Tokio. Einmal falsch abgebogen, schon wird's heikel. Wenn Olympiareporter in Tokio unverschuldet in Erklärungsnot geraten. Eine Kolumne.
In manchen Momenten des Lebens wünscht man sich, dass sich vor einem ein Loch auftut und man darin umgehend versinkt.
Olympische Reporter sind in den ersten 14 Tagen ausschließlich von olympischen Busfahrern oder olympischen Privatchauffeuren durch das ja mal so gar nicht olympisch anmutende Tokio kutschiert worden. Inzwischen genießen wir unsere Freiheit und fahren auch mit U-Bahnen hierhin und dorthin. Wobei: Öffentlicher Personennahverkehr ist in Japan ein Überlebenstraining.
Asuko, Haruna und Rika - alle mit Diplom
Natürlich bin ich auf dem Weg ins Hotel falsch eingestiegen. Beim Fußmarsch zur richtigen Haltestelle versperrt mir plötzlich der vermutlich größte und breiteste Japaner den Weg. Mit der Ankündigung „Massage“ drückt er mir einen Zettel in die Hand. Akihabara Aroma Legend, klingt toll, Entspannung nach einem langen Arbeitstag.
Beim zweiten Blick auf den Flyer wird klar: Es handelt sich hierbei um ein Etablissement für erotische Behandlungen, auf der Rückseite sind leichtbekleidete junge Damen abgebildet. Weil der Mann – womöglich ihr Lehrmeister – so aussieht, als könnte er alle Kampfsportarten Asiens und mir damit ganz schön weh tun, schmeiße ich ihm den Prospekt nicht zerknüllt vor die Füße, sondern packe die vermutlich diplomierten Massage-Therapeutinnen Asuko, Haruna und Rika in den Rucksack.
"Ah, good times in Tokyo"
Natürlich piept‘s tags darauf an der Eingangskontrolle der Basketball-Arena in Saitama. Rucksack auspacken! Asuko, Haruna und Rika flattern heraus und landen vor zwei Ordnern, die sich angucken und lächeln. „Ah, good times in Tokyo“, sagt einer und zwinkert mir zu. „Es ist nicht so, wie es aussieht“, stammle ich vor mich hin.
Leider hat die Erde in diesem Moment offenbar Besseres zu tun, als sich für mich aufzutun.