Rio de Janeiro. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat das Anti-Doping-Labor in Rio gesperrt. Möglicherweise müssen Proben ausgeflogen werden.

Sechs Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele gibt es für die Organisatoren in Rio de Janeiro den nächsten Schock. Dem Anti-Doping-Labor der Olympiastadt wurde vorläufig die Lizenz entzogen. Wie die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) mitteilte, sei die Einrichtung, in der bei den Sommerspielen rund 5000 Dopingproben analysiert werden sollen, nicht konform mit den internationalen Standards. Damit müssen im schlimmsten Fall alle Dopingproben ausgeflogen und in einem anderen Land untersucht werden. In der Vergangenheit war es in Rio zu falschen Testergebnissen gekommen.

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Das brasilianische Anti-Doping-Labor reagierte mit Unverständnis. Man habe die modernsten Einrichtungen weltweit geschaffen. „Allein in diesem Jahr hat das Labor mit Erfolg rund 2000 Urin- und Blutproben analysiert.“ Nach einer Visite von Spezialisten der Wada im Juli hoffe man, dass die Analysen noch rechtzeitig zu den am 5. August beginnenden Olympischen Spielen wieder in dem Labor ausgewertet werden können. Brasiliens Anti-Doping-Agentur erklärte, man hoffe, dass die Suspendierung „so schnell wie möglich aufgehoben werde.“

Philipp Wilkinson, einer der Sprecher des Organisationskomitees, sagte: „Rio 2016 sieht sich absolut verpflichtet zu sauberen Spielen mit einem vollständigen Anti-Doping-Programm. Wir arbeiten zusammen mit der Wada und der brasilianischen Regierung, um das auch zu gewährleisten.“

Keine Lücken im Analyseverfahren

Wenn es allerdings nicht gelingt, alle Standards der Wada zu erfüllen, könnten die tausenden Proben zum Beispiel in einem Labor in den USA, Kolumbien oder Mexiko untersucht werden, das wäre aber mit erheblichem logistischen und finanziellen Aufwand verbunden.

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Die Suspendierung ist bereits seit Mittwoch wirksam und gilt für maximal sechs Monate. Urin- und Blutproben müssten in dieser Zeit in einem ausländischen Labor mit Wada-Lizenz analysiert werden. Nach dem Warnschuss hat die Wada dem Rio-Labor aber noch eine Hintertür offen gelassen. Das Exekutivkomitee der Wada oder ihr Vorsitzender könnten die Sperre wieder aufheben, sollte ein Disziplinarkomitee im Juli entscheidende Verbesserungen feststellen. „Sportler können darauf vertrauen, dass die Sperre erst aufgehoben wird, wenn das Labor wieder optimal arbeitet“, sagte Wada-Generaldirektor Olivier Niggli.

Details zu den Problemen teilte die Wada allerdings nicht mit. Die Analyse der Proben sei aber gesichert, sagte Niggli. Die Wada garantiere, dass es weder bei den Olympischen Spielen noch bei den anschließenden Paralympics Lücken im Analyseverfahren gebe.

Kaum Olympiastimmung in Rio

Das Rio-Labor hat nicht zum ersten Mal seine Akkreditierung verloren: Bereits 2012 wurde es von der Wada wegen eines fälschlichen positiven Tests suspendiert; erst 2013 durfte es wieder Analysen durchführen. Das Labor befindet sich an der Universität Federal do Rio de Janeiro und hat rund 188 Millionen Reais (rund 47 Millionen Euro) gekostet.

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130 bis 140 brasilianische Kontrolleure sollen im Einsatz sein und das Labor rund um die Uhr arbeiten. Neben den 5000 Proben bei Olympia sind bei den Paralympischen Spielen weitere 1000 Proben geplant.

Bisher ist in Rio kaum Olympiastimmung auszumachen, zu groß sind die Probleme. Vor einer Woche hatte der Bundesstaat Rio de Janeiro wegen Geldproblemen den finanziellen Notstand erklärt, seit Wochen gibt es eine Versorgungskrise zum Beispiel in Krankenhäusern. Die Regierung will nun mit einem Darlehen von umgerechnet rund 755 Millionen Euro aushelfen. Immerhin wird am Samstag mit dem Velodrom die letzte Sportstätte offiziell übergeben.