Essen. Trabrennfahrer Heinz Wewering wird heute 70 Jahre alt. Der Mann mit dem Goldhelm ist der erfolgreichste deutsche Sulky-Fahrer der Geschichte.

Die Ansage des Vaters vor 56 Jahren war klar: „Mach, wenn du es nicht lassen kannst, aber mach es richtig“, habe er ihm gesagt, erzählt Heinz Wewering. Er war damals 14 Jahre alt und ließ sich das nicht zweimal sagen. Er machte. Und er macht es bis heute richtig: 16.921 Siege als Trabrennfahrer hat er bereits gesammelt. Sein jüngster Triumph ist erst gut zwei Wochen alt. 17.000 Siege sollen es werden. Mindestens.

Heute wird Heinz Wewering 70 Jahre alt. „Es geht mir gut, ich fühle mich fit, ich bin jeden Tag in Bewegung“, sagt der erfolgreichste deutsche Sulky-Fahrer der Geschichte. Kommt er nach seinem Vater, bleibt noch viel Zeit für weitere Siege. Denn Wewering Senior ist 98 Jahre alt. Er verfolgt die unglaubliche Karriere seines Sohnes bis heute.

1964 verließ Heinz Wewering die Schule, um eine Ausbildung zum Profi-Trabrennfahrer zu beginnen. „Das ist doch kein Beruf“, habe sein Vater, selbst als Beamter bei der Bahn in Münster tätig, zunächst moniert. Doch der Sohn setzte sich Dank des Zuspruchs seiner Mutter und seines Onkels Theo Grieper durch. Auf Galopp-Trainer Grieper hörte der junge Wewering. Denn eigentlich wollte er Jockey werden. Doch der Onkel ahnte, dass der Neffe zu groß und zu schwer werden würde. Er wollte ihm die zermürbenden, am eigenen Leib erfahrenen Hungerkuren ersparen, um das Jockey-Idealgewicht von 50 bis 54 Kilogramm zu halten. Deshalb riet er zu einer Karriere als Sulky-Pilot. Wewering wurde 1,80 Meter groß, wog zu seinen besten Zeiten 70 bis 78 Kilogramm – und entwickelte ein Gespür wie kein anderer für die Pferde vor seinem Wagen.

Heinz Wewering: „Ich habe kein Geheimnis“

1977 gewann er zum ersten Mal den goldenen Helm des deutschen Champions. Diesen Titel verteidigte er 28 Mal in Folge und eroberte damit den ewigen Spitznamen „Goldhelm“. 1993 und 1997 wurde Wewering Weltmeister, vier Mal gewann er den EM-Titel, lange Jahre war er nach der Anzahl seiner Siege der erfolgreichste Sulky-Sportler der Welt. Erst 2014 wurde Wewering von dem Amerikaner Dave Palone überholt.

Für „Sechzehntausendneunhundertwasweißich Siege“, wie Wewering selbst sagt (das exakte Zählen überlässt er anderen) muss es ein Geheimnis geben. Danach wird Wewering immer wieder gefragt. Und immer wieder hat er keine Antwort. „Ich habe kein Geheimnis“, sagt er. Eine Begabung, Ehrgeiz – das ja. Und: „Hinter jedem Erfolg steht sehr viel Arbeit. Man darf nicht gleichgültig mit Erfolg umgehen.“ Vielleicht also doch ein kleines Geheimnis.

Wewering war auch als Trainer überaus erfolgreich, im Castrop-Rauxeler Ortsteil Bladenhorst hatte er zeitweise mehr als 200 Pferde im Stall. Doch die Hoch-Zeiten, die der Trabrennsport in den 80er-Jahren erlebte, hielten nicht an. Auf den Trabrennbahnen in NRW fanden einst an jedem Tag in der Woche Rennen statt. Heute ist die Bahn in Recklinghausen geschlossen, die in Dinslaken wird geschlossen, Mönchengladbach steht auf der Kippe – bleibt noch Gelsenkirchen. Wewering verschlug es zwischenzeitlich nach Italien, doch er kehrte als Privattrainer zurück nach Deutschland.

Wewering-Sohn entschied sich für Karriere als Banker

Zweimal war Wewering verheiratet, er hat einen Sohn und eine Tochter, lebt mit seiner Lebensgefährtin in Recklinghausen. Der Sohn schaffte 1999 einen Sieg im deutschen Traber-Derby, bevor er sich doch lieber einer Karriere als Banker widmete. Die Tochter ist bis heute als Amateur-Fahrerin aktiv. Wewering pendelt zwischen Recklinghausen, Berlin und Hamburg, er springt ein, wenn Freunde ihn brauchen, fährt Rennen, wenn es sich ergibt, und freut sich, dass er 70 Jahre alt wird.

Er sagt: „Viele werden keine 70, deshalb genieße ich jeden Tag, an dem ich gesund bin.“ Eine Feier hat er nicht geplant, wo er sein würde an seinem Geburtstag, das wusste er noch nicht so genau. Nur so viel stand fest: Er wird dieser Tage die großen Rennen des Wintermeetings von Paris-Vincennes verfolgen. Heinz Wewering ist eben durch und durch Trabrennfahrer. So richtig.