Barcelona. Kimi Räikkönen wirkt in der modernen Formel 1 wie ein Fossil aus jener Zeit, als die Fahrer noch wilde Kerle waren und immer nur das eine wollten: Spaß haben. Trotzdem ist er auch nach seiner Rückkehr erfolgreich: In seinem vierten Rennen nach seinem Comeback in Bahrain wurde er Zweiter.
Tage wie diesen braucht Kimi Räikkönen überhaupt nicht. „15 Uhr, Pressekonferenz“, hatte ihm der Weltverband FIA in den Stundenplan für den Donnerstag vor dem Großen Preis von Spanien (Sonntag, 14 Uhr/RTL und im DerWesten-Ticker) diktiert. Räikkönen hasst das. Seine Einstellung zur Formel 1 hat er kürzlich so beschrieben: „Ich bin nur zum Fahren hier. Auf den anderen Bullshit kann ich verzichten.“ Ins Fahrerlager kommt er am liebsten als Letzter und geht als Erster. Lieber liegt er irgendwo am Pool. Wo er seine Ruhe hat. Wenn er mal früh antanzen muss wie gestern, dann hat das Wochenende für ihn schon schlecht angefangen.
Besser wird’s für den 32-jährigen Finnen erst, wenn er seinen Lotus um die Piste jagt. Das klappte zuletzt hervorragend: Platz zwei in Bahrain, dem vierten Rennen seit seinem Comeback. Zwei Jahre lang hatte sich Räikkönen eine Auszeit von der Formel 1 genommen und war Rallye-WM gefahren. Allerdings ohne großen Erfolg. Jetzt ist er wieder da. Und greift schon wieder nach Siegen.
Räikkönen wirkt wie ein Fossil
Die „Nebengeräusche“ der Formel 1 nimmt Kimi Räikkönen bestenfalls in Kauf. „Das Berühmtsein bedeutet mir gar nichts“, lautet ein anderer seiner Kernsätze. Im Grunde interessieren ihn nur die Rennen. Selbst Testfahrten überlässt er nach Möglichkeit seinem Lotus-Kollegen Roman Grosjean. Aus seinem Team ist zu hören, dass er auch Simulatoren für überflüssig hält.
Kimi Räikkönen wirkt in der modernen Formel 1 wie ein Fossil aus jener Zeit, als die Fahrer noch wilde Kerle waren und immer nur das eine wollten: Spaß haben! Seine Eskapaden brachten vor allem die Bosse seines Ex-Teams McLaren-Mercedes zur Verzweiflung. Mal fiel Räikkönen auf, wie er betrunken vom Oberdeck einer Yacht fiel, mal, wie er in einem Nachtklub die Hosen herunterließ, mal, wie er im Gorillakostüm die Umwelt erschreckte – und das als Repräsentant der schwäbischen Nobelmarke. Ende 2006 trennten sich die „Silbernen“ von Räikkönen und holten Doppel-Weltmeister Fernando Alonso. Den Mann, der damals als Garantie für WM-Triumphe galt. Aber das Duo Alonso/Lewis Hamilton beschäftigte sich in allererster Linie mit internen Querelen – und Weltmeister 2007 wurde Kimi Räikkönen im Ferrari. Zwei Jahre später war den „Roten“ der Abschied des „Icemans“ trotz weiter gültigen Vertrags einen zweistelligen Millionenbetrag wert. Mit 29 Jahren schien Räikkönen von der Formel 1 die Nase voll zu haben. Viel Geld fürs Nichtstun zu bekommen, fand er sicher cool.
„Einfach schauen, was passiert“
Die Rückkehr an die Spitze gelang ihm nun deutlich schneller als Michael Schumacher, dem anderen re-aktivierten Weltmeister. Nach wenigen Rennen ist Räikkönen wieder obenauf. Ganz der Alte ist er auch in anderer Hinsicht: Seine Antworten sind immer noch die kürzesten. Immerhin hat er seinen Standardsatz abgewandelt. „Lasst uns abwarten und schauen“, nuschelte er früher, wenn ihm jemand eine Prognose entlocken wollte. Die Frage, ob er am Sonntag gewinnen könne, beantwortete er gestern so: „Lasst uns schauen, was passiert.“