Bochum. Mit der Verpflichtung von Aliou Baldé überraschte der VfL Bochum auf dem Transfermarkt. Er könnte sich aber als Glücksgriff entpuppen.

Es rief bei dem einen oder anderen Beobachter schon Schmunzler hervor, wie in einer Trainingseinheit kürzlich Aliou Baldé gegen Ibrahima Sissoko in einen Zweikampf ging. Da der schmächtige Offensivspieler, dort der große und stabile Mittelfeldabräumer. Es ging aus, wie es ausgehen musste: Sissoko setzte seinen Körper ein und Baldé hatte deutlich das Nachsehen. Kurz darauf war Baldé wieder am Ball und zog mit sehr viel Tempo an eben jenem Sissoko vorbei. Es waren zwei Szenen, die verdeutlichten, was der VfL Bochum da für einen Spieler auf Leihbasis von OGC Nizza an die Castroper Straße lotsen konnte. Keinen Zweikämpfer, aber einen Sprinter, der gegnerische Abwehrreihen vor massive Probleme stellen könnte. Das stellte er auch nach seiner Einwechslung bei der 0:1-Niederlage bei RB Leipzig, seinem Debüt in der Bundesliga und für den VfL Bochum unter Beweis. Grund genug, um sich mithilfe des Datenanalyse-Unternehmens CREATEFOOTBALL den Guineer einmal genauer anzusehen.

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    Über ein halbes Jahr suchte der VfL Bochum einen flexibel einsetzbaren Stürmer. Also einen Spieler, der sowohl im Zentrum als auch auf den Flügeln eingesetzt werden kann. Mit Myron Boadu hatten die Bochumer Mitte August endlich solch einen Stürmer verpflichten können - doch bei der Ankunft befand sich in dessen Sog auch Aliou Baldé, dessen Leihe von OGC Nizza an die Castroper Straße VfL-Sportdirektor Marc Lettau parallel verhandelte. Beide wurden am Freitag vor dem letzten Testspiel gegen Le Havre in Bochum unter Vertrag genommen, beide sollen in dieser Saison dazu beitragen, dass der erneute Klassenerhalt gelingt. Beide unterscheiden sich aber doch. Während Boadu eine Soforthilfe sein dürfte, ist Baldé eher ein Perspektivspieler. Wenngleich er direkt im ersten Bundesliga-Saisonspiel Einsatzminuten sammelte.

    Schneller Antritt, hohe Endgeschwindigkeit, stark im Pressing

    Training VfL Bochum, Fußball, Bundesliga: Die Neuzugänge Aliou Balde und Myron Boadu im Training.
    Kleiner Sprinter: Aliou Balde (Mitte). © FUNKE Foto Services | Gero Helm

    Er ist einer, der mächtig Wucht erzeugen könnte. Vor allem als Einwechselspieler. Der 21-Jährige besticht in erster Linie durch seinen explosiven Antritt und seiner Endschnelligkeit. Aber selbst im höchsten Tempo behielt er in seinen vergleichsweise äußerst wenigen Einsätzen stets die Übersicht, ist stark im Dribbling. Seine Tiefenläufe beeindruckten seinen neuen Trainer Peter Zeidler schon, als Baldé leihweise für Lausanne-Sport in der Schweizer Liga auflief. Kein Spieler in der Liga ging im Schnitt häufiger in ein Eins-gegen-Eins-Duell. Selbst mit Ball kann er ein enormes Tempo erreichen und sorgt so für viel Raumgewinn pro Aktion. Eine Qualität, die in vielen Bundesliga-Spielen vor allem gegen Ende einer Partie von Wichtigkeit sein könnte.

    Guter Dribbler: Aliou Balde (Mitte) bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris.
    Guter Dribbler: Aliou Balde (Mitte) bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. © AFP | ARNAUD FINISTRE

    Ihn allerdings allein auf seine Schnelligkeit zu beschränken, würde ihm nicht gerecht werden. Er sucht auch gern den Weg direkt in den Strafraum ein oder spielt wahlweise die Pässe hinter die Ketten oder die freien vertikalen Räume. Allerdings: zielgenau ist er dabei nicht. Nur 53 Prozent seiner Zuspiele in die Spitze kommen auch beim Mitspieler an. Wenn sie aber ankommen, wird es oftmals gefährlich. Bei seinem Einsatz für die Nationalmannschaft aus Guinea bei den Olympischen Spielen in Paris kam er auf starke 1,4 Torschussvorlagen pro Spiel.

    Er selbst kommt vergleichsweise nur selten zum Abschluss, weil er sich trotz seines Tempos nicht in die guten Schusspositionen bringen kann. Das liegt allerdings auch an seinem für einen Profifußballer eher zierlichen Körper. Ähnlich wie im Zweikampf mit Sissoko ließ er sich in seinen nur 637 Minuten in einer Profiliga in seiner Karrie immer wieder zu leicht abdrängen. Kommt er zum Abschluss, trifft er zudem zu selten. Nur 15 Prozent seiner Schüsse gehen rein.

    Aliou Baldé: Ein Offenspielspieler mit Potenzial

    Nichtsdestotrotz könnte Baldé dem VfL Bochum mit seiner Geschwindigkeit ein wichtiges Element geben. Denn nach den Abgängen von Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjei fehlte zunächst Tempo auf den Außenpositionen. Das hat Baldé allemal. Zudem ist er ein starker Spieler für das ausgeprägte Pressing, das Zeidler mit dem VfL Bochum spielen lassen will. Eine große Stärke des Sprinters sind das frühe Anlaufen und die Ballgewinne im letzten Drittel. Genau das, worauf Zeidler setzt.

    Diese Grafik verdeutlicht, wie häufig Aliou Baldé mit seinen Dribblings in der Regel in den Strafraum zieht.
    Diese Grafik verdeutlicht, wie häufig Aliou Baldé mit seinen Dribblings in der Regel in den Strafraum zieht. © CREATEFOOTBALL | CREATEFOOTBALL

    Erst einmal muss er sich an das Niveau in Deutschland gewöhnen, besitzt kaum Spielpraxis in ersten Ligen. 19 Minuten wie gegen Leipzig stand für einen Klub zuletzt am 27.10.2023 für OGC Nizza auf dem Feld. „Es gibt noch etwas aufzuholen“, sagte Trainer Peter Zeidler daher. „Wir sind froh, dass er hier ist, jetzt ist es unsere Aufgabe, ihn zu entwickeln.“ Besonders mit seinem Tempo kann er vor allem in der Schlussphase gegen müde Defensivreihen für viel Torgefahr sorgen. Für den VfL Bochum war die Verpflichtung jedenfalls ein sogenannter no-brainer, eine Verpflichtung ohne großes Risiko, dafür mit viel Potenzial. Sollte sich die Leihe rentieren, hat sich Bochum auch direkt eine Kaufoption gesichtert.