Berlin. Konstanze Klosterhalfen flog unwiderstehlich zum nächsten deutschen Rekord. Über 5000 Meter lieferte sie bei den Finals in Berlin ein Spektakel.

Konstanze Klosterhalfen konnte gar nicht mehr aufhören zu rennen. Und zu lachen. Gerade war sie in 14:26,76 Minuten im Berliner Olympiastadion Deutsche Meisterin über 5000 Meter geworden. Und zwar nicht irgendwie, sondern in einer Zeit von 14:26,76 Minuten. Damit verbesserte die 22-Jährige die 20 Jahre alte Bestmarke – beim Istaf in Berlin von Irina Mikitenko aufgestellt – um rund 16 Sekunden. Erst Anfang Juli hatte die Athletin von Bayer Leverkusen den deutschen Rekord über 3000 Meter auf 8:20,07 Minuten verbessert.

Die mit 15:19,42 Minuten zweitplatzierte – und damit immer noch WM-Norm erfüllende – Alina Reh (SSV Ulm) blieb nach erster Frustration über enttäuschte eigene Erwartungen die etwas überspitzte Erkenntnis: „Konstanze war heute Weltklasse, ich Regionalliga.“

Weltklasse-Leistung lässt Konkurrenz staunen

Für Konstanze Klosterhalfen war ihr Triumph kein Grund, um stehen zu bleiben. Kurz pustete sie durch, dann winkte sie freudestrahlend ins Publikum. Die 26.200 Zuschauer hatten die zierliche Frau mit der dicken Haarmähne über die blaue Tartanbahn zur neuen Bestzeit geklatscht, geschrien, gejubelt. Nun bedankte sich die Rekordläuferin mit einer flotten Ehrenrunde – da waren ihre um Längen deklassierten Kolleginnen noch gar nicht alle im Ziel.

Woher sie die Kraft, die Luft nahm? Schwer zu sagen, wahrscheinlich war es das Adrenalin. „Ich bin hergekommen und wollte einfach schnell laufen. Mit diesem Publikum im Rücken war das unglaublich. Ich bin super happy, dass das heute geklappt hat“, schrie sie aufgeregt in das Stadionmikrophon, ihre zarte Stimme vor Aufregung ganz piepsig. Dann schob sie noch hinterher: „Liebe Grüße auch an das Team in Amerika.“

Klosterhalfen trainiert seit April im Nike Oregon Project in den USA. Sie ist dort umgeben von den besten Athleten der Welt, hat die besten Trainer und „atemberaubende“ Trainingsbedingungen. Doch sie muss auch mit dem schwierigen Ruf des umstrittenen Projektes leben, der sich hauptsächlich an der Person von Headcoach Alberto Salazar festmachen lässt. Einige seiner Athleten waren in der Vergangenheit wegen Dopings auffällig geworden.

Doch bis Konstanze Klosterhalfen, deren bisherige Bestzeit bei 14:51,38 Minuten gelegen hatte, ihren Leistungssprung von rund 25 Sekunden erklären konnte, dauerte es am Samstag noch eine Weile.

Denn Klosterhalfen hörte auch weit nach ihrem Sieg nicht auf zu rennen: Erst zu den TV-Kameras, dann zur Siegerehrung, dann endlich in die Mixed Zone, den Bereich im Stadion, in dem Journalisten den Sportlern begegnen.

Dort stellte sich Klosterhalfen freudestrahlend, freundlich und mit wachem Blick den Journalisten – und dass, obwohl sie erst am Mittwoch aus den USA angereist war. Mit dem Ziel? Schnell laufen.

Konstanze Klosterhalfen: Schritt in die USA hat geholfen

Die Minuten ihres Sieges beschrieb sie so, immer noch überwältigt: „Das Publikum hat mich echt getragen. Die letzten zwei Runden gingen aber schon ziemlich in die Beine, weil ich auch die Rundenzeit gar nicht mehr gehört habe und nicht wusste, ob ich in der Zeit bin oder nicht. Aber dann dachte ich: Nur noch laufen und alles geben. Dann hat im Ziel auf jeden Fall die Euphorie überwogen.“ Sie lacht viel, freut sich sichtlich über ihren Erfolg.

Doch wie ist der Leistungssprung denn nun zu erklären? „Ich trainiere auf viel höherem Niveau, da hat der Schritt in die USA geholfen. Es ist intensiver, die Struktur ist klüger. Die Mischung macht es einfach.“

Zur Kritik an dem Projekt hält sich Klosterhalfen an diesem Abend jedoch zurück. „Ich kann verstehen, wie Journalisten sich dazu äußern. Sie kennen ja auch nur die negativen Schlagzeilen und wissen nicht, wie es da abgeht. Jeder, der sich da ein negatives Bild macht, soll gerne vorbeikommen und sich das angucken, ich kann nur Positives berichten“, erklärt sie. Sie sei „jeden Tag dankbar“ für die Chance in Oregon zu trainieren.

Vorbereitung auf WM in Doha

Deshalb ging es auch direkt am Sonntag zurück in die Staaten. Die Vorbereitung für die WM in Doha steht an. „Ich habe mich noch nicht entschieden, welche Strecke ich da laufen werden“, sagt Klosterhalfen. „Aber ich will ins Finale.“ Und da? Na, klar: schnell laufen.

Dass es nicht immer reicht, einfach nur schnell zu laufen, musste Gina Lückenkemper aus Soest erkennen. Die Sprinterin vom SCC Berlin landete in einem stark besetzten Finale über 100 Meter auf Rang zwei (11.20). Hinter Tatjana Pinto (Paderborn), die mit 11,09 Sekunden neue deutsche Saisonbestzeit lief und vor Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo (11,21). Für Lückenkemper völlig in Ordnung. „Tatjana war heute brettstark. Aber ich muss erst in zwei Monaten liefern“, sagte die EM-Zweite von Berlin mit einem nicht ganz gleichgültigen Blick auf die WM.