Köln. Deutschlands Handballer haben mit einem Traumstart in die WM-Hauptrunde ihre Medaillenchance gewahrt. Sie besiegten Island mit 24:19.
Die Jubelschreie von Uwe Gensheimer waren nicht zu hören. Da stand der Kapitän nun auf dem Feld unmittelbar nach dem Schlusspfiff des ersten Hauptrundenspiels der deutschen Handballer bei der WM. Der 32-Jährige hatte seinen Mund aufgerissen, die Fäuste waren nach dem 24:19 (14:10) gegen Island geballt. Doch seine Jubelrufe wurden an diesem Samstagabend schlichtweg übertönt von den 19.250 Zuschauern in Köln. Die Menge hatte 60 Spielminuten lang gerufen, immer wieder geklatscht und das deutsche Team regelrecht zum Sieg gepeitscht.
Handball-Fans feierten auch die Helden der Vergangenheit
90 Minuten zuvor: In der ausverkauften Kölner Arena hatten sich auch viele von Deutschlands bekanntesten Handballern versammelt. Heiner Brand war da, der 2007 an gleicher Stelle Sportgeschichte geschrieben hatte, als er als erster Handballer überhaupt Weltmeister als Spieler (1978) und als Trainer wurde. Einige seiner damaligen Spieler wie Christian Schwarzer saßen auf der Tribüne. Sogar Joachim Deckarm, Weltmeister von 1978 und seit einem tragischen Unfall vor knapp 40 Jahren in einem Europacupspiel des VfL Gummersbach auf Pflege angewiesen, war am Tag seines 65. Geburtstags nach Köln gekommen. Wie auch viele andere der Weltmeister von 1978. Die Zuschauer feierten die Helden der Vergangenheit zu Beginn lautstark, bevor sie sich dann jenem Team zuwendeten, das nun wieder für Furore sorgen soll.
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Die aktuelle Nationalmannschaft präsentierte sich im Vergleich zur Vorrunde aber leicht verändert. Rückraumspieler Steffen Weinhold, im letzten Vorrundenspiel gegen Serbien noch wegen einer Zerrung im Adduktorenbereich geschont, war wieder dabei. Zuschauer war dagegen der 21-jährige Franz Semper, der durch Linkshänder Kai Häfner ersetzt wurde. Der 29-Jährige vom Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf war bereits am Mittwoch in Berlin zum Team gestoßen, um notfalls für Weinhold einzuspringen. Nun tat er es jedoch für Semper, dem Prokop nach durchwachsener Leistung gegen Serbien offenbar doch noch nicht die ganz wichtigen Spiele bei der WM zutraut. Während des Turniers sind bis zu drei Wechsel mit Spielern aus dem erweiterten 28-Mann-Kader möglich - den ersten hatte der Bundestrainer mit Häfner nun durchgeführt.
Das deutsche Team startete stark. Spielmacher Martin Strobel markierte die erste Führung, Steffen Fäth und Uwe Gensheimer erhöhten schnell auf 3:1. Nun trafen auch Hendrik Pekeler, Steffen Fäth - nach sieben Minuten stand es 5:2 und es sah gut aus, was das Team von Bundestrainer Prokop aufs Feld brachte. Dann kam der Bruch. Eine Zwei-Minuten-Strafe für Patrick Wiencek, ein Fehlwurf von Strobel, Fehlpass von Fabian Wiede - das deutsche Team machte es sich minutenlang selbst schwer. Gensheimers Siebenmeter wurde von Torhüter Bjorgvin Gustavsson gehalten und in der 13. Minute hatten die Isländer plötzlich die Führung übernommen (6:5).
Das isländische Team, eine Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern, hatte sich aus München als Gruppendritter nach Köln gekämpft. Auf Routinier Gudjon Valur Sigurdsson von den Rhein-Neckar Löwen mussten sie zwar verzichten, dafür hatten sich zuvor Rückraumspieler Aron Palmarsson vom FC Barcelona und Rechtsaußen Arnor Thor Gunnarsson vom Bundesligisten Bergischer HC stark präsentiert. 31 Turniertore hatte Letzterer bis zum Duell gegen Deutschland erzielt - so viele wie auch Deutschlands Linksaußen Uwe Gensheimer.
In der ersten Halbzeit ging das Duell der Torjäger an Gensheimer, der bis zum Pausenpfiff viermal getroffen hatte, Gunnarsson nur dreimal. Was auch daran lag, dass das deutsche Team sich im zweiten Abschnitt des ersten Durchgangs wieder gefangen hatte. Patrick Wiencek feierte gelungene Abwehraktionen und sein Tor zum 6:6 mit ausgebreiteten Armen, Gensheimer vollendete einen Bilderbuch-Schnellangriff über die Passstationen Wiencek und Patrick Groetzki (8:7). Paul Drux war zwischenzeitlicher Spielgestalter und auch Kai Häfner schnupperte vermehrt WM-Luft, während Weinhold geschont wurde. Als Hendrik Pekeler zum Abschluss der ersten 30 Minuten den Ball bei einem Schnellangriff regelrecht ins Tor rammte, war sein Team wieder auf Kurs - 14:10.
Deutschland trifft nun am Montag auf Kroatien
Noch einmal wurde es eng in den zweiten 30 Minuten. Mit seinem Wurf übers ganze Spielfeld hatte Paul Drux das 16:11 markiert (36.), doch die Isländer kamen noch einmal heran auf 17:15. Es war die letzte Zitterphase. Steffen Fäth erzielte Treffer um Treffer - am Ende war er mit sechs Toren bester Werfer - und Andreas Wolff zeigte sich zunehmend sicherer im Tor. Seinen Einstand feierte Kai Häfner schließlich mit dem Tor zum 21:17 (52.). Gensheimer sollte das direkte Duell mit Gunnarsson übrigens mit 5:6 Toren verlieren. Doch das störte den deutschen Kapitän nicht wirklich.
Deutschland trifft nun am Montag auf Kroatien (20.30 Uhr/ZDF) und am Mittwoch auf Europameister Spanien (20.30 Uhr/ARD), der am Samstag Weltmeister Frankreich mit 30:33 unterlag. Die beiden besten Teams der zwei Hauptrundengruppen ziehen ins Halbfinale in Hamburg ein. Und das deutsche Team bleibt auf Kurs.