Pyeongchang. Mega-Erfolg für die deutschen Kombinierer bei den Olympischen Spielen: Rydzek, Rießle und Frenzel sichern sich die Medaillen.

Plötzlich fehlte jemand auf dem deutsch-deutsch-deutschen Siegerpodium im Medienzelt des Alpensia Nordic Parks. Dort, wo dem Namensschild zufolge Fabian Rießle sitzen sollte, lugten nur ein Haarbüschel und ein weißer Kopfhörer hervor. Der 27 Jahre alte Breisgauer tauchte einfach unterm Tisch ab, neben ihm saßen die beiden anderen Nordischen Kombinierer aus dem DSV-Team und lachten. Noch ein Stückchen weiter bekam Hermann Weinbuch von dem vorübergehenden Verschwinden gar nichts mit, als der Bundestrainer über diesen historischen Rennausgang bei den Olympischen Spielen sinnierte.

Rießle rief vom Handy aus seine Freundin Sandra Ringwald an, teilte der Langläuferin, die ebenfalls in Pyeongchang startet, mit, was sie eigentlich schon wusste. Aber egal, es fühlte sich doch so unglaublich schön an, von diesem wunderbaren Moment zu berichten:

Platz drei: Eric Frenzel, Deutschland.

Platz zwei: Er selbst, Fabian Rießle, Deutschland.

Platz eins: Johannes Rydzek, Deutschland.

Drei deutsche Fahnen bei der Blumenzeremonie im Stadion. Drei junge Männer auf dem Siegerpodest, die sich wenige Augenblicke zuvor in die Arme gefallen waren. Drei Medaillen, mit denen die sonst alles dominierenden Nordischen Kombinierer vor einigen Wochen noch so gar nicht rechnen durften. „Ein unglaublicher Tag für uns und unseren Sport“, sagte Olympiasieger Johannes Rydzek.

Was für eine Olympia-Show

Was hatten sie zuvor für eine Olympia-Show geboten: einen Zielsprint mit drei Deutschen nahezu gleichauf, begonnen am letzten Anstieg der Strecke. Akito Watabe aus Japan, dem Führenden nach dem Skispringen, hatten sie zuvor kontrolliert die rund 30 Sekunden Vorsprung im Langlauf abgenommen. Nur der Norweger Karl Magnus Riiber hielt noch Schritt, ließ dann aber doch vom schwarzrotgoldenen Trio da vorne ab. Als das Ziel immer näher kam, hatte Frenzel früh erkennbar das Nachsehen – Bronze. Also Rießle oder Rydzek: Mit einem Ausfallschritt schob der 26 Jahre alte Oberstdorfer seinen Ski über die rote Linie im Schnee, „ich habe alles an Herz und Power reingelegt“, beschrieb Rydzek die letzten Meter in der Loipe. Rießle blieb Silber, er sagte: „Völlig wurscht, wer da Erster, Zweiter, Dritter ist – das ist absolut geil.“

Drei Deutsche auf den ersten olympischen Plätzen nach Springen und zehn Kilometer Langlauf – das gab es zuletzt 1976 in Innsbruck, da rahmten die Ostdeutschen Ulrich Wehling (1.) und Konrad Winkler (3.) den Westdeutschen Urban Hettich in der Siegerliste ein. Rydzek, Frenzel und Rießle standen in ihrer Karriere schon häufig gemeinsam auf dem Treppchen. „Bei der WM letztes Jahr in Lahti waren wir drei auch da oben – bei Olympia ist das aber noch viel unbeschreiblicher“, sagte Frenzel. „Als ich hier hergekommen bin, war die Situation nicht so, dass ich es erwarten konnte.“

Beim Seefeld-Triple, im Januar das Pendant der Kombinierer zur Vierschanzentournee der Springer, stimmte nur die Laufleistung, im Springen waren die Norweger den Deutschen klar überlegen. „Da fing es an“, beschrieb Hermann Weinbuch den Prozess, der nach einem entscheidenden Trainingslager in Oberstdorf am Dienstagabend in Pyeongchang mit Gold, Silber und Bronze endete und mit dem Titel Uneigennützigkeit in Perfektion überschrieben war. „Keiner war sich zu schade, dem anderen zu helfen“, sagte Rießle. „Wir haben uns als Team Schritt für Schritt herausgezogen aus dem Tief“, ergänzte Weinbuch. Rydzek erkannte nach nur einem Saisonsieg Baustellen bei sich, ihm fehlte das Selbstvertrauen der WM. In Lahti hatte er im vergangenen Winter alle vier Rennen gewonnen. In Pyeongchang überwand Rydzek nun sogar sein Olympia-Trauma. Vor vier Jahren in Sotschi war er ausgerechnet von Rießle in der vorletzten Spitzkurve von den Skiern geholt worden. Rydzek stürzte, ging leer aus, Rießle holte Bronze.

Am Donnerstag geht es schon weiter

So großartig der Anlass auch war, den Erfolg ausgiebig begießen durfte das Medaillen-Trio gestern Abend nicht beim Abstecher ins Deutsche Haus. Bereits am Donnerstag (8.30 Uhr deutscher Zeit Springen/11.20 Uhr 4x5 Kilometer Langlauf) soll in der Staffel das dritte Gold folgen. „Das Feiern müssen wir Betreuer wohl ein bisschen übernehmen“, erklärte Weinbuch. Der Vater des Erfolgs hatte aber vorgesorgt. „Hermann hat uns vorhin noch ein Snickers gegeben, ich hatte es als einziger hier dabei“, sagte Johannes Rydzek bei der Pressekonferenz, bei der er den Kollegen jeweils ein Stückchen abgab. „Wir haben dann brüderlich geteilt.“

Schon jetzt ein richtig starkes Team, diese deutschen Kombinierer.