Duisburg. Der MSV Duisburg ist Regionalliga-Spitzenreiter. Geschäftsführer Michael Preetz spricht über seinen Zweitliga-Plan und die neue Fan-Begeisterung.
Draußen in der Arena pflegt der Greenkeeper den lädierten Rasen, drinnen sitzt Michael Preetz in einer Loge vor einem Filmplakat. Das Poster wirbt für eine Doku über Bernard Dietz, die Ikone des MSV Duisburg. Auch Preetz spielte für den Verein, von 1992 bis 1994, seit Januar 2024 ist der ehemalige Bundesliga-Stürmer wieder beim Klub. Der gebürtige Düsseldorfer will den MSV als Geschäftsführer aus der Regionalliga zurück nach oben führen. Preetz, 57, bestellt ein stilles Wasser, lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und ist bereit zum Interview.
Wie haben Sie Ihr erstes Jahr als MSV-Geschäftsführer erlebt, Herr Preetz?
Michael Preetz: Es war ein intensives Jahr mit vielen Eindrücken von einem Traditionsverein, der eine beachtliche Größe hat. Ich habe ein gutes Gefühl bekommen für die Menschen hier im Verein, aber auch drumherum. Die Anteilnahme am MSV war für mich außergewöhnlich. Hier ist eine Menge zu bewegen, weil hier viele Menschen das Schicksal dieses Klubs bewegt. Das ist einer der Gründe, warum ich mithelfen wollte, diesen Abstieg in die Regionalliga wieder zu reparieren, den MSV zu stabilisieren und dorthin zu bringen, wo ihn die allermeisten sehen. Es gibt hier große Ausprägungen, sowohl im Frust als auch in der Begeisterung. Mit diesen Emotionen kann man sehr gut arbeiten.
Was unterscheidet die Arbeit beim MSV zu Ihrer Manager-Tätigkeit damals bei Hertha BSC?
Wir beschäftigen uns auch in Duisburg mit Fußball in professionellen Strukturen, aber Berlin ist einfach anders. Hertha ist ein Teil einer Stadt, in der das Angebot allerdings so riesengroß ist, dass man vielfältige andere Möglichkeiten hat. Der MSV ist als Gründungsmitglied der Bundesliga schon immer ein herausragender Faktor in Duisburg gewesen. In Berlin gibt es auch ganz viele andere herausragende Dinge.
Die Hertha spielt derzeit allerdings in der 2. Bundesliga. Was stimmt Sie optimistisch, dass der MSV wieder Zweitligist werden kann?
Zum einen die Unterstützung der Fans und der Menschen in Duisburg. Die Wirklichkeit ist Wahnsinn: Wir haben im Schnitt 15.000 Zuschauer in der Regionalliga. Das ist überragend in der vierten Liga, damit könnten wir schon in der Bundesliga mithalten, in der ja Klubs spielen, die mit ihren Stadien schon allein aufgrund ihres Fassungsvermögens keine anderen Möglichkeiten haben. Wir haben zudem eine Infrastruktur, die bundesligawürdig ist. Das Trainingsgelände in Meiderich ist hervorragend, in diesem Stadion kann man in der Bundesliga spielen. Und ich erfahre eine breite Unterstützung der Stadt und von wesentlichen Partnern. Das alles stimmt mich zuversichtlich.
Sie haben kürzlich in einer Geberrunde die Unterstützer des Vereins mit einem Zweitliga-Konzept überzeugt. Der MSV bekommt nun weitere finanzielle Hilfe. Aber für den Klub liegt auf diesem Weg doch noch die 3. Liga dazwischen.
Man muss den Menschen eine Perspektive aufzeigen. In meiner Position muss man eine Vision haben und diese auch mit einem Plan hinterlegen. Dass der MSV zweimal hintereinander aufsteigen wird, ist unrealistisch. Wir sollten idealerweise 2025 in die 3. Liga zurückkehren. Wenn uns das gelingt, wird es auch darum gehen, den MSV erstmal ankommen zu lassen in dieser Liga. Ich hatte das Gefühl, dass der Verein diese 3. Liga in den ganzen Jahren nie angenommen hat.
Inwiefern?
Ich glaube, dass die Haltung immer so war: Wir sind jetzt abgestiegen, da gehören wir nicht hin, das geht nicht. Die 3. Liga ist aber wie jede andere speziell. Man muss sich auf die Gegebenheiten einlassen, um sie erfolgreich zu bewältigen. Die Saison 2019/20 mit dem hauchdünn verpassten Aufstieg wäre rückblickend eine wichtige gewesen, wenn die direkte Rückkehr in die 2. Liga gelungen wäre. In den Jahren danach sind die wirtschaftlichen Probleme gewachsen angesichts des Setups, das der MSV bedienen muss.
Wäre ein Drittliga-Spielbetrieb überhaupt dauerhaft tragfähig hier?
Unter gewissen Umständen wäre ein Drittliga-Spielbetrieb möglich. Aber in der 2. Bundesliga könnte sich der Verein irgendwann selbst tragen. Darum geht im Kern, das ist das Ziel. Den Weg dorthin müssen wir planen und gestalten. Ich kann keine Garantie für eine Zweitliga-Rückkehr geben. Ich kann aber versprechen, dass wir ehrlich und hart arbeiten werden, um Rahmenbedingungen zu verbessern, um Wahrscheinlichkeiten zu erhöhen. In der Regionalliga sind wir jetzt zunächst als Tabellenführer zur Winterpause in einer guten Ausgangsposition. Wir können den Wiederaufstieg schaffen. Darauf liegt der Fokus. In der Hinrunde haben wir bereits einen Eindruck davon bekommen, was diese Mannschaft zu leisten imstande ist.
Der MSV hat derzeit Spieler in der Mannschaft, die auch für andere Klubs interessant sein dürften. Jan-Simon Symalla und Patrick Sussek zum Beispiel. Wird der Verein solche Spieler halten können?
Ich kann heute darauf keine Antwort geben, es aber mal mit einer anderen versuchen: Innerhalb der nächsten drei Jahre könnte es im Interesse des MSV sein, Transfererlöse zu erzielen. Das muss man einfach auch mal klar so sagen. Wenn man in der vierten Liga angekommen ist, steht man logischerweise nicht am Anfang der Nahrungskette, wenn größere Klubs mit größeren Budgets um Spieler werben. Das ist aber auch eine Auszeichnung für die Arbeit, die am jeweiligen Standort geleistet wurde. Generell sind wir so aufgestellt, dass wir diese Mannschaft, die wir im Sommer zusammengestellt haben, uns auch für die nächsten ein, zwei Jahre vorstellen können. Jan-Simon Symalla und Patrick Sussek gehören exemplarisch dazu. Aktuell droht keine Gefahr für Abgänge.
Gibt es Positionen im Team, die Sie gerne verstärken würden, vielleicht auch kurzfristig?
Wir beobachten den Markt. Wir haben zwei Verletzungsprobleme in der Offensive, wo wir überlegen müssen, ob wir darauf reagieren. Jannik Zahmel hat noch gar nicht für den MSV gespielt, auch Jihad Boutakhrit fehlt schon lange. Die letzten Tests haben aber ergeben, dass wir zuversichtlich sein dürfen, dass die Jungs Anfang des Jahres wieder in den Trainingsbetrieb zurückkehren.
Planen Sie schon einen Kader für eine Drittliga-Saison?
Transfergeschäfte und Kaderplanung sind Dinge, die nicht plötzlich aufploppen. Das geschieht fortlaufend. Wir machen uns also bereits Gedanken über die Planung der nächsten Spielzeit. Aber das läuft eher nebenher, unter dem Radar.
Nebenbei befindet sich der Verein auch noch in einer juristischen Streitigkeit mit dem US-amerikanischen Sportartikelhersteller Capelli, der noch 40 Prozent der MSV-Anteile hält. Es geht um ausstehende Zahlungen. Wie soll die Lösung aussehen?
Wenn es durch die Instanzen geht, wird es irgendwann auch ein Urteil geben. Was ich definitiv sagen kann: Wir sind jederzeit auch an einvernehmlichen Lösungen interessiert. Es sollte für niemanden erstrebenswert sein, juristische Auseinandersetzungen zu suchen. Manchmal sind sie aber nicht zu verhindern. Das ist der aktuelle Stand.
Was wünschen Sie sich für 2025?
Neben Gesundheit für alle um uns herum und unsere Liebsten zu Hause wünsche ich mir sportlich, dass wir den Faden wieder aufnehmen, den wir auch zu Beginn dieser Saison schon hatten. Dass wir in der Vorbereitung gut und intensiv arbeiten, denn das wird eine wesentliche Voraussetzung für Erfolg sein. Ich wünsche mir, dass wir hier im Frühjahr mit unseren großartigen Fans den Aufstieg feiern, um den Verein auf dieser dann hoffentlich neu gewonnenen Basis zu stabilisieren.