München. Die Leichtathletik hat derzeit Wahrnehmungsprobleme. Die European Championships bieten ihr aber eine große Chance. Ein Kommentar.

Das Olympiastadion in München bietet der Leichtathletik-Europameisterschaft derzeit eine fantastische Kulisse. Ein Ort voller Tradition für eine Sportart voller Tradition. Ausverkauft ist das Stadion aber längst nicht. Selbst für die 100-Meter-Rennen – ein Höhepunkt der Wettbewerbe – gab es am Dienstagnachmittag noch vereinzelte Tickets.

Denn wie das mit Traditionen so ist, sie müssen es mit der Moderne aufnehmen. Die Leichtathletik hat – genauso wie das Schwimmen – derzeit Wahrnehmungsprobleme. Ja, sie ist die große olympische Kernsportart. Doch in der Realität fehlt die Begeisterung – an der Basis und für den Spitzensport.

Mehr Strahlkraft als jede Einzel-EM

Die European Championships bieten der Leichtathletik daher eine famose Chance: Als Teil des Multisport-Events, gebündelt in München, können sie die Welle der Begeisterung mitreiten. Der Grund, warum momentan in der Spitze zwei Millionen Menschen den Fernseher einschalten und tausende Fans in die verschiedenen Sportstätten strömen, hat mit dem Reiz des Events zu tun. Die Vielfalt ist das Pfund. Das Ganze strahlt heller als jede Einzel-EM.

Es darf bezweifelt werden, ob es eine gute Idee ist, dass der Europäische Leichtathletik-Verband – wie jetzt schon die Schwimmer – 2024 wieder den EM-Alleingang starten will. Einzig auf seine Tradition kann sich die Sportart nicht mehr verlassen. Vielmehr erscheint es derzeit so, als bräuchte die Leichtathletik ein Konzept wie die European Championships mehr als andersrum. Das nicht zu erkennen, zeigt einmal mehr, dass die Leichtathletik mehr als nur ein Wahrnehmungsproblem hat.