Krasnaja Poljana/Winterberg. . Sie leisteten sich nicht mehr Fehler als die Konkurrenz - trotzdem belegten Francesco Friedrich und Jannis Bäcker im Zweierbob bei den Olympischen Spielen in Sotschi nur Rang acht. Der Winterberger Anschieber Bäcker und sein Pilot waren die besten Deutschen beim historischen Debakel.

Diese abschließende Zieleinfahrt, diesen Ausstieg aus dem Bob hatten sie sich komplett anders vorgestellt. Rein in den deutschen Jubel, vorbei an dem kleinen schwarz-rot-goldenen Fähnchenmeer wollte Jannis Bäcker mit seinem Piloten Francesco Friedrich fahren, als Finale einer grandiosen Aufholjagd mindestens zur Bronzemedaille. Als der Anschieber des BSC Winterberg allerdings aus seinem schwarzen Sportgerät klettert, jubelt niemand. Die Fähnchen werden nur zaghaft hin und her geschwenkt. Und das Abklatschen mit dem ebenfalls aus Winterberg stammenden Bundestrainer Rene Spies fällt auch sehr ernüchtert aus.

Denn seitdem Jannis Bäcker zusammengekauert hinter Friedrich über die Ziellinie gerast ist, steht es fest: Bei den Olympischen Spielen in Sotschi holen die Deutschen im kleinen Schlitten nicht nur erstmals seit 1994 keine Medaille, sondern schneiden so schlecht ab wie zuletzt 1956. Das Duo Friedrich/Bäcker, diese Renngemeinschaft aus dem SC Oberbärenburg und dem BSC, sorgt mit Rang acht für die beste Platzierung. Rang acht! Als amtierender Weltmeister, der im vergangenen Jahr in St. Moritz die gesamte Weltelite düpierte. „Eine Katastrophe“, sagt gut 3000 Kilometer entfernt Jens Morgenstern, der Präsident des BSC.

Friedrich: „Das ist schon peinlich“

0,2 Sekunden liegen die Zwei nach den ersten beiden von insgesamt vier Läufen als Siebte hinter Rang drei zurück. Ein Zeit, die aufholbar erscheint. Deshalb probieren Friedrich/Bäcker alles, greifen vor dem dritten und vierten Lauf sogar in die Trickkiste und montieren Kufen, welche jenen der Russen ähneln. In der Bahn wählt der 23-jährige Pilot eine riskante Linie. Es bringt: nichts.

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Dem Duo fehlen am Ende 1,46 Sekunden auf den überlegenen Olympiasieger Alexander Subkow aus Russland. „Das ist schon etwas peinlich“, sagt Friedrich. Und: „Wir haben am Start alles gegeben, wir sind in der Bahn teilweise super gefahren, aber mehr konnten wir aus dem Schlitten nicht rausholen.“

Der Schlitten. Dieses schwarze hochmoderne Sportgerät, an dem für tausende Euro geforscht wird, es ist zu langsam und beschert den Deutschen das historische Debakel. Auch Thomas Florschütz auf Platz elf und Maximilian Arndt als 15. können die Erwartungen nicht erfüllen. Die zunächst verhaltene Kritik am Schlittenbauer, dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin, verschärft sich daher nach dem finalen Lauf im Ton. „Das war ein Trabi. Es ist eindeutig eine Materialgeschichte“, betont Florschütz-Anschieber Kevin Kuske.

Nur Hackls Trainingsgruppe glänzt

Brotbüchse, Pappbecher, Badewanne oder Eierbecher - diese abfälligen Beschreibungen kursieren in Expertenkreisen für den neu entwickelten Bob 208, der bereits in der Weltcup-Saison Probleme bereitete. „Bei der Olympiageneralprobe, dem Weltcup am Königssee, dachte ich nach den schlechten Ergebnissen noch, sie hätten geblufft“, sagt Morgenstern, „extra alte Kufen untergeschraubt etwa.“ Denn zuvor schien den Deutschen in Winterberg die Trendwende zum Guten gelungen zu sein.

Doch der Bluff war Realität.

Es werde eine „breite, aber faire Diskussion“ mit der Materialschmiede FES geben, kündigte Thomas Schwab, Sportdirektor des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), an. Für Jens Morgenstern stellt sich die Materiallage komplexer dar. Denn nicht nur die kleinen Schlitten enttäuschen zum Auftakt der Bob-Wettbewerbe, auch die deutschen Skeletonis und Rodler außerhalb der goldenen Trainingsgruppe von Georg Hackl debattieren über ihre Sportgeräte.

Der Blick geht nach Winterberg

Jannis Bäcker und Francesco Friedrich schauen bereits einige Augenblicke nach der Enttäuschung in die nahe und etwas entferntere Zukunft. „Am Viererbob wurden nur Kleinigkeiten verändert“, sagt Bäcker und hofft auf die nächste Medaillenchance zum Abschluss der Spiele. Für den Zweierbob kündigt sein Pilot intensive Tests und Trainings im Sommer an. Weil es in einem Jahr einen Titel zu verteidigen gibt: den des Weltmeisters - auf der Heimbahn in Winterberg. Mit entsprechender Zieleinfahrt.