Essen. Gabriela Sabatani war eine auffällige Persönlichkeit im Tennis-Zirkus– und dennoch kein Show-Typ. Heute wird die Argentinierin 50 Jahre alt.

Es war Ende der Achtziger Jahre, als die internationale Tennisszene einer Argentinierin den roten Teppich ausrollte und ihn nur zu gern zum Laufsteg umfunktioniert hätte. Aber es war noch nicht die Zeit der Glamourgirls a là Scharapowa oder Kurnikowa. Gabriela Beatriz Sabatini war eine hübsche Tennisspielerin, zugegeben, aber sie eignete sich nicht fürs Showbusiness, sie war der eher schüchterne Gegenentwurf. An diesem Samstag wird die Argentinierin 50 Jahre alt.

Scheues Lächeln im Aufzug

Vor 30 Jahren waren die Voraussetzungen für Reporter andere. Presse und Spielerinnen wohnten damals 1990 in Berlin noch im selben Hotel. Eines Morgens auf dem Weg zum Frühstück öffnete sich im Interconti der ansonsten menschenleere Fahrstuhl, herein kam Sabatini – ohne Begleitung. Scheues Lächeln, die Fahrt wurde ohne ein Wort fortgesetzt. Die Frage nach Bodyguards erübrigte sich beim Anblick der athletischen Figur und auffallend breiten Schultern. Ein Gespräch mit ihr brachte man in dieser Situation allerdings nicht zustande.

Kurze Haare, raue Stimme

Die Werbebranche stürzte sich damals in der Ära nach den Ewigduellen von Martina Navratilova mit Chris Evert auf dieses junge unverbrauchte Gesicht, auch wenn die Argentinierin nicht alle Erwartungen erfüllen konnte. Ihre raue Stimme und die eher maskulinen Bewegungen, dazu die lange Zeit sportliche Kurzhaarfrisur, irritierten doch einige. Aber ihre Duelle mit ihrer späteren Freundin und Doppelpartnerin Steffi Graf waren von Rasse und Klasse geprägt. Wenn die 1,75 Meter große Südamerikanerin mit einer formidablen überrissenen Rückhand mit wehendem Rock vor ans Netz stürmte, den Punkt machte, die Faust ballte, ein „vamos“ hinterher schickte und es aus den dunklen Augen blitzte - das hatte was, mamma mia.

Steffi Graf (l.) und Gabriela Sabatini bei einem gemeinsamen Doppel bei den French Open in in Paris.
Steffi Graf (l.) und Gabriela Sabatini bei einem gemeinsamen Doppel bei den French Open in in Paris. © Getty Images

Aber aus der Tatsache, dass beide Rivalinnen zusammen ein Doppel bildeten (in der heutigen Zeit undenkbar) und nach persönlichen Duellen (29-mal siegte Graf, elfmal Sabatini) sich mit Küsschen rechts, Küsschen links verabschiedeten, konnte man auch das größte Defizit der Argentinierin ableiten: In den entscheidenden Phasen fehlte Sabatini oft der Biss für die ganz großen Erfolge, war die Deutsche doch flinker auf den Beinen und meist nervenstärker. Viel später offenbarte die Argentinierin in einem Interview: „Die Angst, als Turniersiegerin öffentlich reden und vor die Presse treten zu müssen, hat mich gelähmt, mein Kopf war völlig zu.“

Ihren einzigen Grand-Slam-Erfolg feierte Gabriela Sabatini 1990 bei den US Open, ausgerechnet gegen Steffi Graf. Ihr glatter 6:2, 7:6-Erfolg im Finale war natürlich ihr Karriere-Höhepunkt. Zwei Jahre zuvor hatte sie dort im Finale gegen die Deutsche verloren.

Denkwürdiges Duell in Wimbledon

Bei den Grand Slams erreichte sie nur noch in Wimbledon einmal das Finale, hier war ihr 1991 ebenfalls Steffi Graf für den ganz großen Triumph im Weg. In einem denkwürdigen Spiel siegte die Deutsche mit 8:6 im dritten Satz, Sabatini erreichte damals mit der Nummer drei ihre höchste Platzierung in der Weltrangliste. Hinzu kamen noch zwei Titel bei den WTA-Championships als herausragende Erfolge.

Nach einer langwierigen Bauchmuskelverletzung beendete sie bereits im Oktober 1996 ihre skandalfreie Karriere – mit nur 26 Jahren, sinnigerweise als Nummer 26 der Welt. Doch bei insgesamt neun Millionen Dollar Preisgeld und weiteren 40 Millionen Dollar Werbeeinnahmen war die Argentinierin längst aus dem Gröbsten raus.

Radfahren und Reisen

Gabriela Sabatini
Gabriela Sabatini © dpA

Fortan verschwand die immer schon eher introvertierte Schönheit aus dem Tenniszirkus, ab und an tauchten Bilder auf, die bewiesen, dass ihr das zunehmende Alter und das nun längere Haupthaar keineswegs schadeten. 2015 siedelte sie ins schweizerische Pfäffikon um, am Ufer des Zürichsees. Aber nicht in eine Villa, sondern in die oberste Etage eines Hochhauses. Von dort aus frönt sie ihren Hobbys: Radfahren und viel auf Reisen gehen. Im vergangenen Jahr tauchte sie noch einmal bei den French Open in Paris auf, dort bekam sie den Philipp-Chatrier-Award verliehen, für ihre sportliche Lebensleistung.

Ihren vielen (männlichen) Fans ist sie zumindest im Flacon erhalten geblieben. Seit 30 Jahren vertreibt Sabatini ihre Parfumlinie. Man hat die Wahl zwischen „Temperamento“, „Wild Wind for Men“ oder „Miss Gabriela Night“. Man könnte aber auch sagen: Gabriela Sabatini ist nach ihrem Karriere-Ende aus der Tenniswelt verduftet.