London. Der deutsche Turmspringer Martin Wolfram musste nach einem verpatzten Sprung bei Olympia ins Krankenhaus. Ausgekugelte Schulter lautete die erste Diagnose. Bei den Medaillen ging der Deutsche Schwimmverband abermals leer aus.

Als Martin Wolfram nach seinem letzten Sprung vom Turm mit ausgekugelter Schulter von Helfern aus dem Wasser gezogen werden musste, war das Bild symptomatisch für den Zustand des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV). Denn der Verband kehrt als schwer angeschlagener Patient von den Olympischen Spielen in London zurück.

Die Wasserspringer verbuchten nach 1988 in Seoul wieder eine Nullnummer, die Becken-Schwimmer hatten in der ersten Woche erstmals seit 80 Jahren ebenfalls eine Medaille verpasst - und am Dienstag muss sich auch noch ein Schwimmtrainer wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener vor Gericht verantworten. Der DSV ist einer der ganz großen Verlierer von London.

"Die Verletzung von Martin zum Abschluss passt zu den ganzen Olympischen Spielen", sagte Wassersprung-Bundestrainer und DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow, der mit Galgenhumor reagierte: "Martin ist bereits unter Lachgas gesetzt und konnte schon wieder schmunzeln." Da befand sich Wolfram schon auf dem Weg in die Poliklinik des Olympia-Dorfs.

Buschkow verweigert Schulnote

Das Lachen ist den DSV-Verantwortlichen in London gründlich vergangen. Auf die Vergabe einer Note für die Leistung der Starter in London verzichtete Buschkow wohlweislich. "Wir sind ja nicht in der Schule", sagte Buschkow. Mit Silber über zehn Kilometer hatte im Hyde Park nur Freiwasser-Rekordweltmeister Thomas Lurz die Medaillenhoffnungen erfüllt. Das Siegerpodest im Aquatics Centre durfte nicht ein deutscher Teilnehmer betreten.

Wolfram hatte am späten Samstagabend zumindest großes Kämpferherz gezeigt. Beim verpatzten dritten Sprung war die Schulter ausgekugelt, aber wieder ins Gelenk zurückgesprungen. Der Olympia-Debütant aus Dresden biss auf die Zähne und beendete den Wettkampf unter großen Schmerzen als Achter noch vor Ex-Europameister Sascha Klein, der auf Platz zehn landete.

Olympiasieger wurde der Amerikaner David Boudia vor Weltmeister Qiu Bo aus China (566,85) und Thomas Daley. Der Liebling der Briten, der 2009 mit 15 Jahren jüngster Weltmeister wurde, durfte seinen ersten Sprung wiederholen, da er von Blitzlichtern der eigenen Fans gestört worden war. Die Entscheidung sorgte nicht nur bei Fußball-Star David Beckham auf der Tribüne für Verwunderung. "Geblitzt hat es bei allen Teilnehmern. Ich formuliere es mal so: Für mich hat der richtige Sportler gewonnen", sagte Buschkow.

Erneuter Rundumschlag von Matthes

Unterdessen erneuerte Roland Matthes bei einem weiteren Rundumschlag seine Kritik an den Verantwortlichen und Aktiven des DSV. "Ich frage mich: "Leben wir Deutschen im Schlaraffenland, wo wir nur noch wie bei Max und Moritz die Hühnerkeulen in der Fresse haben und daliegen mit einem dicken Ranzen, oder sind wir wirklich überhaupt noch heiß auf etwas? Dabei fällt uns das gaucksche Prinzip der Freiheit auf die Füße", sagte der erfolgreichste gesamtdeutsche Olympia-Schwimmer der "Welt am Sonntag" und fügte hinzu: "Wir nehmen uns eben nicht die Freiheit heraus, uns zu quälen."