Hockenheim. . Der deutsche Formel-1-Star Nico Rosberg feierte auf dem Hockenheimring einen Heimsieg. Er gewann den Großen Preis von Deutschland, nachdem Kevin Magnussen auf Platz vier den Dritten Felipe Massa spektakulär von der Piste geräumt hatte.

Das Tempo, das Nico Rosberg im Leben anschlägt, ist fast so abenteuerlich wie das, das er auf der Rennstrecke vorlegt. Vor zehn Tagen heiratete Rosberg seine Freundin Vivian in Monte Carlo, das Paar fuhr selbstverständlich in einem Mercedes vor, einem alten 280er Pagode SL. Zwei Tage darauf ließ sich Rosberg daheim jubelnd im Deutschland-Trikot fotografieren, Joachim Löws Fußballer waren gerade Weltmeister geworden. Mitte der Woche erfuhr die Welt von seiner Vertragsverlängerung bei Mercedes. Und am Sonntag gewann Nico Rosberg den Großen Preis von Deutschland in Hockenheim. Wieder ein Schritt zum Weltmeister-Titel in der Formel 1. Alles in allem: eine Woche, für die andere ein ganzes Leben brauchen.

Viele Plätze bleiben leer

Nico Rosberg ist mit seinen 29 Jahren offensichtlich auf der Jagd. Nach dem WM-Titel, natürlich. Aber auch nach Anerkennung. In Hockenheim sind am Sonntag viele Plätze auf den Tribünen leer geblieben, der Motorsport steckt hierzulande im Kampf um die Anerkennung früherer Tage. Auf den Tribünen dominierte das Schwarz-Weiß der Fußballer, darunter mischte sich verdächtig viel Ferrari-Rot: Es ist die Verbeugung vor Michael Schumacher und die Erinnerung an den Höhepunkt der Formel-1-Begeisterung in Deutschland, die nie wieder so groß geworden ist – auch nicht nach den vier Weltmeister-Titeln von Sebastian Vettel. Und nun liegt es an Rosberg.

Vettel fährt ohne Chance hinter der Spitze her

Nico Rosberg souverän, Lewis Hamilton mitreißend. Und Sebastian Vettel? Der noch amtierende Formel-1-Weltmeister musste auch nach Platz vier im Großen Preis von Deutschland wieder einmal gute Miene zum bösen Spiel machen.

Der Weltmeister gab nach dem Rennen mit süß-saurem Gesicht seine Interviews, als einer seiner Vorgänger Vettels Probleme auf den Punkte brachte: „Er hat das beste Rennen geliefert, das er mit dem Auto fahren konnte”, sagte Niki Lauda, dreimaliger Weltmeister und heute Aufsichtsratsvorsitzender im Formel-1-Team von Mercedes, süffisant.

Denn wieder mal hatten die Silberpfeile die Red Bull deklassiert. Auch in Hockenheim fuhr Vettel ein gutes Rennen, landete vor Teamkollege Daniel Ricciardo. Aber hilft es? Vettel war nie in der Lage, den WM-Führenden und späteren Sieger Nico Rosberg zu attackieren und musste sogar noch Lewis Hamilton passieren lassen, der im anderen Silberpfeil von Rang 20 kam.

Mitverantwortlich war womöglich auch eine unklare Strategie von Red Bull mit drei Reifenwechseln und offenbar missverständlichen Ansagen: „Soll ich angreifen oder Benzin sparen?”, maulte Vettel nach zwei Dritteln des Rennens. Am Ende war es egal: „Mehr war nicht drin”, sagte Vettel mit Blick auf sein Auto. Wieder einmal... (Klaus Wille)

Keine einfache Aufgabe. Rosberg ist in Wiesbaden geboren, er fährt für Mercedes, aber er gilt nach einer Jugend, die ihn quer durch Europa an die Wohnorte Monte Carlo, Ibiza und Wiesbaden geführt hat, nicht unbedingt als der Mann, dem die Herzen der Massen zufliegen. In Hockenheim musste er am Sonntag auch noch mit dem Fluch des Tüchtigen fertig werden. Rosberg startete von der Pole Position aus und hatte damit nur noch alles zu verlieren. Als es hinter ihm eingangs der ersten Kurve krachte, hatte Kevin Magnussen im McLaren an Position vier liegend schon den an drei gestarteten Felipe Massa im Williams abgeräumt. Das Feld sortierte sich neu, Weltmeister Vettel profitierte von dem glimpflich verlaufenen Crash und rückte auf, sein Teamkollege Daniel Ricciardo fiel zurück. Rosberg aber war von da an auf und davon.

Die Aufholjagd von Lewis Hamilton

Die Szene blieb typisch für das Rennen: Im Feld spielten sich die packenden Zweikämpfe ab, vorne drehte Rosberg, gefolgt vom starken Finnen Valtteri Bottas im Williams, seine Runden. Das wirkte vollkommen souverän, aber eben auch ein bisschen unspektakulär, weil so früh auf der Hand lag, dass nur Probleme mit Technik oder Reifen bei der schwülen Witterung einen Sieg verhindern konnten. Am Ende aber jubelte Rosberg: Ein Deutscher gewinnt in einem Mercedes den Großen Preis von Deutschland – das klingt wie gemalt. „Ein ganz besonderer Tag, ich habe eure Emotionen bis ins Auto gespürt”, bedankte sich Nico Rosberg.

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Die großen Emotionen aber brachte sein Erzrivale Lewis Hamilton in ein Rennen, das der Brite auf einem überragenden Platz drei beendete, noch vor Sebastian Vettel und Fernando Alonso (Ferrari). Denn Hamilton, der nach einem bösen Unfall im Qualifying und einem umstrittenen Getriebewechsel nur von Platz 20 aus gestartet war, hatte sich regelrecht durchs Feld gepflügt: Rosberg fuhr, Hamilton riss mit.

Das war die bittere Pille für den Sieger: sein großer Rivale im eigenen Rennstall als der heimliche Gewinner, der sehr gut damit leben konnte, dass Rosberg seinen Vorsprung in der WM-Wertung nur von vier auf vierzehn Punkte ausbauen konnte. An einem Tag, der wie geschaffen schien für den Deutschen, bleibt also alles beim Alten: Wenn Nico Rosberg einer den Titel wegschnappen kann, dann ist es Lewis Hamilton.

Und wenn der Sieger von Hockenheim eins weiß, dann das: Es kann im Leben schnell gehen.