Hamburg. Bitteres Aus im WM-Halbfinale: Deutschlands Handballer unterlagen Norwegen mit 25:31. Am Sonntag geht es gegen Frankreich um Bronze.
Fabian Wiede saß niedergeschlagen am Boden, bis seine Mannschaftskameraden ihm aufhalfen. Die deutschen Handballer hatten das WM-Halbfinale mit 25:31 (12:14) gegen Norwegen verloren. Laute Partymusik beschallte die Hamburger Arena, die Zuschauer spendeten Applaus. Der Beifall war ein aufmunternder, nach Feiern war dem 24-jährigen Wiede nicht zumute. Mitspieler Matthias Musche nahm ihn schließlich in den Arm, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und beide zogen schließlich mit enttäuschten Blicken Richtung Kabine. Freundschaft unter Sportsmännern, auch wenn die Teamkameraden nun statt gegen Dänemark im Finale am Sonntag im dänischen Herning nun gegen Frankreich (14.30 Uhr/ZDF) nur um die Bronzemedaille spielen.
Deutschland führte nach vier Minuten mit 3:1
Die ersten Worte von Paul Drux nach Spielende waren dann auch überflüssig. Sein Gesicht spiegelte ohnehin das wider, was der deutsche Rückraumspieler gerade sprach: “Wir sind alle sehr enttäuscht. Wir hatten uns das ganz anders vorgestellt." Das hatten sich auch die 12.500 Zuschauer in Hamburg. Lange blieben viele noch sitzen, feierten jeden deutschen Nationalspieler, der noch einmal mit hängendem Kopf zur Bank schlurfte. Bis zu diesem Halbfinale hatte das Team von Bundestrainer Christian Prokop begeistert, hatte sich ungeschlagen in acht Spielen die Chance auf den Einzug ins Finale erspielt.Und auch in diesem Halbfinale zeigte es wieder Herzblut und Kampfgeist. Nur reichte dies diesmal nicht gegen starke Norweger. Gegen die zu starke norwegische Defensive, gegen den zu starken norwegischen Angriff. Auch wegen der zu schwachen eigenen Offensive.
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“Wir haben nicht unsere beste Leistung gebracht. Wir haben keine guten Lösungen gefunden und die Verunsicherung mit in den Angriff genommen", sagte ein ebenfalls tief enttäuschter Christian Prokop. Am Vorabend hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm noch in einem Telefonat viel Glück gewünscht, Fußball-Bundestrainer Joachim Löw hatte Mut zugesprochen und im fernen Dallas hatte Basketball-Ikone Dirk Nowitzki die Daumen gedrückt. Es sollte nicht helfen, auch wenn das deutsche Team stark begonnen hatte. Uwe Gensheimer hatte für die Führung gesorgt, Patrick Wiencek immer wieder nach erfolgreicher Abwehrarbeit das Publikum animiert - 3:1 nach vier Minuten.
Gegen den Abwehrblock um Magnus Gullerud und Goran Johannessen tat sich das deutsche Team danach allerdings immer schwerer. Würfe wurden geblockt, neben das Tor gefeuert, von Torwart Torbjörn Bergerud abgewehrt oder Pässe erreichten den Nebenmann nicht. Die Fehlerquote und fünf Zeitstrafen hatten für den Zwei-Tore-Rückstand zur Halbzeit gesorgt. Prokop zog alle Register, wechselte sein Team auf allen Positionen durch. Im Tor kam Silvio Heinevetter für Andreas Wolff, auf der Spielmacherposition abwechselnd Wieder, Drux und Tim Suton, auf der linken Seite Matthias Musche. Es half phasenweise, aber die Norweger spielten weiter cool und routiniert.
Rote Karte für Hendrik Pekeler in der 44. Minute
Trotzdem wurden Erinnerungen wach an so einige erfolgreiche Halbfinal-Krimis. Wie 2003 gegen Frankreich (23:22), als das deutsche Team eine Viertelstunde vor dem Ende noch mit vier Toren zurücklag. Wie 2007, als das erlösende 32:31 erst nach zweimaliger Verlängerung amtlich war. 2019 gab es auch ein spannendes, am Ende aber erfolgloses. Das deutsche Team kämpfte auch im zweiten Durchgang, wurde aber in der 44. Minute personell geschwächt. Abwehrmann Hendrik Pekeler sah nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte. Im Angriff taten sich die Deutschen zudem weiter schwer. Das bisher so starke deutsche Abwehr-Bollwerk offenbarte die ein oder andere Lücke. Die Folge war ein 22:26-Rückstand in der 53. Minute. Wiede stemmte sich gegen die Niederlage traf in der 57. Minute zum 25:27 - doch am Ende jubelten die Norweger.
Knapp 30 Minuten nach Spielende schritt Uwe Gensheimer noch einmal durch die Halle. Der Kapitän applaudierte den verbliebenen Zuschauern, die johlten ihm zu. Dann brach das Prokop-Team von Hamburg nach Dänemark auf. Ursprünglich sollte es erst am Samstag weitergehen, doch “mit Blick auf eine verlängerte Regenerationsphase haben wir uns kurzfristig entschieden, die Weiterfahrt nach Herning vorzuziehen”, sagte Axel Kromer, Sportvorstand des Deutschen Handballbundes. Denn das Ziel bleibt die Medaille. Auch, wenn sie bronzefarben ist.