Sotschi. Nico Ihle schüttelte ungläubig den Kopf. Mit zwei Sturmläufen sorgte das Kraftpaket aus Chemnitz beim Sieg des Niederländers Michael Mulder in Sotschi für die beste Olympia-Platzierung deutscher Eisschnellläufer über 500 Meter seit 1992.
Ihles achter Platz mit 70,10 Punkten (34,99 Sekunden + 35,11) sichert ihm sogar erstmal die A-Kader-Förderung. "Das ist der größte Tag in meiner Karriere. Top Ten hatte ich mir vorgenommen. Dass alles so gut geklappt hat, ist phantastisch", sagte der Hüne überglücklich.
Doppelweltmeister Michel Mulder fuhr den nächsten Dreifach-Erfolg der Oranjes ein. In einer Wimpernschlag-Entscheidung gewann der Niederländer mit 69,31 Punkten (34,634 + 34,678) vor Jan Smeekens (69,32 - 34,599 + 34,725) und seinem Zwillingsbruder Ronald Mulder (69,46 - 34,96 + 34,49). Die nächste Party im Holland-Haus war gesichert.
Auch die Deutschen hatten allen Grund zum Strahlen. 22 Jahre nach dem Olympiasieg durch den Berliner Uwe-Jens Mey brachte Ihle auch Cheftrainer Markus Eicher ins Schwärmen: "Ein Wahnsinn. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir mal ein solches Ergebnis hatten."
"Mach's noch einmal, Sam", hatte Bundestrainer Thomas Schubert schmunzelnd nach dem ersten Durchgang gerufen, in dem Nico Ihle in 34,99 Sekunden so schnell wie noch nie auf einer Flachland-Bahn unterwegs war. Mit einem Urschrei und hoch gestreckten Fäusten hatte der deutsche Rekordhalter seinen gelungen Lauf bejubelt, mit dem er bis zum 15. Paar der Konkurrenz sogar die Führung auf dem Tableau innehatte.
Von großer Anspannung war bei Ihle auch vor dem zweiten Lauf nichts zu spüren. Gemächlich drehte er Runden im Inneraum und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Flasche. In 35,11 bestätigte er danach seine ausgezeichnete Vorbereitung. "Einfach Wahnsinn, wie stabil er jetzt startet und das Ding durchbringt. Das beflügelt uns alle, ist gut für die Stimmung", meinte der Berliner Samuel Schwarz. Seinen 34. Platz aufgrund eines Fehlers in der Kurve schätzte der 1000-Meter-Spezialist als "klassischen Fehlstart" ein.
Teamkollege Ihle war vor vier Jahren bei seinem Olympia-Debüt in Vancouver auf Platz 18 noch weit von der Weltelite entfernt. Als ihn im Dezember 2011 eine hartnäckige Schambein-Entzündung plagte und er die WM absagen musste, fiel dem viermaligen deutschen Meister der Wiedereinstieg schwer. Doch in diesem Winter lief es für ihn viel besser. "Ich bin jetzt stärker, als vor der langen Pause wegen der Erkrankung", prognostizierte Ihle schon im Olympia-Vorfeld. Er hat recht behalten.
5000-Meter-Olympiasieger Sven Kramer machte unterdessen Überlegungen öffentlich, auf die 1500 Meter zu verzichten. Der niederländische Superstar kündigte an, er wolle sich lieber voll auf die 10 000 Meter am Dienstag kommender Woche konzentrieren. "Obwohl mein Trainer sagt, dass ich auch über die 1500 Gold holen kann, sind es die zehn Kilometer, die ich gewinnen möchte", erklärte Kramer. Vor vier Jahren hatte er das sicher scheinende Gold wegen eines Bahnwechselfehlers und der folgenden Disqualifikation verpasst. Auch in der Teamverfolgung wird Kramer mit dem niederländischen Trio um Gold kämpfen.