Grünwald. Fünf Wochen nach ihrem Horror-Unfall hat Sophia Flörsch schon wieder große Pläne. Ihren Traum von der Formel 1 träumt sie weiterhin.

Strahlendes Lächeln, die blonden Haare offen, grauer Rollkragenpullover. Sophia Flörsch sitzt gut gelaunt bei ihrem Lieblings-Italiener in Grünwald. In demselben Restaurant hat sie am 1. Dezember ausgiebig ihren 18. Geburtstag gefeiert. Seit diesem Tag darf die junge Rennfahrerin nicht nur offiziell am Straßenverkehr teilnehmen. Es war auch der Tag, an dem Sophia Flörsch ihr Wiedersehen mit Freunden feierte.

Zwei Wochen davor war die junge Frau beim Formel-3-Weltfinale in Macau gestartet. Der Straßenkurs in der ostasiatischen Stadt des Glücksspiels gilt als gefährlich. Schon in den ersten Runden hatte es einen Unfall gegeben. Deswegen mussten die Nachwuchspiloten, darunter Formel-3-Europameister Mick Schumacher, einige Runden hinter dem Sicherheitsauto fahren.

Als das Rennen wieder freigegeben wurde, rasten sie mit etwa 275 Kilometer pro Stunde und mit nur wenigen Metern Abstand auf die Lisboa-Kurve zu. „Ich hatte einen guten Windschatten und bin weit vor dem Bremspunkt ausgeschert“, erinnert sich Sophia Flörsch. Doch genau in diesem Moment verzögert der vor ihr fahrende Inder Jehan Daruvala. An Flörschs Wagen wurden beide Räder auf der linken Seite weggerissen. „Ich bin vorwärts rechts in die Mauer, dabei hat es mich umgedreht.“

Flug in ein Kamera-Gerüst

Kurz vor der Kurve wurde ihr Auto in die Luft katapultiert. Rückwärts knallte Flörsch in drei Metern Höhe in ein Kamera-Gerüst neben der rechtwinkligen Kurve.

Das Entsetzen an der Rennstrecke und an den Bildschirmen war groß. Doch wenn Sophia Flörsch jetzt, Wochen später, bei einem Glas Wasser über diese Sekunden spricht, wirkt sie fast gelassen: „Angst hatte ich keine“, sagt sie.

Am 18. November drehte sich der Wagen von Sophia Flörsch in einer Kurve – sie krachte rückwärts in ein Kamera-Gerüst.
Am 18. November drehte sich der Wagen von Sophia Flörsch in einer Kurve – sie krachte rückwärts in ein Kamera-Gerüst. © dpa

Sofort hatte sie Arme und Beine bewegt. „Mit meinen Händen habe ich den Löschschaum weggewischt, weil der Feuerlöscher losgegangen war. Und mein Schienbein hat mir weh getan, weil ich es mir angestoßen hatte.“

Mittlerweile hat sich Sophia Flörsch den Unfall mehrmals angesehen. „Das Video ist schon krass, aber ich denke nicht, dass ich das bin“, erzählt sie. Weil sie rückwärts geflogen ist und so die Gefahr nicht auf sich zurasen sah, hat sie daran keine schrecklichen Erinnerungen. Trotzdem sagt sie: „Es war ein schlimmer Unfall, ein sehr schlimmer Unfall. Ich hatte tausend Schutzengel.“

Das erste Mal etwas gebrochen

Der Unfall hätte dramatischer ausgehen können. Dennoch: Der siebte Halswirbel war gebrochen. Das Rückenmark war auf 50 Prozent komprimiert, ein Knochensplitter hatte die Nervenstränge berührt. In einer elfstündigen Operation wurde der Wirbel, auch mit einem Knochenstück aus der Hüfte, von einem Spezialistenteam wieder hergestellt. Eine Titanplatte hält die Halswirbel sechs, sieben und acht zusammen. Natürlich wurde auch der Splitter entfernt.

Begleitet wurde Sophia Flörsch in Macau wie bei allen Rennen von ihrem Vater Alexander. Als sie ihn am Abend nach dem Unfall im Krankenhaus wieder sah, war ihre erste Frage: „Hast Du der Mama geschrieben?“ Die wusste natürlich längst Bescheid.

Fünf Wochen nach dem Unfall hat Sophia Flörsch nun schon wieder große Pläne. Ihren Traum von der Formel 1 träumt sie nach wie vor. 2019 will sie im Formula European Masters mitmachen, der Nachfolgeserie der Formel-3-EM. Und wenn möglich möchte sie am Saisonende in Macao fahren.

Davon können sie weder Mutter noch Oma oder Opa abbringen. „Die Leute, die mich wirklich kennen, wissen, dass ich nie aufhören würde“, erklärt sie. Motorsport ist ihre Leidenschaft. Nach 13 Jahren wisse sie auch um die Risiken. „Es war das erste Mal, dass ich mir etwas gebrochen habe. Ich hoffe, das passiert nicht noch einmal.“

Von dem Macao-Unfall wird, so die Prognose der Ärzte, nichts zurückbleiben. Und dass sie der Unfall langsamer machen wird, glaubt sie nicht. „Wir werden’s sehen“, sagt sie und klopft dreimal auf den Holztisch.