Bochum. Die Eigengewächse Leitsch und Bella Kotchap haben den VfL Bochum verlassen. In Tim Oermann steht nun der nächste Talentwerk-Spieler im Kader.

Ein kurzer Umweg, eine kleine Verzögerung auf dem langen Weg hin zum Fußball-Profi scheint bei Tim Oermann dazu zu gehören. Beim VfL Bochum musste er zweimal vorspielen, bis er geholt wurde und ab der U10 Bestandteil des VfL-Talentwerkes wurde. Nachdem seine Zeit bei der U19 beendet war, sah es zunächst so aus, als würde auch er keinen Profivertrag bekommen. Als einziger Akteur aus dem scheidenden Jahrgang aber bekam er den dann doch. Nun macht er die Vorbereitung bei den Profis mit. Er überzeugt mit Einsatz, Tempo und durchaus schon mit Übersicht. Auch im letzten Test vor der Abreise ins Trainingslager durfte er gegen den SC Paderborn 45 Minuten spielen.

Oermann und VfL-Cheftrainer Thomas Reis verbindet der Wechsel des ganz jungen Tim zum VfL. Oermann, in Bochum geboren und zur Schule gegangen, spielte seinerzeit für die Sportfreunde Altenbochum (nun FC Altenbochum). „Ich habe ein Probetraining zur U9 beim VfL gemacht. Da haben sie mich nicht genommen.“

Im nächsten Jahr versuchte er es erneut. „Da hieß es, dass sie mich zur U10 haben wollen. Ich glaube, es war sogar Thomas Reis, der damals meinen Vater wegen der Zusage angerufen hat. Man kann aber jetzt nicht sagen, dass er mich entdeckt hat.“ Dafür hatte Oermann dann auch zu viele Trainer.

Zehn Jahre war Oermann beim Talentwerk des VfL Bochum

Zehn Jahre war er beim Talentwerk. „Ich habe mich da sehr wohl gefühlt. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich etwas anderes brauche. Bei so einer langen Zeit, wächst dann auch die Liebe zum Verein. Deswegen war es auch immer mein Ziel, es hier zu schaffen.“

Das Ziel wurde konkreter, als er in der U17 war, in der U17-Bundesliga spielte. „Da gab es mal ein Perspektivtraining mit den Jungprofis. Da war ich der einzige aus meiner U17. Da war das erste Mal, dass ich gemerkt habe, dass es was werden kann mit mir beim VfL. Das hat mir viel bedeutet.“ Zwei Jahre später gehört er zum Profikader.

Als einziger Akteur aus der U19 der vergangenen Saison bekam er einen Profivertrag. „Den Kontakt und Gespräche gab es schon länger“, sagt Oermann. „Ich musste als Spieler aber auch entscheiden, ob es der richtige Weg für mich ist.“ Eine Einigung habe es dann eben erst spät gegeben. „Ich bin jetzt mit dem Ausgang der Gespräche und dem was mir dargelegt wurde, sehr zufrieden.“ Da könne er sich nicht beschweren.

Oermann ist groß, dennoch schnell, durchaus robust

Oberste Priorität hat für ihn nun, dass er sich entwickelt. „Und das ist unabhängig davon, ob ich in jedem Vorbereitungsspiel 90 Minuten durchspiele. Das kann man auch im Training sehen, wenn der Trainer sagt, dass ich das gut mache. Der Trainer spricht viel mit uns.“ Er möchte sich in der Mannschaft etablieren, damit er nicht dauerhaft der junge Spieler sei. „Ich möchte ein fester Bestandteil des Kaders werden und mittel- und langfristig beim VfL Bochum Fuß fassen“. Gelingt ihm das, wäre er der nächste im Talentwerk ausgebildete Innenverteidiger nach Maxim Leitsch und Armel Bella Kotchap, dem das gelingt.

Der FC Altenbochum freut sich über den Profivertrag seines ehemaligen Jugendspielers Tim Oermann beim VfL Bochum. „Tim spielte bei uns von 2008 an vier Jahre lang bei den Minikickern und in der F-Jugend“, sagt sein ehemaliger Jugendtrainer Michael Krawczyk. Der Verein erhält eine Ausbildungsvergütung. Auf dem alten Mannschaftsfoto sind neben Tim Oermann (sitzend Mitte) und Trainer Krawczyk (hinten rechts) unter anderem Nico Kusma (vorne r.) und Paul Hölzer (stehend Mitte) zu sehen, die auch etwas zu feiern haben: beide stiegen mit der dritten Mannschaft des FC Altenbochum in die Kreisliga B auf.
Der FC Altenbochum freut sich über den Profivertrag seines ehemaligen Jugendspielers Tim Oermann beim VfL Bochum. „Tim spielte bei uns von 2008 an vier Jahre lang bei den Minikickern und in der F-Jugend“, sagt sein ehemaliger Jugendtrainer Michael Krawczyk. Der Verein erhält eine Ausbildungsvergütung. Auf dem alten Mannschaftsfoto sind neben Tim Oermann (sitzend Mitte) und Trainer Krawczyk (hinten rechts) unter anderem Nico Kusma (vorne r.) und Paul Hölzer (stehend Mitte) zu sehen, die auch etwas zu feiern haben: beide stiegen mit der dritten Mannschaft des FC Altenbochum in die Kreisliga B auf. © Unbekannt | FC Altenbochum

Die Anlagen dazu hat er. Er ist groß, dennoch schnell, zumeist ruhig am Ball, zweikampfstark, durchaus robust, auch wenn er in den Testspielen bereits gemerkt hat, dass er nun noch anders körperlich gefordert wird. Und er kann sich und seine Leistungen offenbar ganz gut selber einschätzen. „Ich habe jetzt Gegenspieler, die noch mal größer sind, die noch mal mehr wiegen. Ich glaube, es ist bei mir auch die Souveränität, die Abgeklärtheit in der einen oder anderen Situation die Ruhe zu bewahren, nicht zu überhastet zu spielen. Da habe ich aus den letzten Spielen ein, zwei Situationen im Kopf, wo man sagen muss, dass kann man besser lösen. Ich glaube aber, das kommt mit der Zeit.“

Es sei noch Luft nach oben – sowohl im Training als auch in den Spielen. „Der Sprung von der U19 zu den Profis ist ein großer. Körperlich und auch taktisch. Da muss ich auch mit mir selber etwas Geduld haben, dass ich mich da erst einmal anpasse. Es ist eine neue Situation, ein anderes Umfeld für mich. Sonst war ich ja nur oben am NLZ, da kannte ich schon alles. Ich denke, ich habe noch etwas Zeit.“

Reis ist ein Trainer, der jungen Spielern beim VfL Bochum eine Chance gibt

Die hat er und die wird er bekommen. Auf seiner Position gibt es erfahrene Spieler im Kader, sie sind zunächst gesetzt. Reis aber ist ein Trainer, der junge Spieler fördert und fordert, sie einfach mal reinwirft und ihnen zutraut, dass sie das Vertrauen mit Leistung zurückzahlen. Das hat er mit Maxim Leitsch gemacht, auch mit Armel Bella Kotchap. Wichtig ist dem Trainer, dass junge Spieler zeigen, dass sie wollen und dass sie verstanden haben, dass sie investieren müssen.

Das hat Reis auch Oermann mit auf den Weg gegeben. „Es ist immer so, dass ich den Weg selber gehen muss“, sagt Oermann. „Der Verein hat mir die Möglichkeit gegeben, mich zu entwickeln, mich zu beweisen, ob ich den Weg schaffe. Den Weg muss ich selber gehen. Da kann mir niemand in jedem Bereich helfen. Ich bekomme Unterstützung, aber ich muss selber zeigen, dass ich es kann, dass ich das Talent habe.“

Im Gegensatz zu Moritz Römling und Luis Hartwig, die es beide ebenfalls aus dem VfL-Talentwerk zu den Profis geschafft haben, deutet bei Oermann derzeit nichts auf eine Leihe hin. Möglich ist sie dennoch und Oermann weiß, dass sie durchaus sinnvoll sein könnte. „Für einen jungen Spieler ist es wichtig, früh zu spielen, viel zu spielen, auch in den Ligen unter der Bundesliga.“

Oermann will im Fußball und beim VfL Bochum durchstarten

Die körperliche Komponente gebe es auch in der Regionalliga. Da komme es vielleicht sogar noch mehr auf das Körperliche an und weniger auf das Fußballerische. „Wenn man sich dann da beweist, kann man auch da wichtige Schritte gehen.“ Das sei dann vielleicht auch die bessere Möglichkeit, als wenn man nur trainiere und gar nicht spiele. „Deswegen ist eine Leihe immer eine Option. Aber ich schaue immer von Woche zu Woche, von Tag zu Tag, probiere mich bestmöglich zu beweisen, unabhängig davon, wo ich gerade bin. Man muss die Aufgaben immer so angehen, als wäre es eine dauerhafte Herausforderung und als wäre ich schon mit meinen Gedanken woanders.“

So konzentriert sich Oermann auf sich und die Zeit bei und mit den Profis. Eine Alternative zum Profifußballer hat er dennoch. „Ich habe in diesem Jahr Abitur gemacht, akademisch stehen mir ein paar Möglichkeiten offen. Aber konkrete Pläne, was ich studieren würde, gibt es jetzt noch nicht. Ich versuche auf jeden Fall dieses Jahr im Fußball durchzustarten.“ Der Anfang ist vielversprechend.