Barcelona. Bernie Ecclestone schritt durch die Startaufstellung. Ein angeregter Plausch mit Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche und Mercedes-Teamaufsichtsrat Nikki Lauda hier, Gruppenfotos und Fernseh-Interviews da. Mister Formel 1 war am Sonntag wieder in seinem Reich.

Am Abend vorher hatte er sich mit Promotern aus siebzehn Ländern getroffen, die Sorge um den Sound treibt immer noch viele um in der Formel 1. Dabei hat Ecclestone eigentlich ganz andere Sorgen, schon an diesem Dienstag steht der nächste Verhandlungstag im Schmiergeld-Prozess gegen den 83-Jährigen in München an.

Der Große Preis von Spanien ist das erste Rennen seit Beginn des Prozesses, in dem sich Ecclestone wegen des Vorwurfs der Bestechung in einem besonders schweren Fall verantworten muss. "Das ist im Moment eine sehr anstrengende Zeit für ihn", sagte sein guter Kumpel, Red-Bull-Teamchef Horner in einem Gespräch der Nachrichtenagentur dpa.

Nicht mal zwanzig Stunden nachdem Ecclestone den Gerichtssaal am Freitag in München leicht erschöpft verlassen hatte, war er auf dem Kurs in Katalonien. Auf dem grünen Kunstrasen vor seinem persönlichen Motorhome alles wie immer - Pole Position für den Briten, der seit fast 40 Jahren die Formel-1-Finanzen lenkt.

Und auch Ecclestone selbst, so nahm es Horner ebenfalls wahr, war wie immer. Nicht nur äußerlich mit dunkler Anzughose, weißem Hemd samt offiziellem Emblem der Formel 1 und seiner schon legendären Nickelbrille. Nicht minder typisch war auch, dass Ecclestone gleich wieder die Arbeit aufnahm. Ob mit Hockenheimring-Geschäftsführer Georg Seiler oder einer hochrangigen Delegation aus Russland für die Premiere im Oktober in Sotschi - Ecclestone war, ist und bleibt Ansprechpartner Nummer 1. "Bernie ist einer, der alles zusammenhält", betonte Horner - Prozess hin oder her.

Und so lassen sich auch vor dem fünften WM-Lauf alle herzlich gern mit Ecclestone sehen und ablichten. Ein Handshake mit Nico Hülkenbergs Manager Werner Heinz, eine herzliche Begrüßung von Ex-Pilot Rubens Barrichello oder ein paar warme Worte für den neuen Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci und immer wieder ein verschmitzter Blick. Typisch Ecclestone, auf dem sogenannten Grid diesmal allerdings nicht von seiner brasilianischen Gattin begleitet.

Negative Worte bekommt man im Fahrerlager praktisch nicht zu hören. Ecclestone, der Ende der 70er Jahre die TV- und Werberechte an der Motorsport-Königsklasse erworben hatte, habe "die Formel 1 aufgebaut und zu dem Business gemacht, das sie heute ist", lobte Horner und hofft, dass Ecclestone "noch eine längere Zeit" die Formel-1-Geschäfte führt.

Er sei angesichts der wirtschaftlichen Situation weltweit wichtiger denn je, befand der Red-Bulls-Teamchef. Würde Ecclestone aber in München verurteilt, wäre seine Zeit an der Spitze der Formel 1 beendet. Das hat Formel-1-Besitzer CVC bereits klargemacht.

Ecclestone soll dem damaligen Banker Gerhard Gribkowsky bei dem Verkauf der Formel-1-Anteile an das Investmentunternehmen CVC vor rund acht Jahren 44 Millionen Dollar als Schmiergeld bezahlt haben. Ecclestone gibt an, er habe sich erpresst gefühlt. Am Freitag hatte Gribkowsky als Zeuge in dem Prozess ausgesagt, über vermeintliche frühere Bestechungsversuche berichtet und damit den Druck auf Ecclestone erhöht.

An Details konnte sich der Hauptbelastungszeuge wiederum nicht erinnern. Vielleicht fallen sie ihm ja bis Dienstag ein, wenn Ecclestone die Formel-1-Welt wieder gegen den Gerichtssaal in München eintauschen muss.