Villapiana. Die deutsche Sporthilfe spendiert Medaillengewinnern einen Urlaub in Kalabrien. Die Sorge um Fördergelder reist mit.

Es ist dunkel geworden. Die Sonne ist längst hinter den Bergen Kalabriens verschwunden. Doch das Flutlicht taucht den umzäunten Basketballplatz in ein spektakuläres Licht. Hip-Hop-Klänge wummern aus den Boxen. Auf dem Feld geht es zur Sache. Die Zuschauer feiern. Gerade verzückt Thies Prinz mit seinen Fähigkeiten am Ball. Der 25-Jährige mit dem Stirnband unter den wilden Locken ist deutscher Nationalspieler. Und Weltmeister. Allerdings: im Hockey.

Ausflug vom Alltag

Im Januar gewann er mit dem deutschen Team überraschend die Weltmeisterschaft in Indien. Im August gelang den deutschen Basketballern der gleiche Coup – bei ihrer WM in Asien.

Während die Basketballer zurück im Alltag sind, sind viele der Hockey-Weltmeister nach Italien gereist. Sie sind der Einladung der Stiftung Deutsche Sporthilfe gefolgt. Im Club der Besten belohnt diese mit Hilfe ihrer Förderer die erfolgreichsten deutschen Sportlerinnen und Sportler des Jahres mit einer Woche Hotelurlaub. Dabei sein darf, wer bei Welt- oder Europameisterschaften eine Medaille gewonnen hat. So kommen rund 100 Athletinnen und Athleten aus Sommer- und Wintersportarten zusammen, liegen am Pool in der Sonne, nehmen an Workshops teil oder tauschen sich bei einem Getränk an der Bar aus. Um eine solche Zusammenkunft „beneidet uns der Rest der Sport-Welt“, sagt Taliso Engel, Para-Schwimmweltmeister.

Badehose statt Rennanzug

Basketballspiel unter Flutlicht: Wettkämpfe gehören dazu, wenn sich der Club der Besten versammelt.
Basketballspiel unter Flutlicht: Wettkämpfe gehören dazu, wenn sich der Club der Besten versammelt. © Michael Kuhlmann | Michael Kuhlmann

Sie sind die Besten der Besten, dennoch ist es manchmal gar nicht so leicht, sie zu erkennen. Denn statt im Rennanzug und mit Helm trifft man etwa Bob-Weltmeister Johannes Lochner und Rodel-Weltmeisterin Dajana Eitberger im Aldiana Clubhotel in Kalabrien in Badesachen und mit Sonnenbrille. Entspannt genießen sie die Auszeit im Nirgendwo von Italien, rundumversorgt auf der direkt am Meer gelegenen Hotelanlage. Doch weil Sportler eben Sportler sind, dürfen kleine Wettkämpfe nicht fehlen. So gibt es Turniere im Basket- und Beachvolleyball sowie tägliche Herausforderungen. Spielerische Wettbewerbe, bei denen mal von Booten im Pool mit Spielpistolen geschossen wird, mal auf Quads ein Parkplatzparcours passiert werden muss. Wäre Ehrgeiz ein Geruch, er würde über der Anlage liegen.

Dennoch ist die Stimmung ausgelassen, der gemeinsame Spaß steht im Fokus. „Es ist ein Highlight, seinen Erfolg mit Leuten zu feiern, die genauso euphorisch diese Liebe zu ihrem Sport teilen und die selber einen Grund zum Feiern haben“, sagt Doreen Vennekamp. Erst vor wenigen Wochen wurde die 28-Jährige mit Weltrekord Weltmeisterin mit der Sportpistole. Doch sie denkt auch an jene, die es in diesem Jahr nicht in den Club der Besten der Sporthilfe geschafft haben. Deren Leistungen zwar gut waren, aber keine Medaillen einbrachten. „Sportler wissen das: Manchmal lieferst du ein ganzes Jahr gute Leistungen, aber irgendwie kommt die Medaille nicht. Die Leute werden hier definitiv nicht vergessen.“ Exem­plarisch nennt sie die Leichtathleten, die bei der WM in Budapest erstmals überhaupt medaillenlos blieben.

Bester Laune sind unter anderem (v.l.) Bahnradweltmeisterin Pauline Grabosch, Para-Schwimmweltmeister Taliso Engel, Bob-Weltmeister Georg Fleischhauer, Judoka Maurice Nquiti und die britische Bahnradfahrerin Emma Finucane, die als Begleitung von Grabosch dabei ist.
Bester Laune sind unter anderem (v.l.) Bahnradweltmeisterin Pauline Grabosch, Para-Schwimmweltmeister Taliso Engel, Bob-Weltmeister Georg Fleischhauer, Judoka Maurice Nquiti und die britische Bahnradfahrerin Emma Finucane, die als Begleitung von Grabosch dabei ist. © Michael Kuhlmann | Michael Kuhlmann

Sorgen um die Leichtathletik

Bei aller Freude über die Siege der Anwesenden, sind auch in Kalabrien die Sorgen um den deutschen Sport spürbar. Enttäuschende Ergebnisse nicht nur in der Leichtathletik – auch im Fußball, Schwimmen, Kanu und Rudern gab es Rückschläge – haben für eine Krise gesorgt. Zusätzlich verunsichern Pläne, die Fördergelder für den Sport und seine wichtigsten wissenschaftlichen Institute – die zum Beispiel großen Anteil an der Vorherrschaft im Rodel- und Bobsport haben – zu kürzen.

Auch wenn es nach lautstarker Kritik bereits eine erste Beschwichtigung von Bundesinnenministern Nancy Faeser (SPD) gab, ist der Schreck noch da. Auch bei dem erfolgreichsten deutschen Bob-Anschieber der Geschichte, Thorsten Margis (34). Der ehemalige Zehnkämpfer sieht die Leichtathletik, die große olympische Kernsportart, als Gradmesser: „Wenn es denen nicht gut geht, geht es auch dem Rest nicht so gut“, sagt er. „Das macht mir Sorgen.“ Er hofft auf einen Weckruf, damit sich im deutschen Sportsystem grundsätzlich etwas ändert.

Sportler und Sportlerinnen wählen ihren oder ihre Beste

Doch allzu düster wird die Stimmung unter der italienischen Sonne nicht. Noch bis Samstag dauert der Club der Besten. Höhepunkt ist die Ehrung des oder der Besten 2023. Eine Wahl, bei der nur von der Sporthilfe geförderte Athletinnen und Athleten abstimmen. Nominiert sind die zweimalige Freiwasser-Weltmeisterin Leonie Beck, Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler, Darja Varfolomeev, fünffache Weltmeisterin in der Rhythmischen Sportgymnastik, sowie die Basketball- und die Hockey-Nationalmannschaft.