Krasnaja Poljana. Auf den beeindruckenden Blick vom olympischen Slopestyle-Start muss Benedikt Mayr noch verzichten. Der Ski-Freestyler, der erst nach einem erfolgreichen Protest als letzter der 153 deutschen Sportler für Sotschi nominiert wurde, musste angeschlagen im Zimmer bleiben.

Nichts war's mit der Parcours-Besichtigung vor der Olympia-Premiere des Trendsports. "Leicht verkühlt, aber das sollte in den nächsten Tagen wieder im Griff sein", sagte Bundestrainer Thomas Hlawitschka. "Wir freuen uns einfach nur, dass es geklappt hat. Er hat es wirklich verdient, hier zu sein."

Die Olympia-Teilnahme war für den 24 Jahre alten Mayr, den alle nur "Bene" rufen, in den vergangen Tagen alles andere als sicher - öffentlich hatte er damit sogar schon abgeschlossen. Dabei hatte der 2008 und 2010 als "Freeskier des Jahres" ausgezeichnete Bayer sowohl die nationale als auch die internationale Qualifikationsnorm für Sotschi erfüllt. Ein 36. Platz beim Weltcup in Gstaad ließ ihn aber aus den Quotenrängen rutschen. "Ich bin nicht schlechter gefahren wie sonst, sondern habe relativ schlechte Punkte gekriegt", beschwerte sich Mayr noch vor wenigen Tagen.

Gleichauf mit einem Finnen und einem Tschechen musste er sich deshalb den Nachrückerplatz teilen. Nachnominiert aber wurde nur einer, obwohl es im Regelwerk keine Handlungsanleitung für einen solchen Gleichstand gibt. Der Deutsche Skiverband wehrte sich gegen die Entscheidung - und hatte Erfolg. Alle drei Athleten dürfen starten.

Auf einmal war Mayr wieder mittendrin im Abenteuer Olympia. Statt sich wie angekündigt auf seine Arbeit als Gründer und Produzent der Filmproduktionsfirma "Legs of Steel" zu stürzen und "vorerst auf die anderen Facetten" des Freeskiing zu konzentrieren, hieß es auf seiner Facebook-Seite nun: "Back in the Games!!" Aus dem ehemaligen Buckelpisten-Fahrer mit zahlreichen schwereren Verletzungen, der sich nach einem Kreuzbandriss dem Slopestyle zugewandt hatte, wird nun tatsächlich ein Olympionike.

"Im Regelwerk müssen da für die Zukunft ein paar Sachen hinzugefügt werden. Keine großartigen Sachen, bei Gleichstand muss einfach ein Regelwerk da sein", forderte Hlawitschka nach der Hängepartie. "Das war ein langes Hin und Her und auch echt hart für den Bene."

Was der junge Coach bei seiner Inspektion oberhalb von Rhosa Chutor sah, dürfte Mayrs Vorfreude auf den Wettkampf zusätzlich gesteigert haben. "Es wird unglaublich spektakulär, das ist eine versprochene Show. Die Kicker sind groß. Die sind richtig groß", erzählte Hlawitschka. "Der Kurs ist fahrerisch sehr anspruchsvoll, das spricht für den Bene. Er wird hier auf jeden Fall 'ne gute Show abliefern", kündigte Hlawitschka an.

Etwa 40 bis 50 Sekunden soll eine Fahrt dauern, Mayr und seine Kontrahenten haben dabei mehrere Routen zur Auswahl und können sich zwischen verschiedenen Rails (Geländern) und Kickern (Rampen) entscheiden. Vor allem Schwierigkeitsgrad, Kreativität und Ausführung sind für die Wertung der Punktrichter entscheidend. "Wir haben relativ viel Training, so dass man sich den Run zusammenbauen kann", sagte Hlawitschka.

Am Montag soll Mayr erstmals selbst schauen, auf welcher Strecke er am 13. Februar am besten um Medaillen mitfahren will. "Die optimale Vorbereitung war das jetzt nicht, das muss ich schon sagen", meinte Hlawitschka. "Andererseits ist er vielleicht einfach nur glücklich, das ist ja auch keine schlechte Voraussetzung." Und was kommt am Ende dabei raus? "Olympia hat seine eigenen Regeln", philosophierte Hlawitschka. "Der Bene hat noch nicht alles gezeigt, was er drauf hat."