Wien. Handball-Nationalmannschaft gibt bei der EM Sieg gegen Kroatien aus der Hand und ist damit so gut wie aus dem Turnier ausgeschieden.
Es war das Schlüsselspiel dieser Hauptrunde, und entsprechend groß fiel die Enttäuschung der deutschen Handballer in der Wiener Stadthalle aus. Sie blickten einander enttäuscht an, senkten die Köpfe, klatschten dann enttäuscht und halbherzig Richtung der deutschen Fans auf den Tribünen. Sie hatten eine großartige Leistung gezeigt, die am Ende aber nicht reichte. Durch die 24:25 (14:11)-Niederlage gegen Kroatien ist der Traum vom Halbfinaleinzug so gut wie beendet.
Jetzt ist nur noch das Spiel um Platz fünf drin
Selbst mit einem Sieg hätte das Team von Bundestrainer Christian Prokop das Weiterkommen in den noch folgenden Spielen gegen Österreich (ARD) am Montag und Tschechien am Mittwoch (ZDF/beide 20.30 Uhr) nicht mehr in der eigenen Hand gehabt, hätte auf einen Punktverlust der Kroaten gegen Tschechien und Spanien hoffen müssen. Spanien war im Kampf um einen der beiden Gruppen-Halbfinalplätze schon nicht mehr einholbar. Doch all diese Rechenspiele waren am Samstagabend ohnehin Nichtig. Jetzt kann Deutschland nur noch auf den Weiterflug nach Stockholm/Schweden hoffen, um dort um Platz fünf zu spielen.
Rückraumspieler Paul Drux fasste das Spiel enttäuscht so zusammen: "Wir hatten das Spiel in Griff und haben gut gespielt. Und hätten das eigentlich nach Hause nehmen können." Bundestrainer Christian Prokop zeigte sich ebenfalls enttäuscht. "Das ist total bitter." Zur Spielanalyse sagte er: "Wir hatten nicht das Wurfglück. Und dann haben wir zu viele Fehler gemacht. Die Kroaten haben zudem sehr clever agiert, da waren Show-Einlagen dabei. Deshalb hatten wir deutlich mehr Unterzahlsituatonen in der zweiten Halbzeit." Kapitän Uwe Gensheimer: sagte sah es ähnlich wie sein Trainer: "Wir haben einen Riesenkampf auf die Platte gelegt, Alles gegeben, was wir hatten. Wir haben in der zweiten Halbzeit zu viele kleine Fehler gemacht."
„Das wird eine intensive und heiße Partie“, hatte Prokop vor dem Anwurf prophezeit. Und er sollte Recht behalten. Der Großteil der 9500 Zuschauer waren kroatische Fans, die ihr Team frenetisch anfeuerten und das deutsche Team mit Pfeifkonzerten unter Druck setzten. Dafür hatten die immerhin den Segen der Bundeskanzlerin, die in ihrer wöchentlichen Videobotschaft angekündigt hatte, dem Team „in ganz besonderer Weise die Daumen“ zu drücken.
Das deutsche Team startet diszpliniert
Es schien zu helfen: Das deutsche Team begann diszipliniert und ließ sich auch vom Rückstand nicht aus der Ruhe bringen. Zum 1:1 glich Timo Kastening aus – wer auch sonst. Beim 31:23-Sieg über Weißrussland zwei Tage zuvor war der 24-jährige Rechtsaußen der beste Spieler gewesen. Nun, 48 Stunden später, sollte Kastening erneut immer wieder Impulse durch schnelle Tore geben, sollten er und seine Mitspieler durch mannschaftliche Geschlossenheit glänzen. Auf dem Weg zur Halle hatte Kreisläufer Johannes Golla zuvor über starke Übelkeit geklagt, er wurde zurück ins Hotel gebracht.
Wolff pariert in der ersten Halbzeit drei Siebenmeter
Sicher hätte ein Abwehrriese wie Golla dem deutschen Team gut getan, doch die Mannschaft in den schwarzen Trikots fand auch so überraschend gut in die Partie, erspielte sich Torchance um Torchance. Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler lieferten sich in der Abwehr harte Kämpfe mit Kroatiens Kreisläufer Marino Maric, Andreas Wolff parierte in der zwölften Minute seinen ersten Siebenmeter, dem in den Folgeminuten bis zur Pause noch zwei weitere folgen sollten. Wolff stand dann da, den Mund weit aufgerissen, die Arme in die Höhe gestreckt. Gesten, die auch Wiencek und Pekeler nach gewonnen Abwehrkämpfen zeigten, die Kai Häfner, Paul Drux, Philipp Weber und Kastening nach Torerfolgen zeigten.
Ebenso Uwe Gensheimer. In der 18. Minute erzielte der deutsche Kapitän auf Linksaußen drei Treffer in Folge. Zu diesem Zeitpunkt stand es 8:5, Gensheimers Team zermürbte die Kroaten um den früheren Welthandballer Domagoj Duvnjak zusehends, fand immer wieder Lücken in der 5.1-Abwehr des Gegners. Selbst die zahlreichen Zwei-Minuten-Strafen – sechs waren es in der ersten Halbzeit – ließen die Kroaten nicht zur großen Aufholjagd blasen. Mit 14:11 ging es in die Halbzeitpause . Es war ein starker Auftritt, ein disziplinierter, ein leidenschaftlicher.
Das sollte er auch im zweiten Abschnitt bleiben. In der 39. Minute traf Kastening zum 18:14, es war sein vierter Treffer. Natürlich blieb es eng, Kroatien gab sich noch lange nicht geschlagen und verkürzte in der 40. Minute auf 16:18. Es blieb lange bei der Zwei-Tore-Differenz, bis Kroatiens Luka Stepancic auf 20:21 verkürzte (47.).
Eine zermürbende Schlussphase für die Fans
Dann die entscheidende Phase: Minuten, in denen beide Mannschaften sich egalisierten, Fehler begingen. Erst der Ausgleich durch David Mandic (22:22/47.), dann Fehlpässe des deutschen Teams, großartige Paraden von Torhüter Wolff. In der 53. Minute fiel erst der nächste Treffer zum 23:22, ein Siebenmeter durch Tobias Reichmann. Bis zum Schluss waren es zermürbende Minuten für die deutschen Fans in der Wiener Stadthalle, Duvnjak glich zum 24:24 aus (58.), Julius Kühn hämmerte den Ball im Gegenzug übers kroatische Tor. Pekeler kassierte eine Zwei-Minuten-Strafe (59.), Igor Karacic traf zum 25:24 für Kroatien – es war die Vorentscheidung.