Essen. . Der Zeitfahrspezialist trägt am Samstag auf der ersten Etappe die Favoritenbürde. Ein Quartett kämpft um den Gesamtsieg. Die Entscheidung der Tour de France fällt in Alpe d’Huez.
Wenn am Samstag im niederländischen Utrecht die 102. Tour de France gestartet wird, dann lastet auf einem Deutschen eine besonders große Bürde. Tony Martin ist zwar kein Rundfahrt-Spezialist und kommt deswegen für einen Gesamtsieg beim bedeutendsten Etappenrennen der Welt nicht in Betracht, doch als dreimaliger Zeitfahr-Weltmeister ist er der große Favorit für den ersten Tagesabschnitt und könnte so am Abend in das Gelbe Trikot schlüpfen. „Dieses Trikot fehlt mir noch in meiner Erfolgsgeschichte. So eine Chance kommt nicht mehr oft“, sagt Martin, der die 13,8 Kilometer lange Distanz durch die Straßen von Utrecht aufmerksam studiert hat. Vor dem Auftakt der Tour beantworten wir die wichtigsten Fragen, die in den nächsten drei Wochen die Radsport-Fans bewegen.
Wer sind die Favoriten auf den Gesamtsieg?
Anders als im vergangenen Jahr verspricht die Tour 2015 spannend zu werden. Vorjahressieger Vincenzo Nibali aus Italien wird es nicht so leicht haben wie im Vorjahr, als er nach dem verletzungsbedingten Aus des Briten Chris Froome und des Spaniers Alberto Contador leichtes Spiel hatte. Froome und Contador werden wohl auch diesmal die größten Kontrahenten von Nibali sein. Mit dem kolumbianischen Kletterspezialisten Nairo Quintana könnte ein vierter Fahrer in den Kampf um das Gelbe Trikot eingreifen.
Welche Rolle können die deutschen Fahrer spielen?
Auch wenn kein Deutscher am 26. Juli vor dem Eiffelturm auf dem Podium der ersten Drei in der Gesamtwertung stehen wird, können sich zumindest drei der zehn Deutschen aus der Masse der 198 Fahrer in den Blickpunkt strampeln. Tony Martin hat wie erwähnt eine gute Chance, sich als Erster des Zeitfahrens das Gelbe Trikot überzustreifen. John Degenkolb will zeigen, dass er auch Tour kann. Der Thüringer hat mit seinen Triumphen bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix bewiesen, dass er einer der besten Sprinter der Welt ist. Auch Andre Greipel hat bei den Sprints gute Karten im Kampf um Etappensiege. Wenn alles ideal läuft, könnte einer der beiden sogar das Grüne Trikot gewinnen.
Was kann man von den beiden deutschen Teams erwarten?
Mit Giant-Alpecin und Bora-Argon stehen erstmals seit 2008 wieder zwei deutsche Teams am Start. Bei Giant-Alpecin drehte sich zuletzt alles um die Nichtnominierung von Sprinter Marcel Kittel. Jetzt wird das Hauptaugenmerk darauf liegen, Degenkolb in den Sprints nach vorne zu bringen. Zweitdivisionär Bora-Argon hat wie 2014 auch diesmal eine Wildcard erhalten. Dominik Nerz gilt als bester deutscher Rundfahrer und soll sich unter die Top 15 im Gesamtklassement schieben.
Wer fehlt bei der Tour de France in diesem Jahr?
Marcel Kittel, der achtmalige Etappensieger der vergangenen Jahre, wurde wegen fehlender Form von seinem Giant-Alpecin-Team nicht berücksichtigt. Kittel ist so sauer über die Entscheidung, dass er sogar über einen Teamwechsel nachdenkt.
Welche Anforderungen stellt die Strecke an die Fahrer?
Auffällig ist, dass es auf der Gesamtstrecke von 3360 Kilometern neben dem Auftakt-Einzelzeitfahren über 14 Kilometer nur ein Mannschaftszeitfahren über 28 Kilometer gibt. Dafür werden die Fahrer auf 26 Bergwertungen bis an ihre Grenzen gehen müssen. Höhepunkt ist der Aufstieg nach Alpe d’Huez auf der 20. und damit vorletzten Etappe.
Wie sauber ist die 102. Auflage der Tour de France?
Das weiß man nie. Kurz vor dem Tour-Start wurde bekannt, dass Chris Froome, Sieger von 2013, eine Dopingprobe versäumte. Dopingexperte Prof. Perikles Simon erklärte, dass es „Unmengen neuer Präparate auf dem Markt gäbe“.
Wer überträgt im Fernsehen?
Die ARD überträgt nach dreijähriger Pause wieder. Allerdings meist nur 80 Minuten pro Tag. Eurosport sendet mehr als 330 Stunden, davon 90 Stunden live.