Melbourne. Seit mehr als zehn Jahren wartet Maria Scharapowa auf einen Sieg gegen Serena Williams. Jetzt versucht sie es wieder – im Finale der Australian Open.

Die Zukunft, da sind sich in der Welt des Tennis inzwischen alle einig, gehört Madison Keys. Diesmal kam die 19 Jahre alte Amerikanerin noch nicht an Serena Williams vorbei, doch selbst in der Niederlage (6:7, 2:6) waren so viele positive Hinweise zu finden wie Geschenke unterm Weihnachtsbaum. „Madison hat definitiv das Potenzial, irgendwann die Nummer eins zu sein“, meinte die Herrscherin der Gegenwart anschließend.

In der neuen Weltrangliste wird die junge Amerikanerin am nächsten Montag zum ersten Mal zu den besten 20 gehören, in diesem Halbfinale spielte sie aber so, als gehöre sie längst zu den Top 5. Kaum eine schlägt mit solcher Mühelosigkeit so hart wie Keys, und ihr Aufschlag ist schon jetzt furchterregend gut. Williams servierte 13 Asse, Keys zwölf; Williams’ schnellster Aufschlag rauschte mit 200 Sachen übers Netz, bei Keys waren es 193.

Keys hatte bisweilen gezweifelt, ob sie gut genug sein könne, um zu den Besten zu gehören. Lindsay Davenport, von der sie seit ein paar Wochen betreut wird, hatte ihr versichert, natürlich sei das möglich, aber jetzt weiß sie es selbst, und darin liegt vermutlich für sie der größte Schatz dieses Turniers.

Ständige Wiederholung

Soviel zu den Gedanken an die Zukunft. Hier und jetzt geht es um den Titel bei den Australian Open 2015, in der 19. Auflage des Klassikers Serena W. gegen Maria S. Seit mehr als zehn Jahren wartet Scharapowa auf einen Sieg gegen die Rivalin, und die Geschichte muss ihr inzwischen vorkommen wie die ständige Wiederholung eines Films über einen arktischen Wintertag, an dem die Sonne einfach nicht aufgehen will. In den letzten fünf Jahren gewann sie nicht mehr als einen Satz, der letzte Sieg stammt aus dem Herbst 2004.

Beim Erfolg im Halbfinale gegen Jekaterina Makarowa (6:3, 6:2) war sie nicht zu erschüttern, aber daraus lässt sich für die Herausforderung im Finale nicht viel schließen. Aber zumindest hat Scharapowa inzwischen eine Ahnung davon, weshalb sie stets an die Wand gespielt wurde. Williams’ Kraft und Aggressivität hätten sie selbst immer ein wenig zu aggressiv gemacht, sagt sie. „Vielleicht habe ich immer ein wenig mehr riskiert, als nötig gewesen wäre.“

Froh, noch im Turnier zu sein

Sollte sie auf der Suche nach Beispielen dafür sein, dass für jede Serie irgendwann ein Ende kommt, dann könnte sie beim Blick auf das Männerturnier fündig werden; Andreas Seppi besiegte Roger Federer nach zehn Niederlagen, und Tomas Berdych knackte die Serie nach 17 Pleiten gegen Rafael Nadal. Doch die Frage, ob sie aus diesen Ereignissen irgendeine Form von Inspiration destillieren könne, beantwortet sie mit einem klaren Nein und sagt: „Ich muss das auf meine Weise schaffen“. In gewisser Weise ist sie froh, überhaupt noch im Turnier zu sein nach den beiden Matchbällen, die sie in der zweiten Runde gegen die russische Qualifikantin Alexandra Panowa abwehren musste.

Fest steht, dass Serena Williams auch nach dem Turnier die Nummer eins des Frauentennis sein und Maria Scharapowa die Nummer zwei, dass die eine den 19. oder die andere den sechsten Grand-Slam-Titel gewinnen wird.

Der unfreundlich kalte Wind dieser Tage in Melbourne trägt sicher nicht zur Verbesserung der Gesundheit von Serena Williams bei; seit einer Woche quält sie sich mit einem lästigen Husten herum, der einfach nicht verschwinden will. Die besorgte Nachfrage, ob es angesichts dieses Hustens nicht besser wäre, zu den Spielen eine Aufmachung mit etwas mehr Stoff zu wählen, kontert sie mit der Auskunft, eine moderne Frau trage heutzutage auch moderne Designs.

Viertes gemeinsames Grand-Slam-Finale

Wer schön sein will, muss leiden. Andererseits wird es ihr sicher warm werden im Spiel am Samstag gegen Maria Scharapowa, dem vierten gemeinsamen Finale bei einem Grand-Slam-Turnier. „Aus welchen Gründen auch immer – ich spiele einfach zu gern gegen sie“, sagt Williams, „ich liebe ihre Intensität, und ich hab dabei immer die allerbeste Zeit.“

Das behauptet die Sonne auch immer, wenn sie sich im Winter in der Arktis hinterm Horizont versteckt.