rätselhaft, auch wenn vor allem im Fußball inzwischen fast jeder Parameter ins kleinste Detail analysierbar ist. Ein solches Rätsel stellt die Tatsache dar, dass der VfL Bochum vor einigen Wochen noch die Schießbude der Liga war, sich unter Dieter Hecking in acht Spielen aber nur acht Gegentreffer fing. Einzig der Tabellenführer FC Bayern war in diesem Zeitraum besser. Das Spielermaterial hat sich seitdem allerdings nicht verändert, doch Trainer Hecking hat mit seinem konservativeren Ansatz des Fußballs offensichtlich den Nerv von Ivan Ordets und Co. getroffen. Die Reihen stehen dichter, die Risikoabwägung gelingt besser und die Mannschaft kommt schneller wieder hinter den Ball. Auch gegen RB Leipzig am Samstag (15.30 Uhr/Sky)?

„Wir haben heute konservativer gespielt und haben auch das System etwas gewechselt. Wir wollten ohne Risiko spielen und einfach gewinnen“, sagte Verteidiger Bernardo am Mittwochabend nach dem Sieg über den FC St. Pauli. Es war der zweite Heimerfolg in Serie. Einer, der die Hoffnung auf den Klassenerhalt zurückbrachte an der Castroper Straße. Den größten Anteil daran hat Hecking. Die Mannschaft, so hört man an allen Ecken und Ende, ist von der Ruhe und der Kommunikation des Trainers begeistert. Und die Bilanz gibt ihm recht. Acht der bisherigen neun Punkte holte der VfL unter Heckings Regie.

VfL Bochum: Spielgestalter wird noch vermisst

Dass die zurückgekehrte Hoffnung, das „realistischer gewordene Szenario“ vom Klassenerhalt, wie es Hecking selbst nennt, aber auf wackeligen Beinen steht, das verdeutlichte auch das Spiel gegen den FC St. Pauli. Bernardo beschrieb es als Kampf, nicht als Fußballspiel. Ähnlich sah es auch Hecking, der ohnehin keinen „Champagner-Fußball“ erwartet habe. Vor allem in der Offensive tut sich der VfL schwer, ein Spielgestalter wie Kevin Stöger wird schmerzlich vermisst. Deshalb steht dieses Profil im Winter ähnlich im Fokus wie das eines treffsicheren Stürmers.

Ilja Kaenzig sucht derzeit Winterneuzugänge.
Ilja Kaenzig sucht derzeit Winterneuzugänge. © Ralf Ibing/firo Sportphoto | Ralf Ibing

Die Kriterien waren einmal eng abgesteckt. Bundesligaerfahrung, stabil vom Kopf, eine Sofort-Verstärkung. „Wir brauchen die Spieler so früh wie möglich“, sagte Ilja Kaenzig noch im Dezember im Interview mit dieser Redaktion. „Am Ende entscheiden aber die abgebenden Klubs, was möglich ist. Wir werden Leihspieler holen, der abgebende Verein wird nach Möglichkeit etwas dazugeben müssen.“ Bislang schlossen sich allerdings mehr Türen, als sich öffneten. Zuversichtlich sind sie in Bochum trotzdem, dass es bis zum Ende des Transferfensters noch etwas wird mit Neuzugängen. Giorgos Masouras (Olympiacos Piräus) oder Kevin Behrens (VfL Wolfsburg) sind Spieler, die das Interesse wecken.

VfL Bochum: Ibrahima Sissoko entwickelt sich zum Königstransfer

Von möglichen Neuzugängen erwarten sich die Bochumer einen sofortigen Einfluss auf die Mannschaft. „Wir wollen etwas machen. Aber nur, wenn es Sinn ergibt“, betonte Hecking am Freitag noch einmal. So wie bei Ibrahima Sissoko im Sommer. Der Aufschwung, wenn man ihn denn so nennen will, nachdem am vergangenen Wochenende die Pleite gegen Mainz 05 (0:2) doch ein empfindlicher Nackenschlag war, hängt auch mit der Rolle des Franzosen zusammen. Sissoko hat sich nach 17 Spielen inzwischen als Königstransfer des vergangenen Sommers herauskristallisiert. Ablösefrei kam er aus Straßburg an die Castroper Straße und hat sich auf Anhieb einen Stammplatz erarbeitet. Zwar hatte der schlaksige Mittelfeldspieler auch ein paar Anlaufprobleme, je länger die Spielzeit aber dauert, desto besser kommt er zurecht.

Dieter Hecking (l.) ist hochzufrieden mit Ibrahima Sissoko.
Dieter Hecking (l.) ist hochzufrieden mit Ibrahima Sissoko. © Ralf Ibing/firo Sportphoto | Ralf Ibing

Spätestens seit der Partie bei Union Berlin spielt er überragend – die endgültige Wertung der Partie aber steht immer noch aus, nachdem Union Berlin Einspruch gegen die DFB-Sportgerichtsentscheidung eingelegt hat. „Ibou ist ein wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft geworden“, lobte Trainer Hecking zuletzt immer wieder. Bei nahezu jeder Pressekonferenz, in jedem Mediengespräch hebt er die Präsenz und die Ballschlepperqualitäten des 1,93-Meter-Hünen hervor. Schon im Trainingslager im vergangenen Sommer schwärmten „Ibous“ Mitspieler von dem Neuzugang. „Er geht in jeden Zweikampf, ist sehr intelligent, hat ein sehr gutes Stellungsspiel und kann sich sehr gut positionieren. Er spielt einfach, stets aufmerksam. Er weiß genau, was es auf dieser Position benötigt. Ich bin überzeugt, dass er uns wirklich voranbringen wird“, sagte Kapitän Anthony Losilla damals gegenüber dieser Redaktion.

Er sollte recht behalten. Nun muss Sissoko aber auch gegen eine Spitzenmannschaft wie RB Leipzig seinen Wert beweisen.