Melbourne. . Sonntagnacht startet das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres. Die Australian Open sind auch das erste große Trainer-Duell der früheren Asse Boris Becker, Ivan Lendl und Stefan Edberg. Und in der ersten Runde wartet direkt ein Hingucker beim Duell von Rafael Nadal und dem Australier Bernard Tomic.

Es ist ja nicht so, dass die Rente nicht reichen würde; Ivan Lendl hat im Laufe seiner höchst erfolgreichen Karriere allein an Preisgeld mehr als 21 Millionen Dollar verdient, und dabei ist es sicher nicht geblieben. Seit seiner Rückkehr zum Tennis als Coach des Schotten Andy Murray vor zwei Jahren sprudeln offensichtlich neue Quellen, wie dieser Tage in Melbourne in den Schaufenstern der Filialen einer neuseeländischen Bank zu sehen ist. Die Bank gehört zu den Sponsoren der Australian Open, die am Montag in Melbourne beginnen, und sie wirbt mit Lendl.

Boris Becker ist in den Schaufenstern der Stadt noch nicht präsent, im Melbourne Park hingegen war er bereits vor Beginn des Turniers nicht zu übersehen. Am Freitag begleitete er Novak Djokovic zur offiziellen Auslosung, hinterher hielt er kurz Hof und gab auf Anfrage staatstragende Kommentare ab. Unter anderem diesen zum bevorstehenden Knüller in der ersten Runde zwischen Rafael Nadal und dem Australier Bernard Tomic: „Jeder weiß, dass das das aufregendste Spiel der ersten Runde ist, das wird sicher ein Match am Abend sein. Rafael wird bereit sein.“ Gut. Das wäre also geklärt.

Im Mittelpunkt des Interesses

Klar ist auch, dass Beckers Partnerschaft mit Djokovic, die zur Überraschung der weltweit verzweigten Tennisfamilie kurz vor Weihnachten verkündet worden war, Aufmerksamkeit generiert. Falls es in der Absicht des Serben gelegen haben sollte, in den Mittelpunkt des Interesses vorzudringen, also dorthin, wo Rafael Nadal, Roger Federer und auch Andy Murray im vergangenen Jahr öfter zu finden waren als er selbst, dann scheint er mit Beckers Verpflichtung auf der richtigen Spur zu sein.

Auf den ersten Blick passen die beiden ebenso gut zueinander wie Lendl und Murray oder Federer und Stefan Edberg. Der Schweizer und der Schwede in einer klassisch eleganten Kombination, Lendl und Murray als Vertreter einer schnörkellosen Partnerschaft mit geteiltem Sinn für bissige Ironie, Becker und Djokovic dagegen Träger eines Egos, das so reichlich Schatten wirft wie der Kölner Dom.

Nun ist es ja nicht so, dass früher keine ehemaligen Stars als Trainer dabei gewesen wären. Australiens Tony Roche, 68, betreute beispielsweise Lendl, später Patrick Rafter, Federer und nach einer Unterbrechung seit einiger Zeit wieder Lleyton Hewitt. Aber dass nun auf einmal so viele der Stars früherer Tage zurückgekehrt sind, darunter auch der Amerikaner Michael Chang, gibt dem Ganzen eine neue Dimension.

Aus dem Kreis der Großen widerstand nur Rafael Nadal der Versuchung, List und Tricks der alten Meister zu nutzen; er hält Onkel Toni die Treue. Der Coach des Schweizers Stan Wawrinka, Magnus Norman, früher selbst Nummer zwei der Weltrangliste, beschrieb die neue Lage neulich recht nett. Bisher hätte er sich in einem Turnier der Trainer gute Siegchancen ausrechnen können, meinte er, aber daran sei ja nun angesichts der neuen Konkurrenz nicht mehr zu denken.

Wie sich die Meister früherer Tage dabei sehen? Zur Frage, ob es seinen Appetit wecke, auf der Tribüne in gewisser Weise die Konkurrenten von einst herausfordern zu können, meinte Becker, das sei für die Medien eine größere Geschichte als für Lendl, Edberg, Chang und ihn selbst. „Wir haben gegeneinander gekämpft, als wir jung waren.“

Als die Audienz beendet war, nickte er, drehte nach links ab und machte sich auf den Weg zu seinem Arbeitgeber. Vermutlich wäre er gut beraten, nicht nur Novak Djokovic auf die ersten Spiele der Australian Open 2014 einzustellen, sondern auch sich selbst. Für die ersten Tage des Turniers werden Temperaturen hoch in den Dreißigern erwartet, und bei solchen Bedingungen brutzeln die Trainer auf der Tribüne der Rod Laver Arena. Lendl hat in den vergangenen Jahren des Öfteren bewiesen, dass er mit dem australischen Sommer umzugehen weiß; nach dem Vorbild seines einstigen Mentors Tony Roche hat er immer ein weißes Handtuch dabei, das er sich zum Schutz gegen die Sonne über den Kopf legen kann.

Eine Frage der Optik

Wenn es um die Frage der Optik geht, dann dürfte das Duo Federer/Edberg nicht zu überbieten sein. Auf dem Weg zum Melbourne Park kommt die Straßenbahn der Linie 70 an Plakaten mit Federers aktueller Champagner-Werbung vorbei. Lässig sieht er da aus, elegant, und Edberg hätte prima dazu gepasst. Aber Schluss mit den Äußerlichkeiten; am Ende wird es nur ein Bild geben, das wirklich zählt – das des Siegers. Mit Coach und Pokal.