London. Die Profiliga NFL ist an drei Wochenenden in Folge im Wembley-Stadion zu Gast, wo sonst der Fußball das Sagen hat. Lohnt sich das?

Den zwölften Mann gibt es auch im American Football. Und die Zahl „12“ war am Wochenende in London omnipräsent. „Twelves“, die „Zwölften“, nennen sich die Fans der Seattle Seahawks - und sie machten am Wochenende die europäische Fußball-Hauptstadt genauso unsicher wie die „Raider Nation“ mit allen Anhängern der Oakland Raiders. Seattle und Oakland bestritten das erste von drei Europa-Spielen der Profiliga NFL im Wembley Stadion.

Es ist das Angstszenario deutscher Fußball-Fans: ein Bundesligaspiel im Ausland. Die NFL ist da weiter. Doch lohnt sich das?

Für 84.000 Zuschauer, die gestern Abend kamen, gibt es nur eine Antwort: ja. Die Karten gingen in kürzester Zeit weg, und das nicht nur an die Seahawks- und Raiders-Fans. Zu sehen waren Trikots fast aller NFL-Teams; interessiert an ihrer Sportart, die in Europa nur am Rande interessiert. Doch nicht nur das zog sie nach England: Es ging auch um das Happening, um die NFL-Kirmes rund um das Stadion, das Ballyhoo vor dem Spiel mit Pyro-Show und Nationalhymnen.

Viele deutsche NFL-Fans sind in London

Auch Tausende deutsche NFL-Fans reisten nach England, 5000 laut NFL, gefühlt deutlich mehr. Am heftigsten bekam dies Björn Werner zu spüren. Werner, drei Jahre lang für die Indianapolis Colts knallharter Verteidiger, war als Experte für Pro7 vor Ort. Zum „Warm-up-Fest“ des TV-Senders am Abend vor dem Spiel kamen 700 bis 1000 NFL-Fans - so ganz genau lässt sich das nicht schätzen. 500 Fans kamen in eine Bar am „Tower Hill“, Hunderte warteten vergeblich vor der Tür. Zwei Stunden stand Werner für Selfies bereit, wiederholte stets: „Unglaublich!“

Ihre Stars bekamen alle NFL-Fans nur im Stadion zu Gesicht. Es gab keine Autogramm-Stunden, Talkshows oder ähnliches. Die Seahawks landeten erst am Donnerstag, die Raiders am Freitag. Seahawks-Cheftrainer Pete Carroll verkündete pflichtgemäß, sich auf die Fans zu freuen, wiederholte aber stets knurrend: „This is a business trip.“ Eine Geschäftsreise, mehr nicht. Kick-off-Zeit in der Heimat: 10 Uhr morgens.

Profi-Sport zum Frühstück, eine Horror-Vorstellung deutscher Fußball-Fans - für die NFL auch 2018 keine einmalige Sache. Zwei Spiele gibt es noch - Tennessee gegen die Los Angeles Chargers (21. Oktober) und Philadelphia gegen Jacksonville (28. Oktober).