London. Novak Djokovic hat das Wimbledon-Finale gegen Kevin Anderson 6:2, 6:2, 7:6 (7:3) gewonnen. Es ist sein vierter Titel.
Novak Djokovic ging in die Knie und aß, wie er es nach Wimbledon-Siegen gern tut, einen Grashalm, nachdem er das Endspiel der 132. All England Championships gegen den Südafrikaner Kevin Anderson (32/Nr. 8 der Welt) gewonnen hatte. Mit dem 6:2, 6:2, 7:6 (7:3)-Triumph nach 139 Spielminuten hatte der Serbe die Rückkehr in die Weltspitze perfekt gemacht. Durch seinen vierten Wimbledon-Titel, den 13. Grand-Slam-Triumph seiner Karriere, kehrt der „Djoker“ in die Top Ten der Weltrangliste zurück.
Eineinhalb Jahre nach der Trennung von Boris Becker als Cheftrainer, die in das Krisenjahr 2017 ohne Finalteilnahme bei einem Majorturnier mündete, ist Djokovic nach einer Ellbogenoperation Anfang des Jahres wieder in der Form, die ihn zu einem Mitglied der „Big Four“ des Herrentennis gemacht hatte. „Ich wusste nicht, ob ich es zurück schaffen würde. Es hier an diesem magischen Ort etwas sehr Besonderes, und ich bin sehr dankbar für die Unterstützung meines Teams in den vergangenen Monaten“, sagte der neue Champion, der sich vor allem darüber freute, dass sein Sohn Stefan (3) der Siegerehrung aus der Teambox zusehen durfte.
Im Herrentennis wird viel Wirbel ge-macht um die „Next Generation“, die Garde der jungen Shootingstars, zu der der in Runde drei gescheiterte Hamburger Alexander Zverev (21) zählt. Doch in Wimbledon regierte wieder die „Old Generation“, und das so deutlich wie nie. Zum ersten Mal seit Beginn der Open Era (Zulassung von Profispielern 1968) standen in einem Grand-Slam-Halbfinale nur Spieler jenseits der 30. Es ist aber auch aus einem anderen Grund davon auszugehen, dass über das Halbfinale der 132. All England Championships länger gesprochen werden wird als über das Endspiel.
Immerhin erlebten die Zuschauer die zwei längsten Semifinals in der Geschichte von Wimbledon an zwei aufeinander folgenden Tagen. 5:15 Stunden hatte Djokovic gebraucht, um am Sonnabendnachmittag vor dem dafür um 135 Minuten verzögerten Damenfinale die Fortsetzung des am Freitag um 23.02 Uhr Ortszeit nach Satz drei aus Rücksicht auf die Anwohner abgebrochenen Matches gegen den spanischen Weltranglistenersten Rafael Nadal 6:4, 3:6, 7:6 (11:9), 3:6, 10:8 zu gewinnen.
Die Unterbrechung war überhaupt erst nötig geworden, weil Anderson sich mit dem US-Amerikaner John Isner (33/Nr. 10) zuvor 6:36 Stunden herumgeschlagen hatte, ehe sein 7:6 (8:6), 6:7 (5:7), 6:7 (9:11), 6:4, 26:24-Sieg feststand.
Das längste Halbfinale der Geschichte des weltbekanntesten Tennisturniers war gleichzeitig auch das zweitlängste Match, das jemals an der Church Road gespielt wurde. Länger trieben es nur der Franzose Nicolas Mahut und Isner, die für ihr Erstrundenmatch 2010 11:05 Stunden Spielzeit, verteilt auf drei Tage, benötigten, ehe der US-Amerikaner den Entscheidungssatz mit 70:68 gewinnen konnte.
Halbfinal-Marathon brachte eine Diskussion über die Abschaffung der No-Tiebreak-Regel
„Wenn man abends bis 23 Uhr spielt und am nächsten Morgen um 10.30 Uhr wieder zum Einschlagen auf dem Platz stehen muss, ist es schwer, zur Ruhe zu kommen. Deshalb war ich einfach nur glücklich, dass ich das Endspiel erreicht hatte. Heute war ich derjenige, der etwas mehr Kraft hatte“, sagte Djokovic. Der Halbfinal-Marathon brachte eine Diskussion über die Abschaffung der No-Tiebreak-Regel bei den Grand-Slam-Turnieren zurück auf die Tages-ordnung. Nur bei den US Open wird im fünften Satz beim Stand von 6:6 ein Tiebreak gespielt. „Es sollte um die Gesundheit der Spieler gehen, deshalb wäre es sinnvoll, den Tiebreak überall einzuführen“, sagte Anderson, der im Viertelfinale Titelverteidiger Roger Federer (36/Schweiz) in fünf Sätzen und 4:14 Stunden bezwungen hatte. Als Vizepräsident der Spielervereinigung der Herrentennisorganisation ATP hat sein Wort durchaus Gewicht.
In einem einseitigen Endspiel fehlte dem US-Open-Finalisten von 2017, der nun erstmals in seiner Karriere unter den besten fünf der Welt geführt wird, die Kraft, um Djokovic nachhaltig zu gefährden. Lediglich im dritten Satz war sein Aufschlag die gewohnte Waffe, zudem vergab er fünf Satzbälle. „Ich habe mein Bestes versucht, hätte gern länger gespielt, aber Novak war zu stark. Die 21 Stunden Tennis bis ins Finale habe ich schon gespürt, aber es hat mir sehr viel bedeutet, hier im Finale zu stehen“, sagte er.