Hamburg/Madrid. Der Warsteiner ist am Mittwoch gegen Argentinien die Nummer eins. Er steht dem umgebauten Wettbewerb weniger skeptisch gegenüber als Zverev.

Die Entspannung, sagt Jan-Lennard Struff, habe ihm gut getan, auch wenn sie kurz war. Eine Woche lang hatte Deutschlands zweitbester Tennisprofi nach seinem Achtelfinal-Aus beim Mastersturnier in Paris Ende Oktober wenig trainiert, sich stattdessen Zeit genommen für Freundin Madeleine und den sieben Monate jungen gemeinsamen Sohn, die während der laufenden Saison viel zu selten zu ihrem Recht kommen. Und er glaubt, dass er deshalb in dieser Woche ausgeruht antreten kann, um der besten Spielzeit seiner Karriere den krönenden Abschluss anzufügen.

Der 29 Jahre alte Warsteiner führt in Abwesenheit des Weltranglistensiebten Alexander Zverev (22/Hamburg), der Showkämpfe mit Superstar Roger Federer (38/Schweiz) in Südamerika vorzieht, das deutsche Daviscup-Team für die Endrunde in Spaniens Hauptstadt Madrid an, die am Montag begann. Eine Aufgabe, die ihn stolz macht, aber nicht mit erdrückender Ehrfurcht erfüllt. „Als Nummer eins anzutreten freut mich, aber es hätte mich noch mehr gefreut, wenn Alexander dabei wäre“, sagt er. „Generell ist bei mir die Anspannung und Motivation riesig, wenn ich für Deutschland spielen darf, egal, ob als Nummer eins oder Nummer zwei.“

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18 Teams in sechs Dreiergruppen

Viel diskutiert wurde in den zurückliegenden Monaten über die Änderung des Daviscup-Formates. Die neu geschaffene Endrunde an einem festen Austragungsort mit 18 Teams in sechs Dreiergruppen, aus denen die Gruppensieger und die beiden besten Gruppenzweiten das Viertelfinale erreichen, hat zu dieser Saison das alte System mit Viertel-, Halbfinal- und Finalpaarungen an unterschiedlichen Orten über das Jahr verteilt abgelöst. Und während die Traditionalisten, unter ihnen Zverev, die von der Investorengruppe Kosmos um den spanischen Fußball-Nationalspieler Gerard Piqué (32/FC Barcelona) initiierte Reform ablehnen, zählt Struff zur Gruppe derjenigen, die ihr eine faire Chance geben wollen. „Ich habe das alte Format geliebt, bin aber trotzdem gespannt darauf, wie sich die Änderungen auswirken. Ich gehe da ganz offen und unvorbelastet ran, weil ich denke, dass ein solches Event das verdient hat“, sagt er.

Auch Kohlschreiber dabei

In der Gruppe C warten in Argentinien und Chile, die sich zum Auftakt an diesem Dienstag gegenüberstehen, zwei harte Brocken auf die Auswahl von Bundestrainer Michael Kohlmann (45), der für das Einzel hinter Struff den Augsburger Philipp Kohlschreiber (36/Nr. 79) und Debütant Dominik Köpfer (25/Nr. 85) aus Furtwangen nominiert hat. Argentinien, am Mittwoch (11 Uhr) erster deutscher Kontrahent, hat mit Diego Schwartzman (27/Nr. 14) ebenso einen Topspieler, der im weltweiten Ranking besser als Struff (Nr. 36) platziert ist, wie Chile (Donnerstag, 11 Uhr) mit Cristian Garin (23/Nr. 34). „Dennoch ist es unser Ziel, als Gruppensieger ins Viertelfinale einzuziehen“, sagt Struff.

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Diesmal keine Doppelbelastung

Dass er in Madrid nicht die Doppelbelastung aus Einzel und Doppel verkraften muss, damit hat sich der 196 Zentimeter lange Aufschlagriese arrangiert. Zwar schmerzt es ihn einerseits, dass Tim Pütz (31/Frankfurt am Main), an dessen Seite er bislang all seine Daviscup-Doppel gewinnen konnte, nicht zum Aufgebot zählt. Die stattdessen nominierten French-Open-Sieger Kevin Krawietz (27/Coburg) und Andreas Mies (29/Köln) „haben sich ihre Nominierung aber absolut verdient. Außerdem wäre es mit dem neuen Spielsystem mit zwei Einzeln und einem Doppel am selben Tag sehr hart für mich geworden, das über fünf Tage durchzuziehen“.

Fünf Tage? Da spricht der Optimist, denn das würde bedeuten, dass Deutschland bis zum Finale im Rennen bleibt. Jan-Lennard Struff ist jedenfalls bereit, alles dafür zu geben. Schließlich warten nach der Endrunde elf Tage Urlaub, um endlich einmal richtig entspannen zu können.