Essen. Das Pferd bockt, die überforderte Reiterin weint und schlägt. Bilder einer Sportart, die es so nicht mehr geben sollte. Ein Kommentar.

Das ist Olympia. Nachdem Jonathan Hilbert, wie paradox, als Geher zu Silber gerast war, kämpfte er im Fernseh-Interview mit den Tränen, bis er sie nicht mehr zurückhalten konnte. Es waren die handgeschriebenen Aufmunterungsbriefe seiner Freundin Anna, die ihm in diesen bewegenden Momenten in den Sinn kamen. Klingt kitschig, ist aber wahr: Ihre Liebe trieb ihn zu Höchstleistungen an. Großer Sport und große Gefühle – so schön.

Annika Schleu weinte Tränen der Verzweiflung

Und so grausam. Denn auch dies geschah am Freitag in Japan: Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu saß auf dem Pferd Saint Boy, das ihr fürs Springen zugelost worden war, und weinte. Es waren Tränen der Verzweiflung. Sie bekam das Pferd schon beim Einritt in den Parcours nicht in den Griff, es verweigerte ihr die Partnerschaft. Sie wusste, was das bedeutete: Sie hatte bis dahin geführt, war auf Goldkurs. Vor dem abschließenden Laser Run aber fiel sie auf Platz 31 zurück, der ihr am Ende auch in der Gesamtwertung blieb. Ein zerstörter Traum – wegen unhaltbarer Umstände.

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Diese Regeln sind nicht mehr diskussionswürdig, sie gehören abgeschafft. Es ist schlichtweg unverantwortlich, nicht aufs Reiten spezialisierten Sportlerinnen und Sportlern Pferde zur Verfügung zu stellen, mit denen sie vorher keine Harmonie aufbauen konnten.

Herbeigekarrte Pferde, zu denen Reiter keinen Bezug haben

Dass Annika Schleu in ihrer Ohnmacht mehrmals mit der Gerte auf das Pferd einschlug und Bundestrainerin Kim Raisner dabei „Hau richtig drauf!“ rief, ist ein weiteres Argument für eine dringende Veränderung. Was soll modern daran sein, Pferd und Reiterin in eine solche Lage zu bringen? Das Pferd will nicht, die ihm unbekannte Reiterin versucht es zu zwingen – abscheulich, das Ganze. Isabell Werth, die große Dame des Dressursports, sagte zu dem skandalösen Vorfall: „Fünfkampf hat nichts, aber auch gar nichts mit Reiten zu tun. Es ist keine gewachsene Beziehung, wie sie mit diesen sensiblen Lebewesen nötig ist. Die Pferde sind Transportmittel, zu denen die Athleten keinerlei Bezug haben. Denen kann man genauso gut ein Fahrrad oder einen Roller geben.“

Höchste Zeit, dass der Fünfkampf wirklich modern gemacht und die missbrauchte Kreatur durch ein Sportgerät ersetzt wird.