Krasnaja Poljana. Wo ist Putin? Der Kremlchef war zwar schon im 500 Meter entfernten Österreich Haus und auch in dem der Niederländer, bisher aber nicht im Deutschen Haus von Krasnaja Poljana.
Eine Retourkutsche für das Fernbleiben deutscher Spitzenpolitiker bei seinen Olympischen Winterspielen? "Wladimir Putin kann nicht jedes Haus besuchen, aber vielleicht ruft er ja noch an", meinte Chef de Mission Michael Vesper gelassen. Hohen Besuch gibt es auch so.
Schließlich schneite in der Nacht zum Freitag nach dem vierten deutschen Rodel-Gold Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), unerwartet ins "Wohnzimmer" des deutschen Sports. Trotz engen Terminkalenders schon zum zweiten Mal. Da können selbst die Nachbarn aus Österreich und elf weitere Häuser anderer Nationen nicht mithalten.
Ohnehin kann sich die Gästeliste auch ohne Russlands Regenten sehen lassen. Altbundeskanzler Gerhard Schröder und "Kaiser" Franz Beckenbauer waren zu Besuch, die für Thailand Ski laufende Geigerin Vanessa Mae, Prinz von Hohenlohe, der für Mexiko den Berg heruntersaust, oder Modeschöpfer Willy Bogner. Dazu kommen einstige Sportgrößen wie Magdalena Neuner, Kati Wilhelm, Michael Greis oder André Lange sowie die deutschen Olympioniken mit oder ohne Medaillen.
"Der Stil des Hauses ist wegweisend für die Zukunft", freute sich Axel Achten, Geschäftsführer der Deutschen Sport-Marketing (DSM), über das gelungene Hütten-Flair auf 560 Metern Höhe. Dabei fehlt weder das Kaminfeuer noch die urige "Datscha" oder das Kufenstüberl mit Weißbier, Leberkäse, Würstchen und bayerischer Musik.
Das vor allem von Sponsoren finanzierte Deutsche Haus auf einem Restaurant-Gelände mitten im Kaukasus Gebirge zu errichten und durch zwei Holzhütten zu ergänzen, war ein logistischer Kraftakt. 15 Container mit 180 Tonnen Gewicht wurden auf eine 17-tägige Bahnreise über Moskau nach Sotschi geschickt. Darin enthalten waren rund 13 000 Schrauben und 80 Kubikmeter Altholz für die beiden Holzhütten und für weitere Bauten. Für den Aufbau brauchten 40 Arbeitskräfte zehn Tage.
Das Deutsche Haus, erstmals bei den Winterspielen 1988 in Calgary etabliert, ist nicht nur ein Treffpunkt zum Fachsimpeln, sondern auch einer zum Feiern und Genießen. Damit das Essen und Trinken bis zum Ende der Sotschi-Spiele reicht, wurde ein Vorrat von 5900 Würsten, 500 Kilogramm Leberkäse und 3400 Brezeln angelegt. Der Durst kann mit 10 500 Liter Bier, 2750 Flaschen Wein und 1000 Flaschen Sekt sowie 12 000 Liter Softdrinks gestillt werden.
Na sdarowje! Den russischen Trinkspruch musste Chef de Mission Vesper schon weit vor den Winterspielen oft anstimmen. 49 Wodkas habe er mit dem Inhaber getrunken, erinnert sich Vesper, bis der Mietvertrag unterzeichnet worden sei. "Ich habe aber nicht alle wirklich getrunken", versicherte er. Dass die Deutschen dabei über den Tisch gezogen worden sein sollen mit einer Miete von 650 000 Euro - inklusive der Zeit der anschließenden Paralympics - stimmt nicht. "Blödsinn", kommentierte Achten das Gerücht knapp.