Essen. Die Veranstalter halten eisern am Oktober-Termin für das Rennen auf Hawaii fest. Verlierer könnten am Ende die vielen Amateur-Triathleten sein.

Jan Frodeno hat am vergangenen Wochenende für Aufmerksamkeit gesorgt. In seinem Anwesen in Spanien hat der deutsche Triathlon-Star seinen Ironman daheim im Pool, auf der Radrolle und dem Laufband absolviert. Doch schon unmittelbar nach den rund achteinhalb Stunden Höchstleistung war für den 38-Jährigen klar: Das bleibt vorerst eine einmalige Sache.

Mit einem echten Ironman, der im freien Gewässer, auf der Rad- und der Laufstrecke absolviert werden muss, ist das nicht zu vergleichen. Der Kick fehlt. Doch für den von Frodeno geliebten Ironman könnte 2020 ein Schicksalsjahr werden. So sieht das auch Jan Sibbersen. Der 44-Jährige ist ehemaliger Triathlonprofi und Unternehmer. Er kennt die Szene der zur Selbstpein neigenden Ausdauerkämpfer nur zu gut. Mit seiner Firma ist er Teil des inzwischen riesigen Triathlon-Marktes, dessen Branchenführer Ironman ist.

Ironman - die Triathlon-Tradition ist in Gefahr

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Ironman ist mehr als ein Rennen, es ist ein Unternehmen. Ein Unternehmen, das eine ganze Rennserie veranstaltet. In über 150 Ironman-Rennen in über 50 Ländern der ganzen Welt kämpfen Profis, aber auch unzählige Amateure darum, sich den Traum vom Heiligen Gral zu erfüllen und sich für einen Start bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii zu qualifizieren.

Doch nun hat die Corona-Krise auch die Triathlon-Welt gestoppt. Es droht der Wegfall einer großen Tradition. Denn auch rund um die WM, an deren Start am 10. Oktober Veranstalter Ironman eisern festhält, stellen sich elementare Fragen. Können die Stars der Szene dort überhaupt gegeneinander antreten? Wird der Wettkampf auch für Amateure freigegeben? Und für den Fall, dass die WM stattfindet: Wie sollen sich die Athleten dafür qualifizieren?

30.000 Menschen während einer Infektionswelle

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Wie es auch kommt: Der Höhepunkt der Saison droht in diesem Jahr viel von seiner Magie zu verlieren. Jan Sibbersen, auch Manager des zweimaligen Hawaii-Champions Patrick Lange, fragt im Gespräch mit dieser Redaktion rhetorisch: „Würden Sie als Gouverneur der hawaiianischen Inseln 30.000 Menschen aus aller Welt zu sich einladen, wenn die Gefahr einer erneuten Infektionswelle noch nicht vollständig gebannt wäre?“ Patrick Lange gab sich gegenüber der ARD-Sportschau pragmatisch: Ein Rennen mit 60 bis 70 Profi-Startern würde „deutlich weniger Infektionsrisiko mit sich bringen, als wenn man 2.500 Leute an den Start stellt“. Sprich: Das Rennen solle dann ohne Amateure stattfinden.

Trotzdem bleibt ein anderes Problem: Damit Lange ebenso wie Weltmeister Frodeno und der WM-Dritte Sebastian Kienle sich für die Teilnahme auf Big Island qualifizieren, müssen sie in diesem Jahr zumindest ein Ironman-Rennen über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen hinter sich bringen. Die Möglichkeiten aber werden weniger. Lange-Manager Sibbersen wagt eine düstere Prognose: „Ich kann mir aktuell nicht vorstellen, dass es in diesem Jahr noch Großveranstaltungen geben wird.“

Amateure haben Tausende Euros investiert

Wie in nahezu allen Sportarten hängt an der Durchführung der Events auch ein großer Wirtschaftszweig. Die Industrie rund um den Ausdauer-Dreikampf, so Sibbersen, wird auf drei bis vier Milliarden US-Dollar geschätzt. Größter Faktor sind die Amateursportler, für die Triathlon einen besonderen Reiz hat. Denn ganz gleich, bei welchem Rennen sie starten: Sie sind zur gleichen Zeit auf dem gleichen Kurs unterwegs wie die Idole der Szene. Diese Nähe zwischen Berufs- und Hobbysportlern ist ein wesentlicher Faktoren, der die Beliebtheit des Sports hat steigen lassen.

Somit wird es eine schicksalsträchtige Entscheidung, sollte Ironman den Wettkampf auf Hawaii, für dessen Qualifikation, Anreise und Vorbereitung Amateursportler jeweils mehrere tausend Euro investieren, ohne das breite Altersklassen-Starterfeld ausrichten. Sibbersen: „Ironman wandert gerade auf dem schmalen Grat, einerseits das Unternehmen sicher durch die Krise bringen zu müssen, anderseits die Kunden nicht zu verprellen.“