Essen. Im Profiboxen gelten andere Gesetze als für Schwimmer oder Leichtathleten. Fragen und Antworten zum Fall des fünfmaligen Weltmeisters.

Der deutsche Sport hat seinen wohl prominentesten Doping-Fall seit Evi Sachenbacher-Stehles positivem Test bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi. In der A-Probe des Profibox-Weltmeisters Felix Sturm ist das anabole Hormon Stanozolol gefunden worden. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Dopingfall Felix Sturm.

Wann soll Felix Sturm gedopt haben?

Die Urinprobe war nach dem Punktsieg gegen den russischen Titelverteidiger Fjodor Tschudinow am 20. Februar dieses Jahres in Oberhausen genommen worden. Supermittelgewichtler Sturm hatte zum fünften Mal einen Weltmeister-Titel geholt.

Um welches Dopingmittel handelt es sich?

Sturm hatte Spuren des verbotenen Präparates Stanozolol im Urin. Das anabole Hormon ist ein Klassiker in der Geschichte des Betrugs im Sport. 1988 wurde der bis dahin als schnellster Mensch der Welt gefeierte Ben Johnson als Dopingsünder enttarnt. Der kanadische Olympiasieger über 100 Meter hatte seine Muskelpakete auch mit der Hilfe von Stanozolol aufgebaut. Im deutschen Profiboxen gab es 2007 bereits einen prominenten Stanozolol-Fall. Timo Hoffmann, der sich selbst wegen seiner Größe von 2,02 Metern und seiner Standfestigkeit den Kampfnamen „Deutsche Eiche“ zugelegt hatte, war im Kampf gegen den Ukrainer Alexander Dimitrenko gedopt.

Was sagt Felix Sturm zu den aktuellen Doping-Vorwürfen?

„Ich bin sicher hundertmal getestet worden, mit Blut und Urin. Nie hat es was gegeben. Ich habe ein absolut reines Gewissen“, erklärte Sturm. Ein Argument, aber kein Beweis für Unschuld: Die US-Sprinterin Marion Jones, die 2000 in Sydney dreimal olympisches Gold gewann, ist in ihrer Karriere bei Dutzenden Tests nie positiv getestet worden. Später gab sie zu, über viele Jahre gedopt zu haben.

Welche Strafe droht Sturm jetzt?

Für die Bemessung der Strafe ist der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) zuständig. Die Länge der Sperre in Deutschland ist auf maximal ein Jahr festgesetzt. Die Höchststrafe gilt bei Doping mit Vorsatz. Dass es dazu nicht kommen wird, zeigt bereits die Äußerung des BDB-Präsidenten Thomas Pütz: „Ich bin mir sicher: Felix Sturm hat nicht wissentlich betrogen.“ Also könnte Sturm mit dem milderen Maß von sechs Monaten bestraft werden.

Gelten im Profiboxen eigene Bestimmungen?

Ja. Wäre Sturm ein Leichtathlet oder Schwimmer, müsste er mit einer Sperre von zwei oder vier Jahren rechnen. Der deutsche Profi-Boxverband unterwirft sich nicht den Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada). Es gibt weder Trainingskontrollen noch ein Meldesystem über die Aufenthaltsorte seiner Sportler.

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Warum wurde der positive Doping-Befund erst fast zwei Monate nach dem Kampf publik?

Das Kölner Institut für Biochemie analysierte die Probe am 14. März. Weil der BDB sich nicht den Wada-Regeln unterwirft, analysiert das Institut nicht mehr für den deutschen Verband. Deshalb ging das Ergebnis an den Welt-Verband WBA nach Panama. Dieser informierte Sturm erst am 15. April.

Macht das Doping mit Stanozolol Sinn im Boxen?

Felix Sturm sagt nein. „Ich habe seit meinem 14. Lebensjahr Muskeln. Was soll mir das bringen? Ich habe einen Körper, der voll austrainiert ist“, erklärte Sturm. Und BDB-Präsident schob am Montag nach: „Das macht überhaupt keinen Sinn. Für Boxer ist Reaktionsvermögen und Kondition wichtig, nicht Muskelaufbau.“ Der Kölner Institutsleiter Wilhelm Schänzer hält dagegen: „Stanozolol ist nach wie vor eines der am meisten verwendeten anabolen Steroide. Es gehört beim Dopingmissbrauch weltweit zu den ersten drei Substanzen. Vor allem in Regenerationsphasen wird das Präparat oft genutzt.“

Wie lange ist Stanozolol nachweisbar?

Laut Schänzer haben die Dopingfahnder ihre Testverfahren in den vergangenen Jahren so verfeinert, dass Spuren von Stanozolol noch mehrere Wochen nach der Einnahme gefunden werden können.

Kann die B-Probe ein anderes Ergebnis erbringen?

Theoretisch ja. Aber es ist sehr selten, dass die zweite Analyse anders ausfällt als die erste. Sturm ist jetzt am Zug. Er muss die Öffnung der B-Probe beantragen. Bis zum 9. Mai hat er dafür Zeit.

Ist die Karriere von Felix Sturm damit beendet?

Wenn er nur ein halbes Jahr gesperrt würde, könnte er bald wieder boxen. Sturm ist 37, Wladimir Klitschko will sich jetzt mit 40 seinen WM-Titel zurück holen.