Bochum.. Die aktuelle sportliche Talfahrt des VfL Bochum stellt Sportvorstand Christian Hochstätter durchaus nicht zufrieden. Dennoch bewahrt der 49-Jährige die Ruhe. Auch im Falle einer Niederlage beim FC Erzgebirge Aue will er Trainer Peter Neururer als Bochumer Cheftrainer nicht in Frage stellen.
Elf Punkte aus zehn Spielen, Platz 16, zuletzt vier Pflichtspiel-Niederlagen in Folge. Christian Hochstätter, 49, seit vier Monaten Sportvorstand des VfL Bochum, sprach eine Woche vor der Tour nach Aue mit WAZ-Redakteur Ralf Ritter.
Waren Sie schon mal in Aue?
Christian Hochstätter: Nein, das wird eine Premiere für mich.
Für viele Bochumer leider nicht. Drei Niederlagen gab es im Erzgebirge zuletzt, das 1:6 im Vorjahr kostete Trainer Andreas Bergmann den Job.
Hochstätter: Das ist für mich nicht relevant. Wir müssen nach vorne gucken. Ich gehe davon aus, dass wir dort gewinnen.
Woher nehmen Sie diesen Optimismus nach den jüngsten Nackenschlägen?
Hochstätter: Dass es nach drei Liga-Niederlagen nicht einfach wird, ist uns allen bewusst. Aber ich erwarte, dass jeder Spieler die Eigenmotivation mitbringt, in Aue erfolgreich sein zu wollen. Die Mannschaft hat schon gezeigt, dass sie auswärts gewinnen kann.
In Berlin, in Fürth, bei spielstarken Topteams. Aue zählt eher zu den Malochertruppen. Kaliber Sandhausen.
Hochstätter: Diese Liga ist sehr ausgeglichen. Ich sehe Köln und Kaiserslautern etwas über den anderen Mannschaften, dahinter sind alle ganz eng beisammen. Wenn wir zweimal gewinnen, sind wir schon wieder in ganz anderen Regionen in der Tabelle.
Hochstätter fordert gegen Aue mehr Aggressivität
Was ist in Aue gefragt, damit der VfL zurück in die Spur findet?
Hochstätter: Was wir beim 2:0-Sieg in Fürth gezeigt haben: Wir müssen als Kollektiv funktionieren, als Einheit, die gemeinsam etwas erreichen will. Aggressivität, Einstellung sind dabei Grundtugenden, die man immer abrufen muss.
Was offenbar nicht jedem gelingt. Nach dem starken Auftritt in Fürth war Bochum Vierter, es gab große Hoffnungen mit Blick auf die Gegner Aalen, Sandhausen, Ingolstadt, Aue. Wie erklären Sie sich diese große Diskrepanz in der Leistung des VfL?
Hochstätter: Wir haben gegen Aalen vielleicht unser bestes Heimspiel abgeliefert, das Ergebnis stimmte allerdings nicht. Bis dahin war alles in Ordnung, haben wir uns fußballerisch gut entwickelt. Dann kam Sandhausen, ein Spiel, das sicherlich jede Mannschaft mal drin hat. Vielleicht führte das aber doch zu einer Verunsicherung. Gegen Ingolstadt kam jedenfalls von der gesamten Gruppe viel zu wenig.
Was kann man nun konkret tun?
Hochstätter: Peter Neururer wird alles daran setzen, die Köpfe der Spieler zu erreichen, Sicherheit zurück zu geben, Selbstvertrauen. Die Spieler müssen alles andere beiseite schieben, ihre volle Konzentration auf jede Trainingseinheit legen. Wir müssen wieder in die Zweikämpfe kommen, sie gewinnen, einfache Bälle spielen, das gibt Selbstvertrauen. Bis zum Sandhausen-Spiel waren wir läuferisch immer überlegen - in Sandhausen nicht. Wir müssen wieder gemeinsam nach vorne spielen und gemeinsam verteidigen.
Sie kritisieren die Offensivkräfte weniger für ihre Torflaute als für ihre Arbeit gegen den Ball?
Hochstätter: Sicher. Wenn ich vorne nicht treffe, muss ich in der Rückwärtsbewegung eben noch mehr arbeiten, das hat uns auch in Fürth stark gemacht. Gegen Ingolstadt war das weniger zu sehen.
Hochstätter zur Zukunft von Peter Neururer beim VfL Bochum
Gemeinsam ist eines Ihrer Schlüsselwörter. Kritiker sehen sich aber bereits bestätigt, dass Peter Neururer eben doch nur der Typ „Feuerwehrmann“ ist, der nur kurzfristig viel bewegen kann.
Hochstätter: Diese Meinungsmache von außen interessiert mich nicht. Wir im Verein verfallen jetzt nicht in Panik.
Bleibt Neururer auch bei einer weiteren Niederlage in Aue?
Hochstätter: Ja.
Zwischen Aufstiegshoffnung und Abstiegsplatz 16 lagen nur drei Wochen. Wo gehört der VfL Bochum denn nun hin?
Hochstätter: Wir sind von der Qualität der Mannschaft überzeugt. Sie kann im Mittelfeld eine ordentliche Rolle spielen. Die Mannschaft hat die Messlatte ja selbst höher gelegt mit ihrem guten Start, deshalb ist die Enttäuschung jetzt umso größer. Nochmal: Der aktuelle Tabellenplatz ist für uns alle absolut unbefriedigend, das ist nicht unser Anspruch. Aber wir sind erst am elften Spieltag, haben noch 24 Partien zu absolvieren. Wir haben weiterhin die Möglichkeit, eine gute Saison zu spielen.
Dieses Jahr Konsolidierung, mittelfristig Aufstieg, dabei bleibt’s?
Hochstätter: Die 1. Liga sollte immer das Ziel sein, ja. Man muss Visionen haben, das Bestmögliche anstreben, das müssen auch die Spieler verinnerlichen.
Die Finanzlage ist aber auch nicht rosig, der Etat sank noch einmal von 9 auf unter 7,5 Millionen Euro.
Hochstätter: Die Ansprüche hier sind tatsächlich seit dem Abstieg etwa gleich geblieben, beim Etat liegen wir mittlerweile aber auf Augenhöhe mit Vereinen wie Aalen. Die Infrastruktur, das Umfeld, die Mitarbeiter sind jedoch zweifellos erstklassig. Aber natürlich müssen wir zusehen, dass wir mehr Geld generieren. Geld schießt keine Tore, aber es erhöht die Wahrscheinlichkeit, die Qualität im Kader zu erhöhen. Zudem gehen wir unseren Weg der erstklassigen Nachwuchsarbeit, die hier bereits geleistet wird, konsequent weiter.
Hochstätter zu den Finanzen des VfL Bochum
Woher soll mehr Geld kommen?
Hochstätter: Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir kämpfen um jeden Zuschauer, um mehr Mitglieder, durch gute Platzierungen gibt es mehr Geld aus dem TV-Vertrag, Transfererlöse gehören auch dazu.
Nicht zuletzt dank der Millionen-Einnahmen aus dem Goretzka-Transfer hat sich die Finanzlage entspannt, zumindest drohen keine Szenarien wie Punktabzüge oder gar Lizenzentzug. Kann der VfL Bochum denn mittelfristig auch etwas Geld in die Hand nehmen oder bleibt es bei der Null-Ablösesummen-Strategie?
Hochstätter: Das kann man jetzt seriös noch nicht sagen. Es ist klar, das auch für die finanzielle Entwicklung letztlich die Ergebnisse auf dem Platz entscheidend sind.
Sie sind nun seit ziemlich exakt vier Monaten im Amt. Was haben Sie beim VfL anders vorgefunden als erwartet?
Hochstätter: Schwer zu sagen. Mir war klar, dass ich zu einem Traditionsverein komme, an dem die letzten drei Jahre in der 2. Bundesliga aber auch nicht spurlos vorbeigegangen sind. Es hat mich überrascht, wie professionell die Bedingungen hier sind, und die Mitarbeiter haben mich sehr positiv aufgenommen. Mittlerweile habe ich auch eine Wohnung in Weitmar und muss nicht mehr jeden Tag nach Mönchengladbach pendeln, wenn es später wird.
Die Fans gelten, auch historisch bedingt, immer noch als kritisch. Wie haben Sie die Zuschauer in Bochum kennengelernt?
Hochstätter: Auf unsere Fans können wir uns verlassen. Selbst nach dem schlechten Spiel gegen Ingolstadt war die Atmosphäre der Mannschaft und dem Verein gegenüber bemerkenswert. Ich denke, die Leute hier haben eine sensible Antenne dafür, was zurzeit möglich ist und was nicht, dass wir in einem Umbruch sind, es Rückschläge gibt. Die Unterstützung am Ende der letzten Saison war ja unglaublich, das müssen auch unsere Spieler mitnehmen.