Monte Carlo. Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat den Großen Preis von Monaco gewonnen. Sebastian Vettel wurde Zweiter, Valtteri Bottas Dritter.
Die Woche, die mit dem Drama um Niki Lauda begann, endet dramatisch – aber diesmal glücklich. Lewis Hamilton gewinnt den Großen Preis von Monaco mit einer seiner größten rennfahrerischen Leistungen, 65 Runden lang hält er sich Max Verstappen in einem grandiosen Rennen mit einem abgefahrenen Satz Reifen vom Hals. Der Niederländer wird später wegen einer Boxenrüpelei vom zweiten auf den vierten Rang hinter Sebastian Vettel und Valtteri Bottas zurückgestuft. Es ist eine sportliche Machtdemonstration und ein Sieg der großen Gefühle. Am Ende sprang Hamilton übermütig in den berühmten Swimming Pool.
Vettel gelingt für Ferrari Schadensbegrenzung
„Das war das härteste Rennen meines Lebens. Aber ich habe im Geist von Niki gekämpft. Ich weiß, dass er auf uns runterschaut, ich wollte ihn stolz machen", stammelte ein ebenso erleichterter wie bewegter Hamilton nach dem 77. Sieg seiner Karriere. Es ist sein vierter in dieser Saison, der Titelverteidiger führt die WM-Wertung mit 137 Punkten an, Bottas (120) und Vettel (82) folgen. Für den Heppenheimer endete ein schwieriges Rennen mit einem leichten Lächeln. Die Ferrari-Form ist zwar nicht besser geworden, aber die Schadensbegrenzung ist gelungen: „Es war nicht einfach, aber das Resultat ist für das Team gut." Vettel zollt den Siegern Respekt: „Ich glaube, auch Niki Lauda wäre glücklich damit."
Gedenken an Niki Lauda
Die Trauerfarbe in der Formel 1 ist Rot. Bei der Schweigeminute vor dem Rennen tragen alle Fahrer Kappen mit der Aufschrift „Niki", Lewis Hamilton und Sebastian Vettel haben ihre Helme zum Gedenken an den Österreicher entsprechend umlackiert, die Silberpfeile fahren mit einem roten Sicherheitsbügel, auf dem „Wir vermissen Dich" steht. Erst so langsam wird klar, was Lauda für die Königsklasse bedeutet hat – und wie sehr er fehlen wird. Sein Seelenverwandter Lewis Hamilton widmete ihm die mit Streckenrekord erzielte Pole-Position: „Ohne Niki wäre ich wohl nur einmal Weltmeister."
Entsprechend entschlossen ging Hamilton den Start an, und kann sich schon auf der ersten Auffahrt zum Casino seines Sieges sicher sein – wenn alles normal läuft. Valtteri Bottas schirmte Max Verstappen ab, Sebastian Vettel war als Vierter zu weit entfernt. Der Heppenheimer und seine Scuderia haben einen „Samstag zum Vergessen" hinter sich, so betitelte Ferrari selbst die desolate Qualifikationsleistung. Man hatte sich ausgerechnet bei der Strategie für den Monegassen Charles Leclerc verrechnet, für die ursprüngliche Sieghoffnung war schon früh alles vorbei. Er verlangte öffentlich Erklärungen für die schwerwiegende Panne. Vettel gab zwar alles, touchiert dabei aber die Leitplanke. Das ist eine Vorgehensweise, die Leclerc fürs Rennen übernimmt: „Ich muss eine Menge Risiken eingehen, auch das Risiko eines Crashs."
Das Safety Car macht das Rennen wieder spannend
Gesagt, getan. Bis zur achten Runde hatte er sich schon von Rang 15 auf zwölf vorgekämpft, dann wurde ihm ein Überraschungsangriff gegen den Emmericher Nico Hülkenberg innen in der Rascasse-Kurve zum Verhängnis. Beim Dreher fing er sich – ebenso wie der Renault-Pilot – einen Platten ein. Auf drei Kilometer verteilte er die Reste seines Reifens, als der Ferrari auf drei Rädern und einer Felge in die Box humpelt. Safety-Car! Das immer wieder beliebte Spannungselement dieser Hafenrundfahrt. Die ersten Vier rücken sofort zum Boxenstopp ein, mit dem Nachteil für den zweiten Mercedes-Piloten Bottas, der kurz warten musste. Doch die Silber-Crew schaffte die Doppelabfertigung erneut rekordverdächtig. Als der Finne wieder ausschert, kollidierte er fast mit Max Verstappen. Der Niederländer blieb stur auf seiner Linie, drängte Bottas in die Boxenmauer und wurde Zweiter. Einen Umlauf später muss der Finne nochmal rein, er hatte sich bei dem Harakiri-Manöver einen Platten einfahren und die Felge demoliert, dadurch rutscht Vettel auf drei. Die Rennkommissare verhängten kurz darauf eine Fünf-Sekunden-Strafe gegen Verstappen, die ihn den zweiten Platz kosten.
Hamilton zweifelt an den Reifen
Ordentlich was los auf der Piste, als der Alfa-Fahrer Antonio Giovinazzi den Polen Robert Kubica im chancenlosen Williams umdrehte, vier Autos stecken im Stau, auch Leclerc. In der 18. Runde musste er seinen Ferrari endgültig abstellen: „Ich bin der letzte, der aufgibt. Aber das Auto war extrem schwierig zu fahren." Unpässlichkeiten darf man sich gerade auf dieser Strecke nie leisten. Selbst Hamiltons Gemüt war angekratzt, er zweifelt an den Reifen, muss sie schonen und kann sich nicht richtig absetzen – und die Strategen prognostizierten mit Beginn des zweiten Renndrittels auch noch Regen. Dazu machte Verstappen mit dem Red-Bull-Renault direkt hinter ihm Dauer-Druck, auch Vettel war nicht weit weg. Immer wieder stellte er die Wahl der Gummimischung in Frage, sein Renningenieur Pete Bonnington musste ihn pausenlos beruhigen. „Das läuft in die falsche Richtung", beharrte Hamilton, der mit den weicheren Pneus unterwegs ist – die Verfolger waren auf den harten Reifen unterwegs.
„Der linke Vorderreifen ist tot", funkte er in Panik nach 50 Runden. Bis auf eine halbe Sekunde ist Verstappen zeitweise dran, der Champion fährt Kampflinie, eine andere Chance hat er auch nicht. Der geborene Angreifer als großartiger Verteidiger: „Wir müssen auf ein Wunder hoffen", meldete er nach 60 Runden. Oder auf Regen, so hatten wohl die Strategen bei der ursprünglichen Reifenwahl kalkuliert. Cheftaktiker James Vowles schaltete sich ein: „Lewis, Du kannst es schaffen, wenn Du dran glaubst." Acht Runden vor Schluss wurde Verstappen aufgeputscht, er sollte auf jeden Fall vorbei, und er steckt dem rutschenden Silberpfeil fast im Getriebe. In der 76. Runde verbremste sich der überoptimistische (oder verzweifelte) Verstappen ausgangs der Hafenschikane, touchierte das Hinterrad des Mercedes. Hamilton wurde gerade aus durch die Kusve geschoben, blieb aber vorn. Die 65 Runden alten Reifen halten, das ist der Sieg. Er war es Niki Lauda einfach schuldig.