Essen. 2014 offenbarte ein ARD-Film flächendeckendes Doping in der russischen Leichtathletik. Neue Recherchen zeigen: Das Problem ist viel weiter verbreitet.

Die ARD hat in der Fernsehdokumentation "Geheimsache Doping: Im Schattenreich der Leichtathletik" neue Belege für Doping in der russischen und kenianischen Leichtathletik präsentiert. Verdeckt aufgenommene Video- und Tonaufnahmen in der am Samstag ausgestrahlten TV-Dokumentation belasten Sportler und Doping-Hintermänner, unter ihnen die russische 800-Meter-Läuferin Anastassija Basdyrewa.

Die 23-Jährige hielt Ende Mai für einen Tag die Weltjahresbestzeit. Mit 1:58,75 Minuten war sie in der Statistik des Weltverbandes IAAF vom Freitag noch die siebtbeste Läuferin der Saison. In einem heimlich aufgenommenen Video erklärt Basdyrewa: "Von Anabolika kriege ich harte Muskeln. Aber ich kann damit laufen. Das ist schwer, aber es geht. Du fühlst dich anders auf Anabolika." Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS soll sie während der diesjährigen Hallen-Europameisterschaften in Prag von Mitarbeitern der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) befragt worden sein.

Eine erste ARD-Reportage mit massiven Dopingvorwürfen gegen russische Leichtathleten hatte für großes Aufsehen und personelle Konsequenzen im russischen Verband gesorgt. Präsident Valentin Balachnitschew gab sein Amt nach rund 20 Jahren ab, Cheftrainer Valentin Maslakow wurde durch Juri Borsakowski ersetzt. Der 800-Meter-Olympiasieger von 2004 verkündete Ende März den Beginn einer dopingfreien Ära in seinem Team. Kremlchef Wladimir Putin hatte erklärt, Doping sei nicht zu rechtfertigen. Putin forderte von den Sportverbänden eine verstärkte Aufklärungsarbeit. Der neue Film belegt laut ARD indes, dass dopende Sportler und ihre Hintermänner weiterhin geschützt würden - und das nicht nur in Russland.

Werte, die nicht natürlich zu erklären sind

In Kenia sei es gelungen, dubiose Ärzte und ihre Dopingkunden beim Spritzen gefährlicher Dopingmittel zu filmen, hieß es. Die kenianische Weltklasse-Marathonläuferin Rita Jeptoo war in diesem Jahr wegen Epo-Dopings gesperrt worden, die 33-Jährige verpasst damit die Weltmeisterschaften in Peking vom 22. bis 30. August.

Doch eine den ARD-Journalisten zugespielte Datenbank mit Blutwerten des Leichtathletik-Weltverbands zeigt, dass Doping noch viel weiter verbreitet ist: Unter den rund 5000 Athleten aus allen Disziplinen finden sich danach bei etwa jedem siebten Werte, die in den allermeisten Fällen nicht natürlich zu erklären sind - in manchen Ländern betrifft dies die Hälfte der Sportler."Die Werte in der Datenbank lassen aus meiner Sicht keinen Zweifel zu, dass die Ausdauerdisziplinen von Blutdoping durchsetzt waren", zitiert die ARD den Experten Michael Ashenden. "Es tut mir sehr leid für die sauberen Athleten, die um ihre Medaillen betrogen wurden." (dpa/we)