Tokio. Der Ruderer Jonathan Rommelmann und sein Partner Jason Osborne feiern Platz zwei. Topfavorit Oliver Zeidler scheitert im Einer.

Sie sagten, was man eben so sagt, wenn man gerade den größten Erfolg seiner Karriere aufs Wasser gezaubert hat. „Es wird Zeit brauchen, das zu realisieren. Für den Moment sind wir unfassbar glücklich“, sagte Jason Osborne, und sein Teampartner Jonathan Rommelmann ergänzte: „Es ist unglaublich, irgendwie surreal.“ Osborne (27), geboren in Mönchengladbach und heimisch in Mainz, und der Mülheimer Rommelmann (26), der für den Crefelder Ruder-Club startet, gewannen am Donnerstagmorgen olympisches Silber im Leichtgewichts-Doppelzweier. Es war die erste Medaille für den Deutschen Ruder-Verband (DRV) in Tokio, die erste für Deutschland im Leichtgewicht, wo keiner der Teilnehmer mehr als 72,5 Kilogramm wiegen darf, überhaupt.

Und dennoch lag irgendwie ein Schatten über diesem Erfolg, denn der Mann, den der DRV als Medaillenbank auf die Regattastrecke Sea Forest Waterway geschickt hatte, erlebte eine Stunde nach der Triumphfahrt des Duos sein persönliches Waterloo. Oliver Zeidler, amtierender Welt- und Europameister im Einer, musste seinen Traum vom Olympiasieg begraben. Um 0,6 Sekunden verpasste der 25-Jährige aus Ingolstadt als Vierter seines Halbfinales den Endlauf, der in der Nacht zu diesem Freitag auf dem Programm stand. Die Olympiazweiten litten mit ihrem Teamkameraden. „Es tut uns mehr als leid, was Olli widerfahren ist. Sein Aus ist für uns alle eine bittere Enttäuschung“, sagte Jonathan Rommelmann.

2016 noch als Schwimmer aktiv

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Zeidler musste bei der härtesten Niederlage seiner bislang so märchenhaften Karriere vor allem dem Umstand Tribut zollen, dass ihm die Erfahrung und die nötige Technik fehlten, um mit den schwierigen Windbedingungen in Tokio fertig zu werden. Dazu muss man wissen, dass sich der Ausnahmeathlet für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro noch als Schwimmer zu qualifizieren versucht hatte. Erst danach war der Bayer, dessen Großvater Hans-Johann Färber 1972 Gold mit dem Vierer gewonnen hatte, zum Rudern gewechselt – und hatte mit seinem auf unbändige Kraft ausgelegten Stil die gesamte Weltelite düpiert.

Enttäuscht: Oliver Zeidler.
Enttäuscht: Oliver Zeidler. © dpa

„Man darf nicht vergessen, dass Olli noch nicht so lange dabei ist“, sagte Vater Heino, der seinen Sohn trainiert und ebenfalls Leistungsruderer war. „Wir haben in den vergangenen Jahren ein sehr hohes Leistungslevel erreicht und manchmal über unsere Verhältnisse performt. Heute waren wir nicht so gut, wie wir es sonst bei den Regatten waren.“ Vor allem der kräftige Schiebewind und der Wellengang machten Zeidler junior schwer zu schaffen. Nachdem er nach seinem Aus zunächst minutenlang völlig ausgepumpt auf dem Steg lag, brauchte er mehrere Stunden, um sich für eine Stellungnahme zu erholen. „Ich bin sehr enttäuscht, vor allem nach dem bisherigen Saisonverlauf. Das wird jetzt ein bisschen dauern, die Niederlage nagt schon sehr an mir“, sagte er, „das war wirklich nicht mein Wasser, daran bin ich gescheitert.“ Gemeinsam wolle man sich nun Gedanken machen, wie die Zukunft nach dem in der Nacht zu Freitag (2.15 Uhr) anstehenden B-Finale gestaltet werden kann. „Wir müssen gucken, wie er noch besser werden kann“, sagte Heino Zeidler, der seine Zukunft als ehrenamtlicher Coach seines Sohnes offen ließ.

Leichtgewichtsrudern bleibt olympisch

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Einen klaren Plan für die kommenden Monate hat dagegen Jason Osborne. Zunächst wollte er mit Rommelmann die Medaille gebührend feiern, „denn auch wenn wir natürlich gern den Titel geholt hätten, ist Silber für uns wie ein Sieg, dafür müssen wir uns nicht schämen“, sagte er. Und dann steht für ihn ein Seitenwechsel an. Schon nach der WM 2019 in Linz (Österreich) hatte er angekündigt, sich in Richtung Radsport umorientieren zu wollen. Bei der Zeitfahr-DM 2019 hatte er mit nur 1:28 Minuten Rückstand auf den deutschen Topfahrer Tony Martin (36/Cottbus) Rang sechs belegt, Gespräche mit Profiställen laufen bereits. „Da wir im Training oft auf dem Ergometer sitzen, ist die Umstellung gar nicht so groß“, sagte er.

Den Impuls zum Sportartenwechsel hatte die Ankündigung des Weltverbandes gegeben, das Leichtgewichtsrudern komplett aus dem olympischen Programm streichen zu wollen. Nun jedoch bleibt die Disziplin, in der sich am Donnerstag die Iren Fintan McCarthy und Paul O’Donovan nach einem fulminanten Schlussspurt in 6:06,43 Minuten mit 0,86 Sekunden Vorsprung auf Osborne/Rommelmann zum Olympiasieg kämpften, auch 2024 in Paris im Wettkampfkalender. Deshalb schließt Jason Osborne nicht aus, dann erneut mit seinem Silberpartner um eine Medaille zu kämpfen. Am liebsten wäre ihm ein Doppelstart – Doppelzweier im Wasser, Zeitfahren auf der Straße. „Das wäre ein Traum“, sagte er, „aber ich werde erst einmal schauen, wie es anläuft.“

Für den DRV blieb am Donnerstag nur die Hoffnung, dass die zweite Medaillenbank nicht auch in den Wellen des Sea Forest Waterways unterging. Der Deutschlandachter war in der Nacht zu diesem Freitag (3.25 Uhr) im Endlauf gefordert – und sollte zum Abschluss der Ruderwettbewerbe den so ersehnten goldenen Glanz bringen.