Essen. Das IOC reicht die Entscheidung über das Startrecht russischer Sportler bei den Olympischen Spielen in Rio an die Fachverbände weiter. Das ist ein Fehler. Ein Kommentar

Der Countdown für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro läuft. Aber auch zwölf Tage vor der Eröffnungsfeier hat die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) unter Führung ihres deutschen Präsidenten Thomas Bach nicht für Klarheit im Fall Russland gesorgt. Bach hat sich aus der Verantwortung gezogen, in dem er so kurz vor Beginn der Spiele die Entscheidung über das Startrecht russischer Sportler an die Fachverbände weiterreicht. Bach hätte sich deren Einschätzung längst einholen können. Dass es ein systematisches Staatsdoping in Russland gegeben hat, weiß man nicht erst seit Sonntag.

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Das IOC hätte am Sonntag alle Zweifel beseitigen können. Der Welt-Leichtathletik-Verband hat es vorgemacht: Kein Start russischer Athleten mit der Ausnahme von Darja Klischina, die in den USA lebt und nicht im nachgewiesen maroden russischen Anti-Doping-System kontrolliert worden ist. Es mag in anderen Sportarten auch seltene Ausnahmen geben. Eine solche Lösung für alle Sportarten wäre gerecht: Kein Start Russlands, aber grünes Licht für wenige Sonderfälle unter neutraler Flagge.

Aber eine solche Lösung will das IOC nicht. Obwohl in Russland mit Hilfe des Staats gedopt worden ist, wird sich das Land in Rio präsentieren dürfen. Die positiven Reaktionen aus Russland zeigen, dass es wohl nicht bei einer Hand voll Ausnahmen bleiben wird. Sportminister Mutko rechnet schon mit einem großen Team. Es droht jetzt eine tagelange Mauschelei in den Fachverbänden hinter den Kulissen. Whistleblowerin Julia Stepanowa darf nicht starten. Bach bedankt sich für ihr Engagement und lädt sie deshalb als Gast nach Rio ein. Sie sei zu lange Teil des Systems gewesen, sagt Bach. Der Verantwortliche des Systems, der Staat Russland, darf mit Flagge antreten. Das falsche Zeichen.