London. . Wolfgang Hambüchen, Vater und Trainer von Turner Fabian Hambüchen, spricht im Interview über seinen Tribünenplatz, Druck und Olympia. Nach außen seien die Spiele Hollywood, “und nach drinnen ist Jahrmarkt. Fabian kennt die Kehrseite der Medaille.“

Unter den Augen von Bundespräsident Joachim Gauck hat Fabian Hambüchen in seiner alten Führungsrolle die deutsche Riege als Mehrkampfdritter ins olympische Mannschafts-Finale am Montag geführt und sich als Vierter für das Reckfinale qualifiziert. Vater und Trainer Wolfgang Hambüchen ist zufrieden.

Herr Hambüchen, wie haben sie die Qualifikation als Zuschauer auf der Tribüne erlebt?

Wolfgang Hambüchen: Unruhig. Aber ich musste es aushalten. Und Fabian war gut.

Nach dem Durchgang am Reck haben Sie gerufen: „Gute Entscheidung, Fabi!“ Was war passiert?

Hambüchen: Fabian war bei einer Drehung schief, deshalb hat er die Übung sofort umgeplant. Das war richtig, denn das Flugteil, das nach dieser Drehung gekommen wäre, wäre wahrscheinlich in die Hose gegangen.

Im Januar 2011 riss ihrem Sohn die Achillessehne – wie schwer war es, wieder zurückzukommen?

Hambüchen: Schwierig. Er hat sehr, sehr hart gekämpft. Wir haben die Planungen des Verbandes gegen alle Widerstände umgeschmissen, da haben sich viele nicht gefreut. Jetzt sieht man: Es war richtig. Er hat keine Beschwerden mehr, braucht keine Medikamente, der Junge ist gesund.

Fabian hat es als „Frechheit“ bezeichnet, dass Sie keine Akkreditierung als Trainer bekommen haben. Sind Sie auch so sauer?

Hambüchen: Sauer nicht. Aber das ist einfach unklug. Nicht im Mannschaftswettbewerb, aber in den Finals wäre es clever, den Heimtrainer ran zu lassen. Fabian und ich arbeiten seit 20 Jahren zusammen. Es ist ja nicht nur das Fachliche, sondern auch das Verhalten, wie geht man damit um, wenn Probleme auftreten.

Ihr Sohn sagt, er setze sich nicht so unter Druck wie vor vier Jahren. Ist das so?

Hambüchen: Ja. Das Ziel war, nach den ganzen Verletzungen seine dritten Olympischen Spiele zu schaffen. Alles, was jetzt noch kommt, ist Zugabe.

Nach der Qualifikation steigen der Druck und die die Erwartung wieder.

Hambüchen: Das ist doch alles Klamauk hier. Wenn sie dreimal Olympische Spiele mitgemacht haben, dann erkennen Sie das als Theater. Nach außen ist Hollywood, und nach drinnen ist Jahrmarkt. Fabian ist kennt die Kehrseite der Medaille. Und er weiß, dass jede WM von der Qualität der Leistung her höherwertig ist. Hier treten Athleten mit Wildcards an, die sich nie für eine WM qualifizieren würden. Emotional und medienmäßig ist Olympia höherwertiger, weil es nur alle vier Jahre stattfindet und so hochgekotzt wird. Fabian kennt diese Relationen. Er war 2007 Weltmeister, er hat eine Bronze bei Olympia gewonnen, er braucht sich den Druck nicht mehr zu machen.

Im Herbst geht er nach Köln und beginnt ein Sportstudium. Ist es dann für Sie vorbei mit dem Turnen?

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Hambüchen: Ich werde versuchen, zwei- bis dreimal in der Woche nach Köln zu kommen. Ich denke, dass es weiterlaufen kann.

Mit etwas mehr Abstand zwischen Vater und Sohn.

Hambüchen: Fabian ist selbstständig. Ich bin als Trainer auch kein Antreiber, sondern ein partnerschaftlicher Begleiter. Wir planen zusammen, oder: Ich plane, und er korrigiert. Wenn ich der Ansicht bin, dass etwas nicht passt, dann teile ich ihm das mit und das wird dann ausdebattiert.

Wer hat das letzte Wort?

Hambüchen: Na er. Er wird 25 in diesem Jahr. Er ist der Performer. Er hat das Risiko. Also trifft er die Entscheidungen.