Krasnaja Poljana. Selbst Kremlchef Wladimir Putin zeigte sich demonstrativ am Krankenbett der verunglückten Skicrosserin Maria Komissarowa. Bei einem schweren Sturz im Training hat sich die 23-Jährige den zwölften Brustwirbel gebrochen und für einen Schock im russischen Olympia-Team gesorgt.

Nach einer sechseinhalbstündigen Operation sei ihr Zustand weiterhin ernst, aber stabil, teilte der nationale Ski-Freestyle-Verband (FFR) am Sonntag mit. Noch am Abend wurde Komissarowa zur weiteren Untersuchung mit einem Spezialflugzeug in eine Klinik nach München geflogen.

Die Operation von Komissarowa sei erfolgreich verlaufen, erklärte das Internationale Olympische Komitee (IOC). "Nun wollen wir, dass sie schnell gesund wird", betonte IOC-Sprecher Mark Adams in Sotschi. Er gehe davon aus, dass der Sturz nichts mit der Strecke zu tun habe. "Was den Zustand der Trassen angeht, sehen wir hier nichts anderes als bei früheren Winterspielen", sagte Adams über die Piste, auf der sich am Sonntag mehrere Snowboardcrosserinnen verletzten.

Nach dem Unfall von Komissarowa wurde bei der Sportlerin ein Metallimplantat eingesetzt. Eine Prognose über den weiteren Verlauf ist dem FFR zufolge erst in drei, vier Tagen möglich. Putin besuchte die Sportlerin am Samstagabend in der Klinik und versicherte seinem Sprecher zufolge deren Vater per Telefon, dass die Ärzte alles für eine Genesung unternehmen würden. "Er hat ihr gute Besserung gewünscht", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow.

Russlands Regierungschef Dimitri Medwedew wünschte ihr in einem Telegramm eine rasche Genesung. "Du bist eine starke Person und ich bin sicher, dass du diese schwierige Situation dank deines olympischen Charakters, deiner Ausdauer und Beharrlichkeit bewältigen wirst."

Freunde und Fremde hätten sich im olympischen Dorf beim russischen Team gemeldet und ihre Hilfe angeboten, teilte der FFR mit. "Unter anderem Charterflüge an jeden beliebigen Ort und Geld für die Behandlung. Danke für all das Mitgefühl und die Anteilnahme." Mit Blick auf die eigenen Blessuren nach einem Autounfall sagte Skirennfahrer Felix Neureuther "Es gibt mit Sicherheit wesentlich schlimmere Sachen auf dieser Welt, auch was man gesehen hat mit der Skicrosserin. Da ist meins ziemlich harmlos."

Komissarowa war bei einer Übungsfahrt gestürzt. Der Unfall sei im oberen Teil der Strecke passiert, sagte eine Sprecherin des Weltverbandes FIS der dpa. Komissarowa sei allein auf der 1200 Meter langen Strecke gewesen und bei der Landung nach dem dritten Sprung gestürzt. Das Training wurde nach einer Unterbrechung fortgesetzt.

"Sie ist auf die sogenannten Wellen gefallen", sagte Teamleiterin Jelena Worona. "Es ist nicht der schwierigste Abschnitt der Trasse. Offenbar bereitete sie sich auf die komplizierteren Elemente vor, wurde durch etwas irritiert und hat die Verletzung erlitten." Dabei ist Komissarowa keine unerfahrene Fahrerin, vor knapp zwei Jahren erreichte sie bei einem Weltcup in der Schweiz Rang zwei.

Sie habe bereits die Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver wegen eines Bruchs des Unterschenkels verpasst, sagte ihr Freund Filipp Balabanow der Zeitung "Komsomolskaja Prawda". Ihr Vater sagte, er sei von Beginn an gegen eine Teilnahme an den Wettkämpfen in Sotschi gewesen. "Ich habe ihr abgeraten, weil sie seit 2003 drei schwere Verletzungen am rechten Bein hatte - Knochenbrüche und Bänderrisse", sagte Leonid Komissarow.

Die Gefahren des rasanten Sports auf Ski und Snowboard zeigten sich auch am Sonntag, als mehrere Boardercrosserinnen verletzt per Akja in den Zielraum gebracht wurden.

Das Risiko des Sports und den Umgang mit zwangsläufig entstehenden Grenzsituationen weiß auch der sportliche Leiter der deutschen Ski-Freestyler, Heli Herdt, einzuschätzen. "Das klingt jetzt ein bisschen hart. In dem alpinen Wintersport, in dem man schnell fährt, kann was passieren", sagte er allgemein zu der Gefahr im hautnahen Kampf der Athleten über Sprünge, Wellen und Steilkurven. "Das weiß jeder und kann jeder mit umgehen, auch mit der Situation, dass sich jemand mal schwerer verletzt."

Ein Unfall mit Todesfolge hatte sich beim Skicross im März 2012 ereignet. Der Kanadier Nik Zoricic war im schweizerischen Grindelwald nach einem Sprung kurz vor dem Ziel ungebremst in einen Fangzaun geprallt. Seitdem steht die Frage der Sicherheit beim spektakulären und nervenaufreibenden Sport mehr denn je im Vordergrund.