Essen. Bei der Tour fehlt Florian Naß manchmal die kritische Distanz. Beim Rassismus-Eklat im olympischen Zeitfahren reagierte er sofort. Eine Kolumne.

Das Jobprofil eines Fernsehkommentators schreibt unter anderen Qualitäten ein sicheres Urteilsvermögen vor. In Sekunden muss eingeschätzt werden, was gerade erst in der Welt ist. Florian Naß erfüllte diese Anforderung beim Olympischen Zeitfahren der Radsportler „par excellence“.

Der Sieg von Primoz Roglic inter­essierte nach dem Rennen kaum noch. Vielmehr entlud sich die Empörungswelle über den gesenkten Kopf des deutschen Sportdirektors Patrick Moster, der seinen Schützling Nikias Arndt mit den Worten „Hol die Kameltreiber! Hol die Kameltreiber! Komm!“ Schub geben wollte. Vor Arndt fuhren ein Algerier und ein Eritreer.

Bei der EM packte Florian Naß das Deutschland-Fieber

Florian Naß hat sich nicht gerade den Ruf eines kritischen Kommentators angeeignet. Bei der Fußball-EM ließ er sich vom Deutschland-Fieber leiten, bei der Tour fehlt ihm nicht selten die Distanz zu den wahrlich außergewöhnlichen Leistungen mancher Fahrer. Diesmal reagierte der ARD-Kommentator Naß aber auf eine Weise, mit der alles gesagt war, bevor die Twitter-Blase ins Urteilen kann: „So was hat im Sport überhaupt nichts zu suchen. Das ist absolut unterirdisch.“