Bochum. VfL-Aufsichtsratsboss Hans-Peter Villis spricht über Bochums Trainer, die Philosophie und neues Personal. Bei Transfers müsse man sich noch gedulden.

42 Punkte, Platz elf. Sind Sie zufrieden mit der Saison?

Hans-Peter Villis: Wir wollten uns sportlich wie finanziell konsolidieren, das ist uns gelungen. Schade ist, dass wir keinen einstelligen Tabellenplatz erreicht haben. Sportlich haben wir uns, unabhängig von der Platzierung, verbessert.

Inwiefern?

Villis: In der Art und Weise, wie wir Fußball spielen unter Trainer Gertjan Verbeek. Wir wollen attraktiven, offensiven Fußball bieten. Trainer, Vorstand und Aufsichtsrat stimmen in ihren Vorstellungen zu 100 Prozent überein. Dieser neue Stil kommt auch bei den Fans an.

Nach der Trennung von Verbeeks Vorgänger Peter Neururer sagten Sie: „Wir treten nicht nach“. Doch der VfL hat ihm seitdem die Punktprämien nicht mehr bezahlt (s.a.: Infokasten). Der Verein lehnte einen Vergleichsvorschlag ab. Ist das nicht ein Fehler?

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Villis: Nein. Dafür gibt es Verträge. Wenn wir meinen, dass die Verträge nicht eingehalten worden sind, müssen wir dagegen angehen. Diese Vorgehensweise des Vorstandes wird vom Aufsichtsrat voll umfänglich gestützt. Wir wissen, dass das Verfahren keine positive Ausstrahlung auf den Verein hat, weil eine Öffentlichkeit erzielt wurde, die nicht von uns getrieben wird. Wir sind davon überzeugt, dass wir Recht haben. Ob wir auch Recht bekommen, wird man sehen.

Es wird definitiv zur Gerichtsverhandlung am 26. August kommen?

Villis: Ja.

Dabei spielt auch der langjährige Vereinsarzt Dr. Karl-Heinz Bauer eine Rolle. Er bestätigte Peter Neururers Version.

Villis: Dazu werde ich mich nicht äußern. Es ist ein schwebendes Verfahren. Nur eins: Wir stehen hinter unserem Vorstand.

Peter Neururer wurde in seiner Amtszeit von Ihnen, von Christian Hochstätter sinngemäß auch immer als „beste Marketing-Maßnahme“ betrachtet. Er brachte den VfL oft überregional in die Medien, ins Gespräch. Gertjan Verbeek verkörpert das Gegenteil. Hat der Verein in der öffentlichen Wahrnehnumg über die Stadt hinaus ein Defizit?

Villis: Die überregionale Wahnehmung ist das eine. Uns ist viel wichtiger, dass wir sportlich und finanziell Erfolg haben. Im übrigen sollte man nicht unterschätzen, dass der VfL Bochum sehr wohl bundesweit wahrgenommen wird. Als Verein. Und nicht als One-Man-Show. Das V im VfL steht für Verein, nicht für Verbeek.

Sie haben Wilken Engelbracht vor knapp einem Jahr als Finanzvorstand verpflichtet. Er steht bisher für einen rigiden Sparkurs und verbesserte Wirtschaftszahlen.

Villis: Deswegen haben wir ihn unter anderem geholt, damit wir mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben, mit denen wir die 1. Mannschaft stärken können. Wir haben erstmals seit langem die Lizenz ohne Bedingung erhalten. Und der Etat der Lizenzspielerabteilung steigt um 500 000 Euro auf rund 8,1 Millionen Euro an. Das sind wirtschaftlich gute Nachrichten.

Aber man zahlt auch einen Preis für Konsolidierung und Etat-Erhöhung der Profis. Die U23 ist Geschichte. Zudem hat der Verein die Frauenmannschaft aus der 2. Bundesliga abgemeldet. Verkauft der VfL gerade nicht auch ein Stück seiner Seele?

Villis: Nein. Und ich betone: Das waren alles keine Einzelentscheidungen, die aus der Hüfte geschossen worden sind. Vorstand und Aufsichtsrat haben intensiv darüber diskutiert, wir haben es uns nicht einfach gemacht. Bei den Frauen haben wir uns vom Bundesliga-Fußball trennen müssen, weil wir den Spielerinnen mit unseren begrenzten finanziellen Mitteln nicht weiterhelfen konnten. Wir haben trotz intensivster Bemühungen bei weitem nicht genug Sponsoren finden können. In der Breite werden wir aber weiterhin Frauen- und Mädchenfußball anbieten.

Wohin nun mit den ganzen jungen Spielern, die kein Auffangbecken und keine Perspektive U23 mehr haben?

Villis: Es gibt eine neue Philosophie. Da ist der Aufsichtsrat dem Vorstand und dem Trainerteam gefolgt. Die Durchlässigkeit von der U19 und U17 zur 1. Mannschaft soll erhöht werden, talentierte Jungs ab 16, 17 Jahren werden häufiger bei den Profis mittrainieren. So kann man die Jugend besser an die Profis heranführen, als wenn sie in der vierten oder sogar fünften Liga spielen. Das Trainerteam wird zudem professioneller aufgestellt, um die engere Verzahnung zwischen Jugend und Profis voranzutreiben.

Sie sprachen den erhöhten Etat an. Ist denn auch Geld für Ablösesummen übrig?

Villis: Der Vorstand hat mit vielen Spielern schon gesprochen, aber noch gibt es keine weiteren Transfers zu vermelden. Wir müssen und dürfen ruhig noch etwas Geduld haben, die Saison ist gerade erst zu Ende gegangen. Noch ist offen, ob Tobias Weis und Thomas Eisfeld bei uns bleiben. Finanziell spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel, ob Ilkay Gündogan von Borussia Dortmund zu einem anderen Verein wechselt. An der Transfersumme würden wir partizipieren.

Die Liga wird mit Paderborn, Bielefeld, Duisburg für den VfL attraktiver. Und die Saison erfolgreicher?

Villis: Wir wollen weiter oben mitspielen als in dieser Saison. Der Aufstieg bleibt unser mittelfristiges Ziel. Das ist unser Ansinnen, auch im Aufsichtsrat. Deshalb ist auch Herr Verbeek geholt worden.

INFO: DER FALL NEURURER: ES GEHT UM PRÄMIEN UND TV-TALKS

Seit der Freistellung im Dezember 2014 hat der VfL Bochum seinem noch bis Ende Juni unter Vertrag stehenden Ex-Trainer Peter Neururer keine Punktprämien mehr bezahlt. Vor dem Arbeitsgericht vergangenen Freitag lehnte der VfL ein Vergleichsangebot (10 Prozent weniger) ab. Die Streitsumme dürfte im hohen fünfstelligen Bereich liegen.

Laut Verein soll Neururer entgegen der Vereinbarung einmal zu viel am „Fantalk“ im TV teilgenommen haben, und zwar im August 2014. Neururer erklärte, dies habe ihm Vorstand Christian Hochstätter in einem Gespräch zugesichert. Vereinsarzt Dr. Karl-Heinz Bauer (Vertrag bis 2016) als Zeuge des Gespräches bestätigte Neururers Version.