Rennes. Im WM-Viertelfinale treffen die DFB-Frauen am Samstag auf Schweden. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg rechnet mit einem engen Duell.
Im weißen T-Shirt und Trainingshose schlenderte Martina Voss-Tecklenburg durch das Teamhotel. Freizeitlook, die Bundestrainerin hatte den deutschen Fußballerinnen am Dienstag einen freien Tag gegönnt. Noch einmal den Kopf freikriegen, durchatmen, Kräfte sammeln, bevor die Vorbereitung auf das Viertelfinale dieser WM in Frankreich beginnt. Oder, wie Voss-Tecklenburg anregte: „Um den Kulturbeutel aufzufüllen mit Dingen, die man einkaufen muss, wenn man drei Wochen unterwegs ist.“ Schweden wird am Samstag der Gegner in Rennes sein (18.30 Uhr/ARD/DAZN). Zeit für die Bundestrainerin, die ersten Wochen Revue passieren zu lassen. Und nach vorne zu blicken.
Die bisherige Weg
Sie sind quer durch Frankreich gereist. Vier Spiele in vier Stadien, verteilt auf Städte im ganzen Land. Tausende Kilometer mit dem Zug und dem Flugzeug hat das deutsche Team abgerissen, neun Tore erzielt, keinen Gegentreffer kassiert: „Das macht mich wirklich stolz, dass wir hinten die Null stehen haben“, sagte Martina Voss-Tecklenburg. „Wir haben nur wenige klare Torchancen der Gegner zugelassen, und wenn, dann resultierten diese aus eigenen Fehlern“, meinte die 51-Jährige. „Was bei den Gegnern aber nicht anders ist.“ Am Mittwoch wird ihr Team wieder ins Training einsteigen. Und auch an der Beseitigung der Fehler arbeiten, die in der Vorrunde gegen China, Spanien, Südafrika und im Achtelfinale gegen Nigeria gemacht wurden. Voss-Tecklenburg: „Wir haben es oft geschafft, uns mit sieben bis acht Pässen vors gegnerische Tor zu arbeiten. Uns fehlt aber noch die Coolness im Abschluss. Das ist auch eine Sache der Erfahrung.“
Die Entwicklung
Erfahrung ist das Stichwort. Die deutsche Mannschaft ist die vom Durchschnittsalter her die jüngste des Turniers, nur acht Spielerinnen waren überhaupt schon einmal bei einer WM dabei. „Wir sind in einem Prozess“, sagte die Bundestrainerin deshalb. Einer, der noch komplizierter wurde, als Spielmacherin Dzsenifer Marozsan sich im ersten Spiel den Zeh brach. „Dadurch ist die Mannschaft noch schneller zusammengewachsen. Wir wollten auch lange im Turnier bleiben, damit sie wieder mitspielen kann. Das zeigt den Charakter dieses Teams“, sagte Voss-Tecklenburg. Tatsächlich kann festgehalten werden: Almuth Schult strahlt Souveränität im Tor aus, die Abwehr um Marina Hegering und Sara Doorsoun steht von Spiel zu Spiel sicherer, die Offensive ist bei Standardsituationen brandgefährlich und Stürmerin Alexandra Popp hat mit ihren Treffern in den beiden jüngsten Partien Selbstvertrauen getankt. Die Entwicklung ist positiv. Voss-Tecklenburg: „Das haben wir als Team geschafft.“
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Die Liste der Verletzten
Torhüterin Almuth Schult blieb dem Training am Montag mit einer leichten Erkältung fern, ist aber wieder auf dem Weg der Besserung. Dzsenifer Marozsan hätte notfalls schon im Achtelfinale eingegriffen, wird nun aber wohl erstmals in der Runde der letzten Acht wieder spielen. „Wir beobachten, wie der Zeh reagiert“, sagte Voss-Tecklenburg. „Er ist gebrochen und bleibt gebrochen, aber Dzsenifer trainiert gut. Ich bin zuversichtlich.“
Der Gegner im Viertelfinale
Schweden hatte sich am Montag mit 1:0 gegen Kanada durchgesetzt und wird nun am Samstag auf Deutschland treffen. Das gemeinsame Testspiel im April hatte Deutschland 2:1 gewonnen. „Das spielt keine Rolle mehr, eine WM-Partie ist etwas anderes als ein Testspiel“, sagte Voss-Tecklenburg. Schweden ist ein Dauerrivale: Bis auf die WM 2011 haben sich die Wege bei allen großen Turnieren der vergangenen Jahre gekreuzt, seit 1995 ging das deutsche Team stets als Sieger hervor, zuletzt im Olympiafinale 2016. „Das wird ein Spiel auf Augenhöhe“, blickte die Bundestrainerin voraus. „Die Chancen aufs Weiterkommen stehen 50:50.“
Die Olympischen Spiele
Bei der WM bleibt der Blick nicht in der Gegenwart, sondern geht auch Richtung Tokio, Austragungsort der Olympischen Spiele im kommenden Jahr. Um den Titel verteidigen zu können, muss Deutschland die WM als eines der drei besten europäischen Teams beenden. Ein erfolgreiches Viertelfinale ist also Pflicht. „Das wäre der nächste große Schritt für diese Mannschaft“, sagte die Bundestrainerin.
Der Druck
Sie schlafe generell nicht gut, wenn sie nicht zu Hause sei, berichtete Martina Voss-Tecklenburg. Was aber nicht am Druck eines guten WM-Abscheidens verbunden mit der Olympia-Qualifikation liege. „Ich bin den ganzen Tag mit Fußball beschäftigt. Klar, dass man abends nicht einfach abschalten kann.“ Druck empfinde sie persönlich gar nicht, „weil ich der Mannschaft vertraue. Sie hat Charakter. Selbst wenn es am Samstag schief gehen sollte, kann uns keiner vorwerfen, nicht immer an unsere Grenzen gegangenen zu sein.“